Haus der Versuchung
letzte Lektion des ersten Teils Ihres Seminars?«
»Ich denke schon. Oder hätte ich irgendetwas Spezielles anziehen sollen?«
»Nein«, sagte Simon. »Diesmal werden Sie nur zuschauen. Und passen Sie gut auf, denn wenn Sie nächstes Wochenende wiederkommen, werden Sie an der Sonntagmorgen-Lektion teilnehmen.«
»Aus Ihrem Mund klingt das wie eine Drohung.«
»Das sollte es nicht. Obwohl es natürlich nichts sein wird, das Sie gewohnt sind.«
»Ich glaube, dann möchte ich doch lieber nichts weiter darüber hören«, warf Natalie ein. »Wollen wir gehen?«
»Folgen Sie mir«, kam es knapp von Simon. Damit eilte er so rasch den Flur hinunter, dass Natalie ganz außer Atem war, als sie das Erdgeschoss erreichten.
»Wo gehen wir überhaupt hin?«, fragte sie.
»Wir nehmen den Lift.«
»Wohin?«
»Ins Untergeschoss.«
»Und was ist dort unten?«
»Das werden Sie schon sehen.«
Die schweren Türen des Aufzugs glitten auf. Natalie blieb stehen und war plötzlich ausgesprochen nervös. »Kommen Sie schon«, sagte Simon. »Sie hatten es doch so eilig, dort hinzukommen, schon vergessen?«
»Ist es im Untergeschoss dunkel?«
»Warum, fürchten Sie sich im Dunkeln?«
»Ein bisschen.«
»Keine Sorge, es gibt genug Licht, damit alle sehen können, was vor sich geht, sonst ergäbe die Übung ja keinen Sinn. Wo haben Sie bloß Ihren Mut gelassen?«
»Wie meinen Sie das?«
»Wie ich gehört habe, sind Sie in geschäftlichen Dingen auch recht mutig.«
»Woher wissen Sie das?«
Simon sah aus, als sei er wütend auf sich selbst. »Vergessen Sie es. Das war unpassend.«
»Das war es ganz sicher. Was hat mein Geschäft mit Ihnen zu tun?«
»Nichts. Wie ich schon sagte, vergessen Sie, dass ich etwas gesagt habe. Ich entschuldige mich dafür. So, fühlen Sie sich jetzt besser?«
Dem wäre so gewesen, wenn er geklungen hätte, als würde er es ernst meinen, aber Natalie spürte das Gegenteil. Und das bestätigte nur, was sie bereits die ganze Zeit über vermutet hatte: Seine Gefühle ihr gegenüber waren persönlicher, als er es sie merken lassen wollte. Aber zum Glück bewirkten seine Worte wenigstens, dass sie den Mut fand, in den Lift zu steigen. Sie war entschlossen, ihm zu beweisen, dass sie privat ebenso couragiert war wie im Geschäftsleben.
Der Lift rauschte so schnell abwärts, dass Natalie meinte, ihren Magen in ihrer Kehle zu spüren. Sie schnappte erschrocken nach Luft und umklammerte instinktiv Simons Arm. »Keine Sorge, bis jetzt ist er noch nie abgestürzt«, sagte er sanft.
Rasch zog Natalie ihre Hand wieder zurück. »Es hat mich nur überrascht, das ist alles.«
»Das wird Ihnen gleich noch einmal so gehen«, murmelte Simon. Er legte die Hand auf ihren unteren Rücken und schob sie aus dem Aufzug in einen schwach erleuchteten Flur mit unverputzten Mauern. Hier unten lagen keine dicken Teppiche – und es gab, soweit sie erkennen konnte, keine Fenster. Es war so kalt und düster, dass sie erschauerte und sich wünschte, sie hätte ein langärmeliges Shirt angezogen und kein ärmelloses Kleid. Von irgendwoher hörte sie seltsame Geräusche, Stöhnen und Schreien, aber sie hätte nicht sagen können, ob sie lustvoll oder gequält klangen. Instinktiv wich sie ein wenig zurück und stieß gegen Simon.
»Sie müssen nur zusehen«, erinnerte er sie.
»Und was ist mit nächstem Sonntag?«, flüsterte sie.
»Es zwingt Sie niemand, erneut herzukommen. Natürlich bekommen Sie Ihr Geld nicht erstattet, aber abgesehen davon hat es keinerlei schlimme Folgen für Sie. Möchten Sie jetzt weitergehen und sehen, was da passiert, oder nicht?«
Sie war hin- und hergerissen. Es fühlte sich so seltsam an, dass sie sich zwar fürchtete, zugleich aber auch von einer Welt angezogen wurde, die sie faszinieren würde. Einer Welt, die sie eigentlich abstoßen sollte, die sie jedoch mit Begeisterung kennenlernen würde. Simon, der so groß und düster neben ihr stand, wirkte wie ein gefallener Engel. Der Mann, der ihr eine Welt verbotener Freuden und bislang unbekannter Lüste zeigen würde.
»Das können nur Sie entscheiden.« Simons Stimme klang unerwartet sanft.
»Können Sie mir nicht befehlen, es anzusehen?«, schlug Natalie vor.
Simon schüttelte den Kopf. »Es muss Ihre Entscheidung sein. Das ist ein großer Schritt, Natalie. Niemand kann Ihnen den Entschluss abnehmen. Wir sind nicht hier, um Menschen zu zwingen, etwas gegen ihren Willen zu tun.«
»Aber ich bin doch hier, um Unterwerfung zu lernen. Wenn Sie
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