Haus des Blutes
Aufmerksamkeit, die er ihr widmete.
Und Dream fand es ganz wunderbar.
Die Erinnerung an die Wunden aus jüngster Vergangenheit war noch immer sehr frisch: ihre Desillusionierung aufgrund dessen, was Dan Bishop, der König der Blender, ihr angetan hatte. Die Ablehnung und Verachtung, die Chad ihr entgegenbrachte, der Mann, der nicht wusste – und nun auch niemals erfahren würde –, dass er die Liebe ihres Lebens war.
Es war ein wohltuendes Gefühl, zur Abwechslung das Objekt solch offenkundiger Begierde zu sein.
»Dankeschön«, sagte sie und errötete. »Und um Ihre Frage zu beantworten: Meine Eltern waren keine klassischen Hippies. Sie haben nur so eine Phase durchgemacht, als sie noch sehr jung waren – was eben zufällig mit dem Zeitpunkt meiner Geburt zusammenfiel. Meine Eltern waren damals 18 und 19. Es war meine Mutter, die den Namen auswählte. Später sagte sie mir, dass sie mich auf keinen Fall so genannt hätte, wenn sie gewusst hätte, dass es in den 70ern ein Song mit diesem Titel in die Hitparaden schafft. Wie dem auch sei, mich stört es nicht sonderlich. Der Name ist nicht so eine große Last, wie alle annehmen.«
King lachte. »Oh, das will ich doch hoffen. Ein Name wie dieser ist ein Geschenk. Sie sollten ihn mit Stolz tragen, wie eine Königin ihre Krone.«
Alicia lachte schallend. »Ja, komm, gib richtig damit an. Lass es raushängen.«
King schien ihren sarkastischen Unterton nicht zu bemerken. »Ganz genau. Sie sollten ihn als Herausstellungsmerkmal nutzen, um sich von der breiten Masse abzuheben. Sie sollten voller Arroganz durchs Leben schreiten und den gewöhnlichen Menschen, die niemals erfahren werden, wie es ist, besonders zu sein, lediglich ein müdes Lächeln schenken. Denn Sie sind etwas Besonderes, Dream.«
Dreams Lächeln verschwand von ihren Lippen. »Ja …«
Was King da sagte, stand in krassem Gegensatz zu allem, woran sie glaubte. Sie verabscheute arrogante Menschen. Und sie hasste es ebenso, wenn jemand sein übermächtiges Ego ungeniert zur Schau stellte. Auf King traf beides im Überfluss zu. Alles an ihm – seine Kleidung, sein Haus, seine Haltung – zeugte von einem Ausmaß an Reichtum und Erfolg, das beunruhigend war.
Außergewöhnlich attraktive Frauen, Frauen wie Dream selbst, wirkten auf Männer von Kings Kaliber wie Magnete. Zahlreiche Frauen ließen sich von Geld und materiellen Dingen verführen. Dream konnte ihnen das nicht zum Vorwurf machen. Es war nur menschlich, sich nach materieller Sicherheit zu sehnen. Aber ihre eigenen Erfahrungen mit erfolgreichen Männern hatten sie bislang stets kalt gelassen.
Auch wenn sie in finanziellen und geschäftlichen Dingen noch so clever und erfolgreich gewesen sein mochten, war, was Dream anging, in Bezug auf die Feinheiten des menschlichen Herzens keiner von ihnen versiert genug gewesen. Sie brauchte einen Mann, der sie aufgrund ihrer Persönlichkeit wertschätzte und nicht nur als Trophäe betrachtete, die er an seinem Arm herumführen konnte. Irgendwann war sie zu dem Schluss gelangt, dass sie den richtigen Mann, wer immer er auch sein mochte, höchstwahrscheinlich nicht unter den oberen Zehntausend finden würde.
Warum fühlte sie sich dann trotzdem so sehr zu King hingezogen?
Die Antwort darauf war offensichtlich, oder nicht?
Sie durchlebte momentan eine sehr aufwühlende Zeit. Tatsächlich hatte das Leben ihr einen harten Schlag versetzt. Wie einer Nutte, die völlig kaputt und blutend in der Gosse herumlag. Sie hatte so lange hart gekämpft, aber jetzt war sie bereit, aufzugeben. Sie war bereit zu sterben.
Das ungeheure Ausmaß dieser Tatsache traf sie zum allerersten Mal, seit sie Kings Haus betreten hatte, mit voller Wucht. Vielleicht lag es an ihrer düsteren Stimmung. Ein Mensch, der kurz davorstand, sich das Leben zu nehmen, sah keinen Grund, an einer Existenz voller Unsicherheit und Hemmungen festzuhalten. Dasselbe galt für Grundsätze, die er einst für wichtig erachtete. Ein Mann wie King, anmaßend und der exakte Gegenentwurf zu ihrem eigentlichen Idealbild, war unter diesen ganz besonderen Umständen womöglich genau der richtige Mann für sie.
King erhob sich, um sein Glas aufzufüllen, und kehrte dann wieder auf das Sofa zurück, das gegenüber von Dream stand. »Sie wirken aufgewühlt. Bedrückt Sie irgendetwas?«
Dream runzelte die Stirn.
Er kannte sie noch keine zehn Minuten und trotzdem horchte er sie bereits über derart intime Dinge aus. Es erschien ihr unangemessen, aber … ja,
Weitere Kostenlose Bücher