Haus des Glücks
Und weshalb kommen Sie zu mir? Ich bin sicher, dass Andrew und Meredith Ihre Fragen viel besser beantworten könnten. Sie sind immerhin seine Eltern.«
Die beiden Herren warfen einander einen Blick zu, Clarrisbrooke nickte kurz.
»Mr. und Mrs. Seymour haben es unglücklicherweise strikt abgelehnt, mit uns zu sprechen«, erklärte Strange. »Doch so verständlich ihre Gründe auch sein mögen, wir brauchen die Informationen. Deshalb wenden wir uns jetzt voll Vertrauen an Sie.«
»Und warum sind Sie der Ansicht, dass ich bereit bin, mit Ihnen zu reden?«
»Wegen Ihrer Tochter, Sir«, sagte Strange mit einem Lächeln, das Gotthard einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Er dachte an die Machenschaften organisierter Banden, von denen man oft in der Zeitung las. Und er fragte sich, ob Andrew und Meredith gute Gründe hatten, nicht mit den beiden Anwälten zu reden.
»Wir sollten Ihnen erst die Sachlage erläutern, Herr Doktor«, fuhr Strange fort. »John Seymour, Ihr Schwiegersohn, hat sich vor einigen Monaten Geld von unserem Klienten geliehen, um damit drei Schiffe auszurüsten, die Tee von Indien nach Hamburg bringen sollten. Ein Unternehmen, das in einem Fiasko endete und zu John Seymours Zahlungsunfähigkeit führte.«
»Davon habe ich gehört«, sagte Gotthard vorsichtig. Waren die beiden überhaupt Anwälte? Verstohlen musterte er die Visitenkarte: teures Büttenpapier, guter Druck. Die Karte war ebenso vornehm wie die äußere Erscheinung der Engländer. Aber Menschen konnten sich verstellen, und Papier war geduldig. »Die Schiffe sind im Sturm gesunken. Ich gebe zu, ich bin Arzt und kein Seemann. Dennoch bin ich der Ansicht, dass meinen Schwiegersohn an diesem Unglück keine Schuld trifft.«
»Ganz so einfach ist die Sache leider nicht, Herr Doktor. Denn John Seymour hatte den Plan, die Schiffe zu einem Zeitpunkt auf die Reise zu schicken, der von anderen Händlern wegen der überaus ungünstigen Wetterbedingungen vermieden wird. Nebenbei bemerkt war das auch der Grund, weshalb sein eigener Vater sich geweigert hatte, ihm die erforderliche Summe zur Verfügung zu stellen. Er hatte nicht die Absicht, ein derart riskantes Vorhaben zu unterstützen. Deshalb hat sich Seymour junior an unseren Klienten gewandt.«
»Auch davon habe ich gehört. Und ich habe auch gehört, dass
Ihr Klient
es abgelehnt hat, John bezüglich der Abzahlung seiner Schulden entgegenzukommen, sondern ihn stattdessen im Gefängnis sehen will.«
»Wir geben zu, dass er überaus ungehalten ist«, sagte Strange und machte ein bekümmertes Gesicht. »Doch es liegt weder an der Summe, die unser Klient, ganz im Vertrauen gesagt, ohne weiteres verschmerzen könnte, noch an dem Unglück, das letztlich das Risiko einer jeden Schiffsreise ausmacht. Es hat etwas mit Aufrichtigkeit und Lauterkeit unter Geschäftsleuten zu tun. Denn John Seymour hat ihn nicht in vollem Umfang über sein geplantes Unternehmen informiert. Und das erfordert – da werden Sie uns gewiss zustimmen – in besonderer Weise Vergeltung.« Er schüttelte sanft den Kopf. »Leider ist unser Klient recht aufbrausend, und nur auf gutes Zureden unsererseits hat er darauf verzichtet, John Seymour den Fehdehandschuh zuzuschicken.«
»Und was soll ich für Sie tun?«
»Sie könnten uns helfen und uns den derzeitigen Aufenthaltsort Ihres Schwiegersohns nennen.«
»Weshalb sollte ich das tun?«
»Ihre Tochter ist seine Ehefrau. Wo auch immer er sich aufhält, was ihm widerfährt, widerfährt auch ihr. Unser Klient, Herr Doktor, ist in England und dem gesamten Hoheitsgebiet Ihrer Majestät nicht gerade für seine Geduld bekannt. Außerdem ist er sehr einflussreich. Und er hat geschworen, John Seymour zu finden und zur Rechenschaft zu ziehen. Sie ahnen, was dies bedeuten kann.«
»Verstehe ich Sie richtig, dass Sie von mir verlangen, Ihnen mitzuteilen, wo meine Tochter und John sich befinden, damit Ihr Klient ihnen folgen, sich mit John duellieren und ihn töten kann?« Er schüttelte den Kopf. »Das können Sie kaum erwarten.«
»Nicht doch, Herr Doktor«, sagte Strange und lächelte. »Schließlich ist er kein Unmensch, und auch wir als seine Anwälte sind nicht ohne Einfluss auf ihn. Nein. Glücklicherweise konnten wir ihn davon überzeugen, auf diese blutige Form der Satisfaktion zu verzichten. Allerdings stellt er zwei Bedingungen: Erstens, John Seymour muss sich verpflichten, dem Teehandel für immer den Rücken zu kehren; und zweitens muss er geloben, nie wieder den
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