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Haus des Glücks

Haus des Glücks

Titel: Haus des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Winkler
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Boden des Vereinigten Königreichs oder seiner Kolonien zu betreten. Wir haben ein Schriftstück vorbereitet, das er nur zu unterzeichnen braucht, und diese ganze schmutzige Angelegenheit fände ein Ende, mit dem beide Seiten in Zukunft leben könnten.« Er holte ein Schreiben aus seiner Tasche und reichte es Gotthard über den Tisch hinweg. »Bitte sehen Sie selbst. Wir finden, dass es sich um einen fairen Vorschlag handelt.«
    Er überflog den Text und fand alles so, wie Strange es ihm geschildert hatte. Aber um herausfinden zu können, ob dieser seltsame »Vertrag« einen Bocksfuß enthielt, hätte er selbst einen Rechtsanwalt hinzuziehen müssen. Oder sollte er den beiden Herren vertrauen?
    Die Anwälte warfen einander einen Blick zu, und Clarrisbrooke nickte. »Herr Doktor Bülau, wir haben Verständnis, dass Sie das Schriftstück erst prüfen möchten. Was halten Sie davon, wenn wir es Ihnen überlassen, so dass Sie es einem Rechtsbeistand Ihres Vertrauens vorlegen können? Unser Schiff legt erst Samstagfrüh ab. Das würde Ihnen die nötige Zeit verschaffen, in Ruhe eine Entscheidung zu treffen.«
    Gotthard dachte kurz nach. Dieses Angebot machte einen seriösen und ehrenhaften Eindruck. »Also gut. Sie lassen den Vertrag hier, und ich denke darüber nach.«
    Die beiden Anwälte lächelten. Sie wirkten geradezu erleichtert, und er hatte das Gefühl, dass sie selbst diese Angelegenheit von Anfang an auf einem gütlichen Weg geregelt hätten, dass ihnen jedoch durch ihren Klienten die Hände in gewisser Weise gebunden waren.
    »Wenn Sie uns Ihre Entscheidung mitteilen möchten oder Fragen haben, erreichen Sie uns im Hotel
Vier Jahreszeiten.
Ist Ihnen das Haus bekannt?«
    Gotthard nickte.
    »Wir wollen Ihre kostbare Zeit nicht länger beanspruchen.« Die beiden Engländer erhoben sich. »Wir wünschen noch einen schönen Tag, Herr Doktor Bülau.«
    Während die Anwälte zur Tür gingen, starrte er unverwandt auf das Schriftstück auf seinem Schreibtisch. Vielleicht schaffte ein wenig Vertrauen die Basis, diese vertrackte Angelegenheit schnell aus der Welt zu schaffen.
    »Warten Sie«, sagte er schließlich, als sie die Tür fast erreicht hatten.
    Strange und Clarrisbrooke blieben stehen und sahen ihn aufmerksam an. »Ich habe es mir überlegt.«
    »Herr Doktor?«
    »Sie möchten wissen, wo sich John und Victoria zurzeit aufhalten?«
    Die beiden nickten gleichzeitig.
    Gotthard öffnete die unterste Schreibtischschublade und holte die Landkarte heraus, die er seit zwei Wochen dort aufbewahrte. Er rollte sie auf dem Tisch aus und winkte die Engländer zu sich. Dann zeigte er auf einen Punkt vor der Sinai-Halbinsel, mitten im Indischen Ozean. »Dort sind sie jetzt gerade.«
    Die Anwälte beugten sich über seine Schulter.
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte Strange.
    »Mein Schwiegersohn und meine Tochter haben Deutschland verlassen. Sie sind auf dem Weg in die Südsee, genauer gesagt nach Samoa. Sie wollen sich dort ein neues Leben aufbauen und haben nicht vor, nach Europa zurückzukehren.«
    »Und der Teehandel?«
    »Ich bin kein Fachmann. Aber soviel ich weiß, wachsen dort unten hauptsächlich Kokospalmen«, sagte Gotthard.
    Die beiden Anwälte sahen sich an. »Wenn das stimmt, Herr Doktor, wird unser Klient mit Sicherheit auf seine Forderungen und somit auch auf den Vertrag verzichten«, sagte Strange, und Clarrisbrooke nickte beifällig. »Wir werden ihm sogleich telegraphieren und Sie über die Antwort unterrichten. Vielen Dank für Ihre Hilfe.«
    Er verabschiedete die Anwälte und kehrte zum Schreibtisch zurück. Mit dem Finger zeichnete er den Weg nach, den das Schiff mit John und Victoria an Bord ungefähr nehmen musste. Er hoffte, dass er die richtige Entscheidung getroffen und die beiden nicht in eine Falle gelockt hatte. Wie es ihnen jetzt ergehen mochte?
     
    An Bord der »Blue Horizon«, Indischer Ozean, 30 . August 1891
     
    Ich wußte, daß mir der Abschied von Vater, Mutter, Johanna und Paul und allen, die ich kenne, schwerfallen würde. Aber daß mir auch Hamburg fehlt, habe ich nicht geahnt. Dabei ist es doch nur eine Stadt, eine willkürliche Ansammlung von Steinen, Straßen, Häusern und Menschen!
    Während der Fahrt durch das Mittelmeer habe ich kaum an Abschiedsschmerz und Heimweh gedacht. Die fremdartigen Gerüche und Klänge Ägyptens, wo wir auf die » Blue Horizon« , eine unter britischer Flagge segelnde Bark umgestiegen sind, waren aufregend und interessant. Ich habe aus der Ferne die

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