Hausbock
stichfest.«
»Bis ein krimineller Postbote das Geld zweimal hintereinander
geklaut hat. Wussten Sie das?«, fragte Morgenstern.
Raphaela Ledermann wurde blass. »Nein.«
»Die letzten zwei Monate kam kein Geld. Ihr Vater wertete das als
Zeichen, dass Pfunder nicht mehr mitmachte. Wir haben bei Lothar Pfunder einen
Drohbrief Ihres Vaters gefunden.«
»Und Pfunder hat sich gewehrt wie eine Ratte, die in die Ecke
getrieben wird«, sagte Raphaela. »Ich wusste vom ersten Augenblick an, dass er
es gewesen sein musste.«
Aurelius, der Anwalt, mischte sich alarmiert ein. »Raphaela, du
musst das nicht erzählen«, sagte er warnend.
»Ich sage, was ich will«, zischte sie zurück.
»Warum wussten Sie, dass es Pfunder war?«, bohrte Hecht nach.
»Das war die totale Zerstörung. Er hat erst meinen Vater umgebracht
und dann alles in die Luft gejagt. Mit voller Absicht. Alles, was meinem Vater
heilig war. Haus und Hof. Und natürlich auch das Tonband.«
»Und Sie haben Ihren Vater gestern Abend gerächt«, sagte Morgenstern.
»Raphaela, sag jetzt bitte nichts mehr. Du bringst dich in Teufels
Küche.« Aurelius wirkte ernsthaft besorgt. Aber seine Schwester schien ihn nicht
zu hören, nicht hören zu wollen.
Langsam und deutlich sagte sie: »Auge um Auge, Zahn um Zahn.«
Für Morgenstern klang sie nun ganz so, wie er sich den »Richter
Gnadenlos« vorstellte.
Ihr Bruder lehnte sich fassungslos in seinem Stuhl zurück, während
Raphaela fortfuhr. »Ich habe erfahren, dass Pfunder gestern in Eichstätt
übernachten wollte. Also habe ich ihn angerufen und mit ihm ein Treffen
vereinbart. Konspirativ, spätabends. Ich machte Andeutungen, dass ich eine
Kopie des Bands hätte und sie dabeihaben würde. Zu meiner Überraschung glaubte
er mir sofort. Ich weiß nicht, wie, aber er wusste anscheinend schon, dass sich
mein Vater das Geld mit mir geteilt hatte.«
Morgenstern und Hecht hätten es ihr sagen können. Sie hatten sich
arglos verplappert, als sie Pfunder von den tausend Euro erzählt hatten.
Aurelius Ledermann nahm noch einen Anlauf. »Sie ist nicht bei
Sinnen«, sagte er mit Blick auf Morgenstern. »Sie müssen die Vernehmung
unterbrechen. Ich muss mit ihr reden.«
»Nein, lass mich«, sagte Raphaela scharf. »Das ist ganz allein meine
Sache.« Aurelius hielt mit einem verzweifelten Lachen die Hände hoch.
Raphaela sprach weiter. »Pfunder dachte wohl, dass er mit mir
leichtes Spiel hat.« Sie lachte bitter auf. »Er hat mich unterschätzt. Das tun
viele. Wussten Sie, dass die DJK Eichstätt
berühmt ist für ihre Judo-Abteilung? Da war ich schon als kleines Mädchen.«
»Wir haben die Steinplatte gefunden«, sagte Morgenstern. »Die
Legschieferplatte mit dem Blut.«
»Die hat gereicht, um ihn zum Schweigen zu bringen. Den Rest hat das
Gas erledigt. Andis Gas gegen den Hausbock. Ein passender Tod, finde ich, für
eine Kakerlake.«
Morgenstern stand auf. Er hustete noch einmal und klopfte sich auf
die Brust, damit sich der Schleim in seiner Lunge löste.
»Schafft sie mir aus den Augen«, sagte er.
Wenig später ließen sie Lothar Pfunders BMW zur genauen Untersuchung auf das Gelände der Eichstätter Bereitschaftspolizei abschleppen.
Der Wagen war auf dem Parkplatz einer Eichstätter Pension geparkt gewesen, den
Schlüssel hatten sie in der Jacke des Denkmalpflegers gefunden.
Der Experte der Spurensicherung musste nicht lange suchen: Im
Kofferraum des Autos fand sich, sorgfältig zusammengeklappt und in eine
Schutzhülle aus olivgrünem Hartplastik gesteckt, ein blutverschmierter
Metallspaten, wie ihn die Bundeswehr an ihre Infanteristen ausgibt, ein
Bestseller aller MilitariaLäden. Im Handschuhfach lag in einem Sammelsurium
aus alten Benzinrechnungen und sonstigen Zetteln der Kaufbeleg eines Münchner
Handelsunternehmens für drei Propangasflaschen. Unter dem Fahrersitz fand sich
eine Aktenmappe mit verschiedensten Bauunterlagen und Zeitungsausschnitten.
Erst bei näherer Untersuchung fiel Hecht und Morgenstern auf, dass Lothar
Pfunder die Berichte über Kevin Hofmeiers Brandserie penibel gesammelt hatte.
Er hatte gehofft, den Mühlenbrand als dramatischen Höhepunkt dieser Serie und
Rupert Ledermanns Tod als tragischen Unfall inszenieren zu können. Stattdessen
war es dem tödlich verletzten Ledermann noch gelungen, sich aus dem Haus zu
schleppen.
»Dieser Ledermann war ein zäher Mann«, sagte Morgenstern zu Hecht.
Hechts Telefon läutete. Er ging ran, hörte kurz zu und legte nach
einem knappen
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