Hausbock
fragte
Morgenstern, und bei der Erinnerung daran stieg leichter Schwindel in ihm hoch.
»Ich habe alles sorgfältig gesichert«, sagte Bachmeier. »Und die Schlüssel
fürs Friedhofstor und für die Kapelle habe ich immer dabei.« Er sah besorgt in
die Runde. »Jetzt sagen Sie schon, was da passiert ist! Hat es einen Unfall
gegeben?«
»Sie haben die Schlüssel immer dabei?«, hakte Morgenstern nach. »Wo
sind sie jetzt?«
»Okay, ich hab sie fast immer dabei. Sie sind im Motorradkoffer.
Aber jetzt bin ich mit dem Auto da. Mit meiner Maschine ist heute die Raphaela
losgefahren. Ich habe sie ihr geliehen. Ihr alter Golf ist nicht angesprungen.«
Die Worte klangen eine Weile nach. Alle schwiegen. Ganz offenbar
dämmerte Bachmeier allmählich, dass in der Kapelle etwas Schreckliches
geschehen sein musste und dass Raphaela damit zu tun hatte. Er wurde blasser.
Hecht setzte nach: »Wusste Frau Ledermann von Ihrer Baustelle in
Eichstätt?«
Bachmeier nickte. »Das wissen alle in der WG . Das ist kein Geheimnis. Die Ergebnisse fließen auch
in meine Doktorarbeit ein.«
»Und wusste sie von den Schlüsseln?«
Wieder nickte Bachmeier.
»Was ist passiert?«, fragte er nun fast bettelnd. »Sagen Sie es mir
einfach. Hat sich Raphaela etwas angetan? In meiner Kapelle?«
Morgenstern war sich nun definitiv sicher, dass Bachmeier nicht in
die Pläne der jungen Frau eingeweiht worden war. »Nein. Sich selbst hat sie
nichts angetan. Wenn man davon absieht, dass sie ihre Zukunft zerstört hat. Sie
hat einen Mann in die Kapelle gelockt und dort eingeschlossen. Wir wissen noch
nicht, ob er überlebt.«
Morgenstern ordnete an, dass Bachmeier die Nacht in der Arrestzelle
der Polizei verbringen sollte, und ließ sich anschließend nach Hause fahren.
Fiona schlief friedlich. Sein Fehlen hatte sie gar nicht bemerkt. Er weckte
sie.
»Herzlichen Glückwunsch! Du hast gerade fünfhundert Euro gewonnen!«
»Wie bitte?«, fragte Fiona schlaftrunken.
»Erzähle ich dir morgen. Dein Denkmalschutztermin mit Herrn Pfunder
ist abgesagt.«
ZWÖLF
Am nächsten Vormittag fehlte von Raphaela Ledermann immer noch jede
Spur. Morgenstern und Hecht hatten ihr »Lager« in der Polizeiinspektion
Eichstätt aufgeschlagen, um direkt vor Ort zu sein. Manfred Huber hatte ihnen
dort den Besprechungsraum zugewiesen. Die Fahndung nach dem Motorrad hatte
bisher keine Hinweise gebracht. Aurelius Ledermann, Bruder und Anwalt, bei dem
Morgenstern gegen zehn Uhr anrief, hatte ebenfalls nichts von ihr gehört.
»Wir können nur warten«, sagte Morgenstern zu Hecht.
»Hast du die Handynummer schon überprüft? Vielleicht können wir sie
orten lassen?«, schlug Hecht vor.
»Schon geschehen. Das Handy ist in Raitenbuch. Sie hat es liegen
lassen. Ein Typ von der WG ging ran.«
In der Inspektion ging der Dienstalltag derweil seinen geregelten,
gemächlichen Gang. Ein Streifenfahrzeug patrouillierte altmühlabwärts durch die
Dörfer bis nach Kipfenberg, wo die Zuständigkeit der Eichstätter Polizei an die
Beilngrieser Inspektion überging. Manfred Huber saß am Bildschirm und tippte
den Pressebericht des vergangenen Tages, in dem es um ein gestohlenes
unversperrtes Fahrrad ging sowie um eine Unfallflucht, bei der ein Autospiegel
zu Bruch gegangen war. Keine Rede war vom nächtlichen Drama am Pestfriedhof –
für diesen Fall war das Polizeipräsidium zuständig. Kriminaldirektor Adam
Schneidt wollte aber wegen des laufenden Verfahrens zunächst noch keine
detaillierten Informationen herausgeben.
Ein Telefon läutete am Einsatzpult. Kein Notruf, sondern die allgemeine
Nummer der Eichstätter Polizei. Morgenstern und Hecht lauschten durch die
geöffneten Türen.
»Schon wieder das Seifensiederhäusl!«, hörten sie einen Beamten
sagen. »Das gibt’s doch nicht.« – »Ja, das letzte Mal waren es diese
beiden Kinder, aber die sind jetzt bestimmt in der Schule.« – »Ja, wir
schicken jemanden vorbei. Wiederhören.«
Morgenstern trat auf den Flur. »Welche beiden Kinder?«, fragte er
und ahnte die Antwort.
Der Beamte grinste ihn an. »Deine natürlich. Das weiß inzwischen die
ganze Inspektion. Stell dir vor: Es treibt sich schon wieder wer in dieser
Bruchbude an der Rebdorfer Straße rum. Eine Anwohnerin hat angerufen, dass sie
Geräusche gehört hat. Die haben da anscheinend eine gut funktionierende
Neighbourhood-Watch aufgebaut.«
»Hä?«, fragte Hecht.
»Ein Nachbarschaftskontrollnetz. Big Brother is
watching you. «
Hecht und Morgenstern sahen
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