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Hausers Zimmer - Roman

Hausers Zimmer - Roman

Titel: Hausers Zimmer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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Fahrrädern und alte Technik kannste nich richtich wat vadienen! Drum musste ick nochma’ in mich jehen. Bin so durch Balin jefahrn, und dann hab ick jemerkt, dit Einzige, wat du in diesa Stadt richtich machen kannst, is Matratzen vakoofen, als Psyschologe abeeten oder wat mit Kuns t … Und dann war ick uff ’ner Vernissage vom Kanz in Schöneberch, hab ihm jeholf’n, die dicken Dinger uffzustell’n, weeßte, und jedacht, ick will mich ooch ma’ selbst vawirklichen. Hab anjefangen, Kunst zu machen. Nur so nachts für mich, weeßte. Aba dann hab ick ’ne Frau kennenjelernt, die beim Kanz Model jesess’n ha t …«
    »Als Modell, meinst du.«
    »Wie? Also beem Kanz jemodelt ha t …« Der Hauser redete weiter. »Also, die is Jaleristin und will imma, dass der Kanz sie ma’ malt. Machta aba nich. Nich ma’ Brüste malta, machta nich, er lässt sich nich sag’n, wata mach’n soll. Icke schon, ick jeh uff die Frauen ein, weeßt e … Dann hab ick mal so’n büschen anjefangen und ihr dann ma’ meene Bilda jezeigt, und ick konnt es kaum glooben, sie meente, dit it voll Balin-irjendwat, authentisch-irjendwat, und übahaupt janz schräg. Und icke’n juta Typ dazu, ooch janz Balin-irjendwat. Ich hab jedacht, lasse ma’ quatsche n … Aba jetzt hat die mich in ihre Off-Jalerie drinne und hat schon zwee Bilda nach New York vakooft, an ausjewanderte Deutsche, die sich die Oogen ausheulten, als ick mit denen jesprochen hab. Die ham lange niemanden mehr balinan jehört und sind damals jeflohen vor de Nazis, na, die ham voll viel bezahlt für meene Bilda. Aba ick bleeb uff’n Teppich, weeßte, nachha is dit nur so ’ne Jlückssträhne, und wenn Balin mal so wat is wie Düsseldorf oder halt ne andere normale Stadt un nich mehr wat Besonderet, dann, weeß nich, weeß nich, also ick vakoof weiter so Zeugs, allet mit Rädan unt’n dranne, Fahrräda, Mopeds, jroße Maschinen und s o … Manchma’ auch ohne Räder, aber mit zwee Ohr’n drann e …«
    Ich musste ein ziemlich verblüfftes Gesicht gemacht haben.
    »Na, ick meene Boxe n … un nachts bin ick halt jetzt ooch so’n Varrückt a … dit is echt ’ne schöne Abee t … deshalb isset doch jut, dat ick von Buckow nach Wilmasdorf jezog’n bi n …!«
    Bei allen Neuigkeiten überraschte mich im Moment die am meisten, dass Berlin irgendwann mal anders sein könnte. Ich konnte es mir nicht vorstellen. »Glaubst du denn echt, dass Berlin mal Restdeutschland wird?«
    »Wat? Wie? Restdeutschland? Welcha Politika sagt’n ditte? Ham se deshalb den Eenen jetzte abjewählt? Restdeutschland? Ditte hier is doch de Rest, oda? Keene Ahnung. Vielleicht ja ooch russüsch oder amerikanüsch. Oder’n janz eijenet kleenet Land, Spreeland oda so. Wenn die Amerikana und die Russen sich nich einijen können. Aba dit mit die dumme Zaun drumrum, dit wird doch nich in alle Ewichkeiten so bleeben, nee, nee, dit gloob ick nich.«
    Das Telefon klingelte wieder. Der Hauser nahm ab. »Morjen? Na klar. Na fast fatig. Ick mal’ heute Nacht noch wat. Ja, Süße, Funkturm, ICC , Maua andeute n … Mal schau’n, mal schau’n, kieken wa mal.«
    Er machte eine Winke-winke-Geste zu mir. »Man sieht sich.«
    Der Hauser schenkte mir keine Beachtung mehr, er notierte sich mit unters Ohr geklemmtem Telefonhörer etwas auf seinem breiten Handrücken. Ich trat in den Flur.
    Ich wollte schon die Türklinke herunterdrücken und ins Treppenhaus gehen, da fiel mein Blick auf den Lichtstrahl, der aus dem Nachbarzimmer drang. In dem kleinen Raum lagen überall Bierflaschen und alte Zeitungen herum. Auf dem Boden standen an die Wände gelehnt großformatige Leinwände mit Kritzeleien, die an Gekrakel an Schultafeln oder Brandmauer n – oder auf öffentliche Toilette n – erinnerten. »Bärlin« und »Ich bin ein Berliner« waren auch ein paar Mal irgendwo hingekliert. Auf den Zeitungen lagen mit Farbe beschmierte Kartoffeln herum. Als ich nähertrat, sah ich, dass es sich dabei um Kartoffelstempel handelte. Der Hauser hatte Anarchie-, Hanf- und Friedenszeichen, wie mir schien, wahllos auf die Bilder gedruckt. Dann sah ich auch noch richtige Stempe l – einen mit Nilpferdmotiv, einen mit Bärenmotiv.
    Plötzlich hatte ich es sehr eilig, ich lief ins Treppenhaus, über den Hof, bahnte mir meinen Weg auf der Grenze zwischen Kanzschem und Olkschem Imperium, endlich war ich bei uns im Vorderhaus.
    Zwei Minuten später tat Wiebke mir Reis, Hackfleisch, Kürbis und Lauch aus dem Römertopf auf und

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