Haushaltsschnecken leben länger
merkwürdige
Stoffmuster, die mich an die »Schlafröcke« meiner Oma
erinnern, zu akzeptieren und meine Tochter mit ihrer 36er-Figur in einem Jackett Herrengröße 58 allerliebst zu finden.
Aber eine modisch sehr bewußte Dame brachte mich unlängst doch zum Staunen. Als ich sie nämlich am Montag traf, war sie ganz unglücklich. »Schau dir das an«, klagte sie und zeigte mir ihre Kehrseite und wies auf etliche Knitterfalten in Rock und Jacke hin. »So teuer war das! Und jetzt komm' ich daher wie eine Ziehharmonika!«
Am Dienstag jedoch sah ich die Dame wieder. Sie hatte ein anderes Kostüm an, und das war noch viel verknitterter als das
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gestrige, aber die Dame war darob nicht gram, sondern zeigte mir das Ensemble voll Stolz. »Ist doch toll, oder?«
»Es knittert auch ziemlich«, antwortete ich.
»Das ist ja irisches Leinen«, sprach die Dame. »Das muß ja knittern. Irisches Leinen knittert edel!«
Voll Stolz blickte sie auf ihr edles Geknitter, das jedem Sandleranzug Ehre gemacht hätte, mich aber in einen modischen Zwiespalt brachte!
Ich besitze nämlich auch so einen Knitterfrack, aber der ist aus echtem Waldviertler Leinen! Handgewebt! Darf der nun knittern oder darf er nicht? Kann ich stolz auf ihn sein oder muß ich mich über ihn ärgern? Wahrscheinlich erfahre ich das erst, wenn sich ein Modeschöpfer des Waldviertler Leinens erbarmt.
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Glatt und verkehrt
Stricken ist momentan »in«. Es stricken nicht nur, wie in alten Zeiten, Omis und Muttis und Tanten, heutzutage stricken auch ganz andere Bevölkerungskreise.
Schüler höherer Schulen zum Beispiel; und dies nicht während des Handarbeitsunterrichts, wo diese Tätigkeit kommentarlos anerkannt werden könnte, sondern in Geschichts-, Deutsch-, Französischstunden und allen anderen Stunden, in denen keine intolerante Lehrkraft dem Nadelgeklapper Einhalt gebietet.
Die Lehrer, auch die ganz toleranten, scheinen davon - soweit ich es beobachten konnte - etwas irritiert.
»Es macht mich nervös, auf strickende Schüler einzureden«, sagte mir ein junger Geschichtslehrer. »Man weiß nie so recht, ob sie einem wirklich zuhören!« Eine AHS-Lehrerin allerdings erklärte mir ihr emsiges Schulstricken plausibel: »Es ist schön, wenn man beim Läuten merkt, daß etwas weitergegangen ist, daß man gut fünf Zentimeter gestrickt hat. Da sieht man wenigstens den Erfolg!«
In letzter Zeit sah ich aber, via TV, an noch viel
erstaunlicherem Orte als der Schule strickende Personen. Ich sah, liebevoll von Kameramännern eingefangen, Delegierte beim BRD-Parteitag der »Grünen« stricken. Männer und Frauen strickten dort, wie es sich für Alternative ziemt, mit Holznadeln und naturgrobem Schafsfaden.
Die zwei Personen, die mit mir gemeinsam die
Parteitagsstricker bestaunten, waren geteilter Meinung. Die eine sagte, sie fände das prächtig und locker, und da sähe man gleich, daß diese Menschen nichts Böses im Sinn haben, denn wer strickt, ist durch und durch friedlich!
Die andere Person jedoch sagte, nie im Leben würde sie ihre Stimme Leuten geben, die ihre Aufmerksamkeit zwischen einem Podiumsredner und einem Wollsocken teilen! Von einem
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Politiker erwarte sie ungeteiltes Interesse, gerichtet auf das politische Anliegen!
Ich glaube, beide Meinungen sind falsch! Als fanatische Strickerin muß ich sagen: Es kommt darauf an, was man strickt!
Ein Schal, glatt rechts gewerkt, hindert weder am Fassen fortschrittlicher Gedanken noch an der Aufnahme wichtigen Lehrstoffes. Aber strickt sich einer durch: »1 r., 1. l., 1 U., 2
zurs., 3 r., 1 U....« und lautet die Anweisung dazu noch : »1. bis 17.Reihe fortl. wiederh.«, dann ist Vorsicht geboten! Für Lehrer wie für Wähler!
Wer derartiges nadelt, in dessen Kopf ist kein Raum mehr für einen anderen Gedanken; auch nicht für den allerkleinsten.
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Freizeitvergnügen ?
Weil die meisten Leute, um ihren Lebensunterhalt zu
erwerben, viele Stunden des Tages mit harter Arbeit zubringen müssen, entgehen ihnen viele Freizeitvergnügen; das war mir schon immer bekannt.
Daß man aber auch wegen seiner Freizeitvergnügen seine ehrliche Arbeit vernachlässigen muß, obwohl man sie gern tun würde, weiß ich erst, seit ich einen sogenannten »Nutzgarten«
mein eigen nenne.
Aus schierem Jux und reiner Tollerei
- also als
Freizeitvergnügen - habe ich dort zwölf mal vier nette, weiße Bohnen in die Erde versenkt. Knapp nach den Eismännern war das, und recht hurtig ist das gegangen.
Und
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