Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Haushaltsschnecken leben länger

Haushaltsschnecken leben länger

Titel: Haushaltsschnecken leben länger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Nöstlinger
Vom Netzwerk:
mein freizeitliches Behagen war recht groß, als die Bohnen austrieben. Und mit freizeitlichem Stolz habe ich Stecken in die Erde geschlagen, auf daß sich die Dinger hochranken mögen.
    Und als freizeitliches Vergnügen sah ich es auch noch an, die blühenden, mannshohen Stauden mit reichlich Gießwasser zu versorgen.
    Aber jetzt sind die Fisolen reif! Alle paar Stunden wird ein Körberl voll reif! Und im Beet neben den Fisolen reifen mir die schönen, dunkelgrünen Zucchini im Zeitraffertempo!
    Surfbretter, Tennisschläger, Briefmarkenalben und sonstige Freizeitzutaten kann man, wenn man keine Zeit für sie hat, ohne Schaden in einem Winkel verstauben lassen. Fisolen und Erdbeeren und Erbsen und Kohl fordern ihre Rechte; auch wenn sie bloß freizeitlich gepflanzt worden sind.
    Ein Unmensch wäre der, der das - dazu noch biologisch reine -
    Grünzeug im Beet verdorren oder verfaulen ließe, weil er
    »arbeiten« muß.
    -79-

    Also ernte und putze ich, hacke, faschiere und koche ich, und da sich kein Mensch nur von Fisolen und Zucchini nähren will, und weil jeder Mensch nach der siebenten Erdbeernachspeise leidet, friere ich auch ein und entsafte und geliere und beschaffe mir Sand, um darin irgendwelche Rüben über den Winter zu lagern.
    Befreundete Leute frage ich natürlich auch, ob sie nicht bei mir ernten wollen. Doch die befreundeten Leute schuften entweder selbst schwer an ihren Fisolen und anderem Grünze ug oder sie teilen mir diskret mit, daß sie meine edle Gartengabe lieber im Zustand von Marmelade oder als tiefgefrorenes Fertiggericht haben möchten.
    Ehrlich! Nie ist meine Sehnsucht nach harter Berufsarbeit größer als in Erntetagen!
    -80-
    Wenn eine Kredenz die Farbe wechselt
    Manchmal wird man vom bösen Schwein geritten. Wider die glasklare Vernunft tut man etwas, wofür man sich hinterher verflucht. An meiner Kredenz wurde mir das zur Gewißheit.
    Vor Jahren habe ich sie beim Tandler für fünfzig Schilling erstanden. Sie war allerliebst altmodisch und allerscheußlichst hundsbraun. Also nahm ich roten Lack und färbte sie. Dann las ich, daß allzuviel Rot aggressiv macht. Da meine Aggressionen, wenn ich damals in der Küche werkte, keine geringen waren, nahm ich hoffnungsfroh blaue Farbe und strich damit das liebe Kredenzerl.
    Dann verging etliche Zeit, in der mir klar wurde, daß die sanfte, blaue Kredenz mit den grünen Sesseln nicht harmonierte.
    Eine dicke Schicht Irisch-Moos matt brachte die Kredenz in Einklang mit den Sesseln.
    Vor ein paar Wochen nun sah ich in einem noblen
    Stadtgeschäft eine Kredenz, meiner aufs Haar gleich, bloß ganz ohne Lack, edel natur, und zu einem Preis, der mir das Blut in den Adern stocken ließ. Da fing mich das böse Schwein zu reiten an! Und gab keinen Frieden, bis ich zwei Dosen
    Abbeizmittel kaufte.
    Nach den ersten zwei Abbeizvorgängen war die Kredenz
    wieder blau, nach dem vierten Abschaben war sie rot, und nach dem siebenten Kratzen war sie in dem Zustand, in dem ich sie erstanden hatte. Aber dies war nicht ihr Urzustand. Vor mir hatte sie auch einem üppigen Streicher gehört, nur war der auf alle Töne des Erdigen versessen gewesen.
    Die Mengen von braunem Gatsch, die ich nun im Laufe vieler Tage und Nächte mit Hilfe von Spachteln, Messern,
    Glasscherben und Rasierklingen von der Kredenz schabte, sind auch annähernd nicht zu schildern. Und was ich hinterher mit
    -81-
    Sandpapier aller Körnungen, Lauge und Bimsstein vollbrachte, soll unerwähnt bleiben.
    Nun hocke ich mit roten, brennenden Augen da. Und meine Hände schauen aus, als hätte ich Handschuhe aus
    Eidechsenleder an. Anscheinend bin ich gegen Abbeizmittel oder Sandpapier oder Lackstaub allergisch. Doch die Kredenz ist jetzt echt antik-natur, und ich könnte mich herrlich an ihr ergötzen, wenn da nicht das untere, linke Türl wäre!
    Das hat, wie bei alten Türln üblich, eine Füllung. Aber die ist leider nicht alt, die ist aus Faserplatte-Marmordekor. Nur, wer kann schon unter acht Lagen Lack solche Gemeinheiten
    erahnen?
    PS: Und jetzt greint auch noch einer aus dem Badezimmer!
    Wer den schönen Bimsstein so versaut hat, will der wissen. Als Hausfrau hat man wirklich keinen Dank!
    -82-
    Was man alles tun könnte, wenn ...
    »Ein Mensch mit begabten Händen und etwas Phantasie im Kopf kann aus den kleinsten Resterln und Abfällen wahre Kunstwerke herstellen!« sagt meine Tante Käthe immer, und da sämtliche Frauenzeitschriften, die ich durchblättere, in Wort und Bild ebenfalls dieser

Weitere Kostenlose Bücher