Hausmaestro - Kriminalroman
abgewandert, wo das eine Rolle spielt? Was mich viel mehr interessieren würde – wer war denn die Journalistin aus der ersten Reihe, die neben dem Pfeifer gesessen ist?«
»Das kann ich dir verraten, wenn du mir sagst, ob die was miteinander gehabt haben … off the records, versteht sich«, entgegnete Frühwirth schmunzelnd und nahm laut seufzend auf dem Sessel vor Vogels Schreibtisch Platz. Walz hatte sich unterdessen schweigend hinter seinen Computer zurückgezogen.
»Warum interessiert dich das überhaupt so brennend?«, fragte Vogel seinen Schulfreund, der sich behaglich über seinen Walrossbart strich.
»Das ist rein privater Natur. Ich hab nämlich eine Freundin, die im Opernchor singt. Und die hat dort eine Kollegin, von der behauptet wird, dass sie was mit dem Maurer hat, na, gehabt hat, würd jetzt wohl besser passen. Das könnte ja auch für euch ganz interessant sein … «
»Off the records, ja, die hatten was miteinander, allerdings war das schon seit einem Jahr vorbei. Wobei es mehr als ein Pantscherl war, anscheinend ging das über mehrere Jahre, das behauptet wenigstens sie. Weißt du zufällig den Namen der Chorsängerin?«
»Wart, die Susi hat’s mir aufgeschrieben«, antwortete Frühwirth und zog aus der Innentasche seines Sakkos nach einiger Nestelei einen Zettel hervor, von dem er mit zusammengekniffenen Augen ablas: »Tomoko Sato heißt die und ist auch eine Japanerin, die noch nicht sehr lange im Chor singt.«
»Was sagst’, o du mein Walz? Unser wackerer Dirigent scheint eine ausgesprochene Schwäche für das fernöstliche Schönheitsideal besessen zu haben.«
Müde schaute Walz hinter seinem Computer hervor. »Die Begierde des Mannes ist nichts, was der Betrachtung lohnt. Wenn sie aber ohne Richtung läuft und das Ziel erst sucht, so ist sie wahrlich ein Gräuel vor der Natur, lehrte uns einst Karl Kraus«, antwortete er, ohne seinen Platz zu verlassen.
»Und was sagt uns das jetzt?«, fragte Vogel, den die Zitierfähigkeit seines Kollegen immer aufs Neue faszinierte.
»Dass der Maurer eben sein Ziel in Form von japanischen Damen gefunden hat, was, laut Kraus, nicht der Betrachtung lohnt.«
»Das mag schon sein, dass sich das für deinen Hausheiligen so verhält, allerdings hatte der keinen Mord aufzuklären … Also, wer war jetzt die spröde Schöne aus der ersten Reihe?«, wandte er sich wieder an Frühwirth.
»Dass die dir g’fallt, kann ich mir denken, bist nicht der Einzige«, brummte er. »Sie heißt Ursula Mitterberg und arbeitet als höchst angesehene Kulturredakteurin bei der ›Wiener Tagespost‹. Allerdings ist sie, wie ich dank einiger vergeblicher Bemühungen meiner Kollegen weiß, alles andere als leicht zu knacken.«
Verblüfft schaute Vogel seinen Schulfreund an. »Also bei euch ist die? Das trifft sich ja wunderbar. Da es sich beim vorliegenden Fall um eine Causa von höchster kultureller Bedeutung handelt, wäre sie doch bestimmt an einem Gespräch mit dem ermittelnden Beamten interessiert … Und du als verantwortungsbewusster älterer Kollege würdest ihr das doch allzu gerne vermitteln – oder was meinst du, o du mein Walz?«
Wortlos schaute der Angesprochene mit mürrischer Miene hinter seinem Bildschirm hervor.
»Da ließe sich schon was machen«, sagte Frühwirth, »aber wart lieber noch, bis du mehr Fakten hast. Mit heißer Luft brauchst’ der net zu kommen, dazu ist die viel zu g’scheit. Und von wegen ›älterer Kollege‹, du scheinst zu vergessen, dass du sogar ein paar Monate älter bist als ich … Wart ihr eigentlich schon in der Oper? Meine Freundin hat mir erzählt, dass sich der Maurer dort ziemlich aufg’führt hat.«
»Gerade vorhin waren wir dort. Zuerst sind wir beim Herrn Direktor vorstellig geworden, der allerdings am Nachmittag irgendwelche dringenden Verabredungen hat. Seine Sekretärin wollte uns dann einen Termin in zehn Tagen geben, weil er bis dahin verreist ist.«
»Die dringenden Termine am Nachmittag kenn ich … Ich weiß nämlich zufällig ganz genau, was er heut macht«, sagte Frühwirth schmunzelnd und verschränkte die Arme über seinem nicht unerheblichen Bauch.
»Ach so«, interessiert beugte sich Vogel über seinen Schreibtisch. »Wo ist er denn, der Gute?«
»Dafür bekomme ich aber vor allen anderen Bescheid, wenn sich beim Fall Maurer was tut!«
Nach einem Nicken Vogels fuhr Frühwirth fort: »Jeden Mittwochnachmittag verbringt der Münch mit seiner sogenannten Tarockpartie. Wobei es, wie man so
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