Hausmaestro - Kriminalroman
Musikern?«
»Nein, offiziell ist niemand mehr zu mir gekommen.«
»Und inoffiziell?«
»Wie Sie sich denken können, gab es in der Garderobe unten noch etliche Diskussionen über das Verhalten vom Maurer. Aber wir sind dann übereingekommen, dass es gar keinen Sinn hat, wenn wir jetzt zum Direktor gehen und sagen, mit dem können wir nicht zusammenarbeiten. Die Premiere ist schon bald, und bedenken Sie, was da alles dranhängt. Auch für uns.«
»Wer dirigiert jetzt eigentlich die ›Traviata‹?«, wollte Walz nun wissen.
»Momentan sieht es so aus, als würde es der Samuel Berner machen. Zumindest leitet er die Proben in dieser Woche. Professor Münch versucht aber, noch einen echten Star zu finden, der dann vielleicht die letzten Proben und die Premiere leitet.«
»Aber der Münch ist doch heute früh nach Mailand geflogen«, wandte Vogel ein.
»Was Sie alles wissen«, staunte Körbler erneut. »Nein, angesichts der besonderen Umstände hat er die Reise abgesagt.«
»Das ist ja interessant … Vorderhand brauchen wir von Ihnen nur noch die Liste der Musiker, die bei den Proben vom Maurer mitgespielt haben, und bitten Sie, Ihre beiden Kollegen zu fragen, ob sie zu einem Gespräch mit uns bereit wären. Wir warten also gegen 11:30 Uhr in der Kantine auf Sie. Wenn die beiden einverstanden sind, können Sie sie ja gleich mitbringen.«
»Die Liste müsste Frau Vucic haben, die wird sie Ihnen kopieren, wenn wir hier fertig sind«, unauffällig schielte Körbler auf seine Swatch.
»Ich hätte eine letzte Frage, rein aus privatem Interesse«, sagte plötzlich Walz. »Warum wehrt sich der Münch eigentlich so gegen den Berner? Der ist doch wirklich gut.«
Körbler beugte sich ganz weit über seinen Schreibtisch und bat die Inspektoren mit einer Handbewegung, näher zu kommen.
»Ich erzähl Ihnen jetzt was, das haben Sie aber nicht von mir … «, flüsterte er. »Der Münch ist mit der Agentur Max und Novak verbandelt, bei der die meisten Dirigenten unter Vertrag sind. Der Berner ist nicht bei dieser Agentur. Muss ich noch mehr sagen?«
»Das heißt, der Münch bekommt seine Prozente, wenn er einen Dirigenten von dieser Agentur engagiert?«, raunte Walz erstaunt zurück.
»Ob das Prozente sind oder andere Vergünstigungen, kann ich nicht sagen. Es gibt auch glaubhafte Gerüchte, die besagen, dass Münch selbst Teilhaber an dieser Agentur ist.«
Nach diesen Worten stand Körbler unvermittelt auf und sagte wieder in normaler Lautstärke: »Ich hoffe, ich konnte Ihnen helfen. Leider muss ich jetzt in die Probe. Wir sehen uns in der Pause.«
Nachdem die Inspektoren die Namensliste von Frau Vucic erhalten hatten, beschlossen sie, in die Kantine zu gehen, um ihr weiteres Vorgehen zu beraten.
Dort saß diesmal, anders als bei ihrem letzten Besuch, fast niemand. Auf einem Fernsehschirm, der auf halber Höhe an der Seitenwand angebracht war, konnten sie die Probe verfolgen.
»Schau dir einmal das Bühnenbild an«, sagte Walz entsetzt, mit dem Finger auf den Bildschirm deutend. »Der erste Akt sollte eigentlich in dem eleganten Salon einer vornehmen Lebedame spielen. Und das hier sieht aus wie der erste Meiler von Fukushima nach dem Tsunami. Kein Wunder, dass sich der Maurer aufgeregt hat.«
Vogel schüttelte nur den Kopf. »Um so etwas zu sehen, gehe ich nicht in die Oper, sondern schaue mir die Nachrichten an, da wird wenigstens nicht gesungen«, antwortete er launig, was sogleich einen strafenden Blick seines Kollegen nach sich zog.
Nachdem sie die bestellten Kaffees an ihren Tisch balanciert hatten, nahm Vogel mit einem behaglichen Seufzer seine Pfeife aus der Hosentasche.
»Der Körbler macht einen ganz guten Eindruck, ich glaube, den können wir von der Täterliste streichen«, sagte Vogel, der stirnrunzelnd die Probenliste musterte, »das sind bestimmt 60 Namen. Bis wir die durchhaben, ist schon bald Weihnachten.«
»Ja, es war schon bemerkenswert, wie gut ihr euch verstanden habt. Vielleicht können wir das Prozedere abkürzen, indem wir dem Herrn Direktor einen Überraschungsbesuch abstatten«, erwiderte Walz, »jetzt sollte er eh Zeit für uns haben. Musst’ ihn ja nicht gleich auf seinen Tarocknachmittag ansprechen.«
»Und dann sollten wir auch noch einmal zum Weber schauen – der wird sich inzwischen ja beruhigt haben. Vielleicht kann der uns was über den Münch erzählen, das wär doch bestimmt auch ganz interessant.«
»Lieber Kajetan, wir führen hier keinen Privatkrieg gegen den Herrn
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