Hausmaestro - Kriminalroman
»aber ich habe nicht viel Zeit.«
»Wie wir erfahren haben, war Herr Maurer mit dem Bühnenbild sehr unzufrieden. Dass er mit Ihnen darüber gesprochen hat, ist uns auch bekannt. Wissen Sie zufällig, ob es zu einer direkten Aussprache zwischen Herrn Höllwarth und Herrn Maurer gekommen ist?«
»Das glaube ich eigentlich nicht«, antwortete Münch kopfschüttelnd, »denn ich habe Maurer, nachdem er bei mir vorstellig geworden war, zugesagt, mit dem Höllwarth zu sprechen.«
»War er besonders erregt, als er sich über die Inszenierung äußerte?«
Der Staatsoperndirektor schien kurz nachzudenken. Was sich bei ihm derart äußerte, dass er die Brille abnahm, den rechten Bügel zwischen seine leicht gespitzten Lippen legte und telegen in die Ferne blickte.
»Na ja, erregt war er schon«, sagte er endlich, »ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass er echt verärgert war. Was man ihm allerdings nicht wirklich anmerkte, da er ein sehr beherrschter Mann war, der niemals seine Stimme erhob. Aber das, was er sagte, deutete schon darauf hin.«
»Und konnten Sie ihn beruhigen?«
»Ich habe es versucht, indem ich ihm zusicherte, dass ich zwischen den beiden vermitteln werde. Dazu musste ich aber zuerst mit dem Höllwarth reden, der ja bekanntermaßen auch sehr sensibel ist.«
»Und, haben Sie das getan?«
»Ja, nach der Probe vorgestern habe ich mit ihm gesprochen … «
»Wie hat er darauf reagiert?«
»Er war eigentlich ziemlich konsterniert, hat mir aber gleichzeitig zu verstehen gegeben, dass er zu diesem späten Zeitpunkt nichts mehr an seinem Konzept ändern könne.«
»Und was haben Sie dazu gesagt?«
»Nichts, weil ich es nicht anders erwartet hatte, ich kenne ja die Regisseure«, antwortete Münch trocken. »Außerdem konnte ich ja nicht das Wagnis eingehen, dass mir nach dem Marechal jetzt auch noch der Höllwarth abspringt.«
»Haben Sie das mit Herrn Maurer besprochen?«
»Das hätte ich sicherlich getan, wenn er nicht umgebracht worden wäre … «
Ostentativ schaute der Staatsoperndirektor auf seine goldene Rolex .
»Machte Herr Maurer in den letzten Tagen einen verstörten Eindruck auf Sie?«, fragte Vogel ungerührt weiter.
»Nun, das ist unter diesen besonderen Umständen doch etwas völlig Normales.«
»Könnte es nicht sein, dass seine Nervosität damit zusammenhing, dass er sich bedroht fühlte?«
»Mein Gott, ich kann doch in einen Menschen nicht hineinschauen«, stieß Münch gereizt aus, »vielleicht lag es daran, aber das konnte ich beim besten Willen nicht ahnen. Mir hat er jedenfalls nichts gesagt. Und selbst wenn ich es gewusst hätte: Was hätte ich dagegen tun können? Ihn unter Polizeischutz stellen? Sie hätten mich doch ausgelacht, wenn ich Sie darum gebeten hätte!«
»Könnten Sie sich vorstellen, dass einer der Musiker oder Sänger, mit denen Maurer ja nicht gerade zimperlich umgesprungen ist, sich zu einer solchen Tat hätte hinreißen lassen?«
»Auch da kann ich nur für mich sprechen und Ihnen sagen: Ich war’s nicht! Für andere Menschen spreche ich prinzipiell nicht, auch wenn ich sie noch so gut kenne.«
»Sie haben den Betriebsrat des Orchesters gebeten, dass er sich bei Beschwerden nicht direkt an Herrn Maurer wenden soll, sondern an seinen Agenten, Herrn Weber. Sie wussten also, dass Herr Maurer einerseits sehr polarisierte und dabei auch noch sehr empfindlich auf Kritik reagierte. Warum haben Sie ihn dann überhaupt engagiert, obwohl Sie wegen der kurzen Zeitspanne doch kein Risiko eingehen konnten?«
Münch schaute Vogel an, als hätte er nicht richtig verstanden. »Sind Sie vom Unterrichtsministerium oder von der Polizei? Die Einzigen, denen ich für mein Tun Rechenschaft ablegen muss, sind die Frau Unterrichtsminister und der Generalsekretär der Bundestheater! Und jetzt gehen Sie bitte, ich habe zu tun. Sie finden ja wohl allein raus.«
»Ich würde doch meinen, die letzte Frage diente nicht unbedingt der Tataufklärung«, meinte Walz schmunzelnd, als sie draußen im Stiegenhaus standen. »Befinden wir uns auf einem kleinen Rachefeldzug?«
»Ich kann mir nicht helfen, ich mag diesen Trottel einfach nicht!«
»Aber du solltest nicht vergessen, dass er immerhin ein bedeutender Staatsoperndirektor ist«, antwortete Walz mit erhobenem Zeigefinger.
»Wer sagt das?«
»Die Presse und die Regierung. Alle sind voll des höchsten Lobes über ihn.«
»Weil sie wahrscheinlich nicht in die Oper gehen. Wenn ich mir die Inszenierung da unten
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