Hausmaestro - Kriminalroman
offen ins Gesicht sah und ihn mit einem Ausdruck der Verwunderung fragte: »Wer hat Ihnen denn das erzählt?«
»Das ist nicht so wichtig, wir wollten nur wissen, ob es zutrifft, dass Sie mit Herrn Maurer eine nähere Beziehung pflegten.«
Energisch schüttelte sie den Kopf. »Das stimmt nicht. Er hat nur ein paarmal mit mir geredet, um sein Japanisch zu verbessern. Da konnten die anderen uns nicht verstehen und haben vielleicht deshalb gedacht, dass wir Geheimnisse hätten«. Achselzuckend fügte sie hinzu: »Außerdem hat er ja erst am Anfang dieser Woche mit den Proben begonnen … «
»Das wissen wir auch, aber er war früher auch schon einige Male am Hause tätig«.
»Ich aber nicht. Mein Engagement besteht erst seit dieser Saison … Und jetzt, meine Herren, muss ich dringend gehen, die Probe hat schon angefangen und ich muss wegen der Karnevalsszene auf die Bühne.«
»Auf die Bühne?«, fragte Walz lächelnd. »Doch eher dahinter.«
»Herr Höllwarth«, dieser für einen Japaner unaussprechliche Name war bei ihr fast nicht zu verstehen, »will, dass wir auf der Bühne singen, weil wir uns über die kranke Violetta lustig machen.« Nach einer kurzen Verbeugung kehrte Frau Sato den Inspektoren den Rücken und verließ rasch den Raum.
»Ach so, ja, Regietheater«, rief Walz der Japanerin hinterher.
»Glaubst du das?«, fragte Vogel, mit seinem Kinn auf die Tür deutend, durch die sie hinausgegangen war.
»Möglich, aber eher unwahrscheinlich. Wenn er Japanisch plaudern will, kann er es doch genauso gut mit der Watanabe tun … Andererseits, wenn ich mir sie so anschaue, kann ich mir kaum vorstellen, dass ein Mann von Maurers Statur sich an solch einem doch recht unauffälligen Mädchen vergreift, um es einmal euphemistisch auszudrücken. Vielleicht war das doch nur der böse Tratsch einer eifersüchtigen Kollegin.«
»Na ja, auf den ersten Blick würde ich mich in die auch nicht verschauen, andererseits, wenn die Cindy Crawford in einem solchen Kostüm vor mir stünde, würde ich es auch nicht merken – und mich danach in den Hintern beißen. Um dem Ganzen auf den Grund zu gehen, sollten wir uns einfach einmal in die Kantine begeben, die sich ja bislang als der beste Umschlagplatz für Informationen aller Art bewährt hat«, schlug Vogel vor und ließ seinem Kollegen galant den Vortritt.
In der Kantine waren sie die einzigen Gäste.
Auf dem Bildschirm konnten die Polizisten unterdessen eine höchst dramatische Szene verfolgen: Der Chor aus zerlumpten Gestalten schien gerade die sterbenskranke Violetta, die röchelnd auf einem Bett aus aufgehäuften Lumpen lag, wüst zu verspotten. Einige der Gestalten vergriffen sich gar an ihr und schienen die Sieche aus ihrem Bett ziehen zu wollen. Doch glücklicherweise war der Choreinsatz von Verdi so kurz gehalten, dass die Lumpengestalten keinen größeren Schaden anrichten konnten und schließlich wüst lachend davonzogen.
»Jetzt müssten die ja gleich in die Kantine kommen, wenn das tatsächlich ihr einziger Auftritt im dritten Akt war«, meinte Vogel, der sich langsam mit den Gegebenheiten in einem Opernhaus anzufreunden schien.
Und so war es auch.
Fröhlich plaudernd betraten die ersten abgerissenen Figuren die gastliche Stätte, wobei Walz nach jemandem Ausschau hielt, den er noch aus seiner früheren Zeit als Statist kannte.
Und tatsächlich fiel sein Blick auf eine Sängerin, die während ihrer Studienzeit zusammen mit Walz an der Staatsoper statiert hatte und sich gerade am Buffet anstellte.
Freundlich lächelnd ging er auf sie zu, stand allerdings vor dem Problem, dass er sich beim besten Willen nicht mehr an ihren Namen erinnern konnte.
Diese Klippe galt es nun kunstvoll zu umschiffen.
»Servus«, begrüßte er sie scheinbar überrascht und mit strahlendem Lächeln, »ich wusste ja gar nicht, dass du hier mitsingst.«
An ihrem Gesichtsausdruck bemerkte er sogleich, dass ihr Gedächtnis auch nicht besser war als das seinige.
Das war zwar tröstlich, jedoch im Moment wenig hilfreich.
»Kannst dich wohl nicht mehr an mich erinnern?«, fragte er verständnisvoll.
»Wieso, sind wir uns schon einmal begegnet?«, fragte sie und musterte ihn misstrauisch.
»Ich bin’s, der Alfons – wir haben vor ewiger Zeit hier miteinander statiert … «
Zwar hellte sich ihre Miene auf und sie täuschte ein Erkennen vor, jedoch nicht mit allzu großer Überzeugungskraft.
»Hab ich mich so sehr verändert?«, fragte Walz scherzhaft, während er an sich
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