Hausmaestro - Kriminalroman
eine ratlose Miene. »Allerdings konnten wir nicht verstehen, um was es in ihren Gesprächen gegangen ist, da der Maurer anscheinend ziemlich gut Japanisch sprach. Am besten fragt ihr sie selbst.«
»Das haben wir bereits getan, und sie behauptet, es wäre nichts gewesen.«
»Ja, was erwartest du denn? Du glaubst doch nicht im Ernst, dass eine Japanerin etwas Diesbezügliches zugeben würde … «
»Warum sollten wir sie dann deiner Meinung nach fragen?« Walz zeigte sich verwirrt.
»Da hast’ auch wieder recht«, gestand Ruzicka lachend ein, während sie ihre Hand auf seine legte. »Oh, Alfons, wir sollten uns wirklich bald einmal treffen!«
»Das tun wir mit Sicherheit«, antwortete Walz zufrieden, »aber vorher müssen wir diesen Mord aufklären. Wie war denn eigentlich der Maurer zu euch?«
»Ausgesprochen unangenehm. Ich bin nur froh, dass der Chor in dieser Oper nicht besonders viel zu tun hat. Zuerst hat er ungenaue Einsätze gegeben, bei den Einwürfen im ersten Akt brauchst du einen exakten Auftakt, sonst kommt das nie zusammen, und dann hat er sich beschwert, dass es auseinander ist. Und in welch einem Tonfall! Ohne unseren Maestro suggeritore wären wir verloren gewesen.«
»Weißt du zufällig, was der Berner nach der Probe macht?«
»Der arbeitet am Nachmittag sicherlich noch mit den Solisten.«
»Und der Höllwarth?«
»Das will ich lieber gar nicht wissen … «, sagte sie missmutig.
»Warum?«
»Na, schau mich doch an«, mit verzweifeltem Gesichtsausdruck blickte sie an sich herab, »ich bin sowieso erstaunt, dass du mich überhaupt erkannt hast in dem Aufzug. Die Inszenierung ist nichts weniger als ein Skandal … halt den wirren Fantasien eines Alkoholikers entsprungen.«
»Säuft er auch in den Proben?«
»Ununterbrochen. Er sitzt im Zuschauerraum und neben ihm hockt seine Assistentin mit einem Doppler und füllt beständig sein Glas nach. Es ist wirklich eine schreckliche Arbeit mit diesem sogenannten ›Regisseur‹, wenigstens haben wir als Lichtblick jetzt den Berner, sonst wär’ das ja überhaupt nicht zum Aushalten. Ich bin froh, wenn die nächste Woche vorbei ist und wir die Premiere endlich hinter uns haben.«
In diesem Moment kamen die ersten Musiker in die Kantine geströmt.
»Liebe Barbara, wir sehen uns sicherlich demnächst wieder, ich versprech’ es, aber jetzt müssen wir zum Höllwarth rennen. Es hat mich wirklich sehr gefreut«, sagte Walz voll Wärme und küsste sie auf ihre grau geschminkten Wangen. »Bäh, das schmeckt ja grauslich … «
Lachend winkte Barbara ihm nach.
Helmut Höllwarth saß gerade mit Direktor Münch zusammen, der seinem Lachen nach zu schließen der jungen Regieassistentin gerade einen nicht ganz jugendfreien Witz erzählte, als die beiden Kriminalisten den Zuschauerraum betraten.
Als typischer Autokrat, der alles sofort wahrnimmt, was in seinem Reiche vorgeht, entdeckte der Direktor sie sogleich.
»Sie haben hier nichts zu suchen«, rief er in einer Lautstärke, die durch den gesamten Zuschauerraum hallte und die Aufmerksamkeit sämtlicher Anwesender erregte. »Scheren Sie sich sofort raus. Das hier ist eine Probe, zu der niemand Zutritt hat!«
»Zu Ihnen wollen wir ja gar nicht«, blaffte Vogel zurück, »wir würden nur gerne mit Herrn Höllwarth reden.«
»Das ist mir doch egal, mit wem Sie reden wollen. Dies hier ist eine Probe, zu der niemand Unbefugter Zutritt hat. Sie können von mir aus um eins wiederkommen, wenn wir hier fertig sind. Falls Herr Höllwarth dann Zeit haben sollte und damit einverstanden ist, können Sie dann Ihre Unterhaltung mit ihm führen.«
Während dieses laustarken Dialogs eilte Walz unauffällig zum Orchestergraben, an dessen Brüstung er Samuel Berner entdeckt hatte, der vor dem Zwischenfall gerade mit dem Maestro suggeritore Walter Helmitsch geplaudert hatte.
»Guten Tag, Maestro, grüß Gott, Herr Helmitsch«, sprach der Inspektor die beiden leise an und zückte seine Dienstmarke. »Entschuldigen Sie bitte vielmals die Störung, aber ich hätte mit Herrn Berner nach der Probe gerne ein paar Worte gewechselt.«
»Warten Sie doch einfach um eins vor meinem Zimmer«, antwortete der Dirigent freundlich aber bestimmt, bevor er sich erneut Helmitsch zuwandte.
»So, jetzt hab ich endgültig genug von dem Trottel!«, Vogel war außer sich vor Wut, als sich die Kollegen im Foyer der Oper trafen, »ich werd’ der Redakteurin vom Tagblatt mal a bisserl was von der direktoralen Besetzungscouch
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