Hausmaestro - Kriminalroman
seid schon seltsam. Zwei Tage lang heul ich mir die Seele aus dem Leib, und jetzt, wo ich keine Tränen mehr hab und endlich die Vernunft die Oberhand gewinnt, ist es dir auch wieder nicht recht. Natürlich liebe ich dich noch, ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie ich die nächste Zeit ohne dich überleben werde, aber aus reinem Eigenschutz muss ich langsam damit beginnen, mich mit den scheinbar unabänderlichen Tatsachen abzufinden und dementsprechend zu reagieren.«
»Das verstehe ich ja«, antwortete Clara mit verzweifeltem Gesichtsausdruck, »aber musst du deshalb gleich so abweisend sein? Gibt es denn nichts dazwischen?«
»Nein, es gibt nichts dazwischen! Du hast eine Entscheidung getroffen, die ich mittlerweile auch akzeptiere. Und dass diese Entscheidung Folgen hat, damit musst du dich abfinden. Das hätte dir eben schon früher klar sein müssen. Oder willst du tatsächlich, dass ich dich bis zum Schluss weinend anflehe, mich doch nicht zu verlassen? Du solltest mich inzwischen gut genug kennen, dass solches von mir nicht zu erwarten ist. Schließlich bin ich Nassrasierer und muss mir jeden Morgen mindestens fünf Minuten ins Gesicht schauen, damit ich mich nicht schneide. Und auch du, meine verehrte Clara, bringst mich nicht dazu, mir einen elektrischen Rasierer zu kaufen, weil ich einem solch elenden Jammerlappen nicht mehr in die Augen schauen kann.« Während er sprach, nahm seine Stimme einen immer gereizteren Tonfall an.
Fassungslos schaute ihn Clara an. »Das ist nicht mehr mein Alfons, den ich geliebt habe!«, sagte sie mit gebrochener Stimme. »Wie es scheint, hast du dich ja schon ganz gut mit der neuen Situation arrangiert. Man muss halt flexibel bleiben, das sagst du doch immer. Jetzt verstehe ich auch, was du damit meinst. Unter diesen Umständen ist es wohl wirklich besser, dass ich nach Hamburg umziehe«, presste sie hervor, mühsam ihre Tränen unterdrückend. »Ich würde dich bitten, endlich fertig zu packen, ich will sofort nach Wien zurück!«
Walz hatte definitiv keine Kraft mehr, dieses Missverständnis, und als etwas anderes sah er es nicht an, aufzuklären. Wortlos nahm er seine Sachen und verließ, ohne Clara weiter zu beachten, das Zimmer.
Sie saß bereits im Auto, als er nach dem Begleichen der Rechnung das Gasthaus verließ.
Bis sie Wien erreichten, wechselten sie kein Wort mehr miteinander.
An der Stadtgrenze putzte sich Clara vernehmlich die Nase.
»Wollen wir wirklich so auseinandergehen?«
»Vielleicht ist es besser so«, erwiderte Walz, der noch immer verstimmt schien.
»Das kannst du doch nicht ernst meinen«, rief Clara ungläubig aus. »Ich meine, nach all der Liebe, die uns verbunden hat.«
»Ist das jetzt nicht völlig egal? Wir sehen uns noch etwa eine halbe Stunde, und das war es dann … «
»Ich versteh dich nicht, Alfons! Die ganzen Erinnerungen, die uns verbinden, bekämen damit doch einen schalen Nachgeschmack.«
»Glaubst du, dass dich das dann noch stört, wenn du in Hamburg einen neuen Freund gefunden hast? Oder mich, wenn ich mir eine neue Beziehung hier in Wien aufgebaut habe?«
»Ach so, wir sind wohl eifersüchtig? Auf jemanden, der noch nicht einmal existiert? Das ist ja wohl das Letzte!«, verächtlich schnaubte Clara durch die Nase. »Unter diesen Umständen ist eine Trennung wirklich das Beste!«
Als er vor ihrem Haus in der Margarethenstraße einparkte, sah Clara, dass Walz weinte. Mit einem Mal war aller Zorn verflogen. Zärtlich nahm sie ihn in die Arme.
»Es ist so furchtbar«, schluchzte er, »einen Menschen, den man liebt, einfach zu verlieren … Ich habe wirklich geglaubt, in dir jemanden gefunden zu haben, mit dem ich vielleicht alt werden könnte.«
Wie eine Mutter wiegte Clara ihren Geliebten, der seinen Tränen freien Lauf ließ.
Eine Passantin, die neben dem offenen Auto stehen blieb, schaute Clara fragend an, ob sie vielleicht Hilfe bräuchte, was diese mit einem leichten Kopfschütteln verneinte.
Es sollte noch lange dauern, bis Walz sich soweit beruhigt hatte, dass er gefasst Abschied nehmen konnte.
12. Kapitel (Montag)
Nach diesem ereignisreichen Wochenende fühlte sich Walz verständlicherweise völlig zerschlagen, hatte gleichwohl der Verlockung nicht nachgegeben, sich einfach krank zu melden, da er es zu Hause wohl noch weniger ausgehalten hätte.
Um allen Eventualitäten vorzubeugen, hatte er beschlossen, dem sich in bester Laune präsentierenden Vogel vorderhand nichts von der dramatischen
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