Hausmaestro - Kriminalroman
wurden, würden inzwischen einer ganz anderen Philosophie folgen. Zur Veranschaulichung legte sie verschiedene Modelle zur Ansicht vor, die tatsächlich völlig unterschiedlich geformt waren.
Zur Garotte taugte keine von ihnen.
Weiters zeigte sich die ätherisch wirkende Dame davon überzeugt, dass auch in den anderen Geschäften Wiens keine dieser altmodischen Ruten mehr zu finden seien. Vielleicht sollten sie es im Internetversand versuchen, der seit Neuestem auch auf dem Gebiet der Esoterik Fuß gefasst hatte. Dort könnten eventuell noch Restbestände davon angeboten werden. Was im Übrigen äußerst fahrlässig sei, da diese Rute eher dazu geeignet sei, die Radiästhesie in Misskredit zu bringen, zumal sie nicht dazu tauge, die feineren Erdstrahlen zu erfassen.
Aber das wäre eben typisch für den Internet-Verkauf, der sich über die ethischen Normen, denen sich ein solches Geschäft wie das ihre selbstverständlich unterwerfe, nicht im Klaren sei, sondern nur mehr den schnellen Profit suche. Überhaupt bedürfe der Kauf esoterischer Handwerkzeuge intensiver persönlicher Beratung. »Schließlich sind sie keine Spielzeuge«, fügte sie hinzu, wobei sie ihre Stimme so bedrohlich hob, dass ein Kunde, der gerade in die mystischen Schriften über Theresia von Konnersreuth vertieft war, sogleich mahnend zu ihr herübersah, um sich danach erneut kopfschüttelnd in seine erbauliche Lektüre zu versenken.
Immerhin konnte sie ihren Besuchern Auskunft über den möglichen Hersteller der Rute geben, ein in Wien beheimateter »Eigenbrötler«, wie sie sich ausdrückte, der sich jeglicher Neuerung hartnäckig widersetzte und möglicherweise, falls er noch nicht gestorben war, auch heute noch solche »völlig überholte Modelle« zusammenbaute.
Sie hatte sogar noch seine Adresse im Computer, da er früher auch ihr Geschäft mit Pendeln und Ruten beliefert hatte.
Praktischerweise war seine Werkstatt nicht allzu weit von dem Geschäft gelegen, sodass die zwei Inspektoren beschlossen, den Handwerker gleich persönlich aufzusuchen.
Alois Brettschneiders Werkstatt befand sich in der Schulhof-Passage im 6. Wiener Gemeindebezirk, die die Hirschengasse mit der Mariahilfer Straße verbindet.
Wie oft in Wien beherbergen solche ›bis auf Widerruf geöffnete‹ Durchgänge, die durch mehrere Hinterhöfe führen und den Eindruck erwecken, als sei hier die Zeit stehen geblieben, traditionelle Manufakturen, für die andernorts die Mieten zu hoch geworden waren. In der Schulhof-Passage etwa fand man neben einem kleinen Wollgeschäft, das sich auf den Verkauf von Filzen aller Art spezialisiert hatte, einem Alt-Wiener Wirtshaus, einer schummrigen Bar und einem Maßschneider für Bluejeans die Werkstatt von Alois Brettschneider, die allerdings durch kein Schild gekennzeichnet war, was unsere Inspektoren anfangs vor ein Problem stellte.
Da jedoch keines der anderen Ladenlokale als Werkstatt infrage kam, klopften sie mehrmals an eine verschlossene und mit Gitterglas versehene Metalltür, ehe ihnen von einem sicherlich 80-jährigen, verdrießlich dreinschauenden Mann geöffnet wurde.
Wortlos schaute er die beiden an.
»Sind Sie Herr Josef Brettschneider?«, fragte Vogel, seinen Dienstausweis zückend.
»Ja, der bin ich. Worum geht’s?«, fragte der alte Herr, während er misstrauisch das Obrigkeitsdokument betrachtete, indem er Vogels Hand zu sich heranzog.
»Entschuldigen Sie die Störung«, fuhr Vogel fort, seinen Dienstausweis wieder einsteckend, »wir bräuchten nur einige Auskünfte von Ihnen.«
»Und die wären?«, fragte Brettschneider mit zusammengekniffenen Augen.
»Könnten wir das drinnen besprechen?«
Mürrisch trat der Handwerker einen Schritt zur Seite und bedeutete ihnen wortlos, einzutreten.
In der Werkstatt, in der fast völlige Dunkelheit herrschte, da sie nur über ein Fenster aus Gitterglas verfügte, dessen letzte Reinigung wohl schon einige Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte zurücklag, sah es, soweit die Inspektoren erkennen konnten, wüst aus. Unter einer dicken Staubschicht waren verschiedene Werkbänke zu erkennen, die scheinbar schon längere Zeit nicht mehr im Gebrauch standen.
»Wäre es vielleicht möglich, hier irgendwo Licht zu machen?«, fragte Vogel, sich nach einem Schalter umschauend.
Unwillig knipste Brettschneider eine alte Schreibtischlampe an, die an eine Werkbank geschraubt war, neben der ein Kalender von 1999 hing.
»Ja, das ist besser, vielen Dank«, sagte Vogel und entnahm seiner
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