Hausmaestro - Kriminalroman
sein!«
»Weiß man’s? Er hat sich von seiner Begeisterung einfach hinreißen lassen und ganz vergessen, dass er eigentlich mit einem Polizisten plaudert. Bezüglich eines Motivs wird sich schon noch etwas finden. Vielleicht hat der blade Weber auch beim Maurer etwas für sich abgezweigt. Hunger tut ja weh. Und der ist ihm dann draufgekommen. Und beim Geld hört sich die Freundschaft auf, das erleben wir ja oft genug in unserem Beruf. Frag doch einfach noch einmal die Geisha – vielleicht kann die dir noch a bisserl mehr über die sogenannten Missverständnisse erzählen.«
»Gut, den Mock und den Höllwarth können wir noch immer besuchen, jetzt gehst du zum Max und ich zur Watanabe. Und wenn sich da was Stichhaltiges ergibt, dann können wir noch immer den Staatsanwalt einschalten.«
Miwako Watanabe war nicht allein, als Walz sie in ihrer Wohnung aufsuchte. Zu seiner Überraschung öffnete ihm ihre Freundin Maria Mölzl. Allerdings erkannte er sie dieses Mal kaum wieder, da sie heute im Gegensatz zu seinem letzten Besuch darauf vorbereitet gewesen sein dürfte, unter Menschen zu kommen. Was genau den Unterschied ausmachte, vermochte Walz nicht sofort zu entscheiden, auf jeden Fall wirkte sie viel weniger blass. Erst bei genauerem Hinsehen bemerkte er den Grund dafür. Ihr Gesicht war stark geschminkt, allerdings mit einer solchen Raffinesse, dass es Walz nicht aufgefallen wäre, hätte er sie nicht schon einmal im naturbelassenen Zustand gesehen. Zu einem sehr kurzen schwarzen Minirock, der den Blick auf ihre Strumpfhalter freigab, trug sie eine großzügig geschnittene rote Seidenbluse, was unseren modebewussten Inspektor durchaus beeindruckte. Wie beim letzten Mal hielt sie beim Stehen den rechten Arm nach oben abgewinkelt, wahrscheinlich, um zu vermeiden, dass die Asche ihrer Zigarette, die auch diesmal in einem schwarzen Mundstück steckte, auf den Boden fiel, was ihr wohl ein mondänes Aussehen verleihen sollte.
»Miwako bereitet gerade den Tee«, erklärte sie Walz, nachdem sie ihn kaum eines Blickes oder gar eines Grußes gewürdigt hatte und an der offenen Tür stehen ließ, »sie wird gleich bei Ihnen sein.«
Lässig ging sie in das Wohnzimmer voraus, wobei Walz auffiel, dass sie einen etwas schleichenden, katzenartigen Gang hatte, was umso bemerkenswerter war, als sie ziemlich hochhackige Schuhe trug.
Anders als der Inspektor, den sie mit einer knappen Handbewegung dazu aufgefordert hatte, sich auf dem ihm wohlbekannten Sitzpolster niederzulassen, blieb sie stehen und lehnte sich lässig an das Bücherregal, das sich an der gegenüberliegenden Wand befand.
»Vielleicht können auch Sie mir helfen.« Walz war ungeachtet ihrer Aufforderung ebenfalls stehen geblieben. »Wie war eigentlich das Verhältnis zwischen Michael Weber und Miwako Watanabe?«, erkundigte er sich mit gedämpfter Stimme.
»Warum fragen Sie mich das?«, antwortete Mölzl spitz und so laut, dass es Miwako hören konnte, »fragen Sie sie doch einfach selbst.«
Nach einer solchen Entgegnung verwunderte es nicht, dass zwischen den beiden bis zum Eintreten der Japanerin von jeglicher Konversation Abstand genommen wurde.
Nachdem Watanabe die verschiedenen Utensilien auf einem Tablett hereingetragen und diese auf dem Tisch ausgebreitet hatte, forderte sie Walz in freundlichem Tonfall auf, sich zu setzen. Mölzl, die nun hinter ihr stand, beachtete sie hingegen überhaupt nicht.
»Liebe Frau Watanabe, ich hätte doch noch einige Fragen an Sie«, begann Walz, nachdem er sich in eine möglichst bequeme Lage gebracht hatte, »wie gestaltet sich Ihr Verhältnis zu Michael Weber?«
Schweigend nahm die Gastgeberin die Teekanne, ließ sich Walz gegenüber nieder und füllte ihm seine Schale. »Heute habe ich einen Gyokuro gemacht, der besonders viel Koffein enthält. Der wird Ihnen gut tun, Sie schauen müde aus«, sagte sie sanft. »Michael war der engste Vertraute von Magnus, dadurch sahen wir uns sehr oft«, fuhr sie fort, während sie die Schale in ihren Händen hielt und das Aroma des Getränks einsog, »das ist ein sehr feiner Tee, müssen Sie wissen, ›Gyokuro‹ bedeutet auf Deutsch ›edler Tautropfen‹. Sie sollten seinen Duft genießen, bevor Sie ihn trinken, denn erst dann entfaltet er seine volle Wirksamkeit.«
Folgsam führte Walz die Schale zur Nase, die unerträglich heiß in seiner Hand brannte, und schnüffelte noch schnell daran, bevor er sie rasch wieder abstellte. »Ja, er riecht wirklich köstlich«,
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