Hausmaestro - Kriminalroman
dem Egalitätsgedanken, der heute überall herrscht, nicht vereinbar«, meinte Walz zustimmend.
Entschieden schüttelte Weber seinen Kopf. »So besonders ist diese Gabe auch wieder nicht. Das ist ganz ähnlich wie bei der Musikalität. Die ist auch viel verbreiteter, als wir annehmen, das hat der Magnus immer gesagt. Ich bin sicher, Sie mit Ihrem Aszendenten könnten das mit einiger Übung auch spüren.«
»Glauben Sie?«, fragte Walz erstaunt. »Und wie ist das bei Ihnen? Haben Sie das schon ausprobiert?«
»Ja, allerdings nur für mich selbst.«
»Das heißt also, Sie können selbst mit der Rute umgehen und betreiben das tatsächlich«, konstatierte Walz ruhig.
»Ja, aber ich mache es nur für den Hausgebrauch«, antwortete Weber verlegen, dem diese Offenbarung anscheinend nicht sehr angenehm war. »Mit Magnus war ich so oft auf Reisen und wenn ich länger in einem Hotel war und schlecht geschlafen habe, habe ich schon einmal die Position des Bettes überprüft.«
»Das ist wirklich ein spannendes Thema«, begeisterte sich Walz, »kann man das eigentlich irgendwo lernen?«
»Ich habe es bei einem alten Rutengänger studiert, der in Wien Kurse veranstaltet hat.«
»Ah, das würde mich auch interessieren. Könnten Sie mir vielleicht verraten, wie dieser Rutengänger heißt?«
»Ich glaube kaum, dass der Herr das noch macht. Er war schon damals Mitte 70, und das war vor etwa fünf Jahren. Vielleicht lebt er auch gar nicht mehr«, antwortete Weber ausweichend.
»Ich kann’s ja einmal versuchen. Wenn er nicht mehr tätig ist, kann er mir ja vielleicht einen anderen Rutengänger empfehlen«, plötzlich zögerte Walz, »oder wollen Sie mir seinen Namen nicht nennen?«
»Doch sicher«, beeilte sich Weber zu sagen, »er heißt Hans Stechlinger.«
»Dann hätte ich noch eine andere Frage. Soweit ich weiß, gibt es ja eine Menge unterschiedlicher Rutenmodelle, da weiß man als Laie überhaupt nicht, welches das am besten geeignete ist. Welches würden denn Sie empfehlen?«
»Ich benutze eine ganz normale Rute aus Draht mit zwei Griffen aus Kupfer, für meine Zwecke reicht die völlig aus. Sie hat den Vorteil, dass sie ziemlich robust ist und man sie auch in den Koffer stecken kann, ohne dass sie sich verbiegt. Das ist bei meinen vielen Reisen das Wichtigste.«
»So eine wäre auch was für mich. Wissen Sie vielleicht, wo man solch ein Modell bekommen kann und welche Firma sie herstellt?«
Bedauernd schüttelte Weber seinen Kopf. »Nein, leider nicht. Ich habe sie damals bei Herrn Stechlinger direkt gekauft … «
Walz straffte seinen Oberkörper. »Jetzt habe ich Sie mit meinen persönlichen Anliegen aber lange genug aufgehalten«, sagte er lachend, »wenn das unser Chef wüsste … Haben Sie vielen Dank, wir sehen einander sicherlich wieder«.
Mit diesen Worten erhob er sich und forderte Vogel auf, es ihm gleichzutun.
Dieser hatte die ganze Zeit geschwiegen und scheinbar gedankenverloren an seiner Pfeife genuckelt, war in Wahrheit aber aus dem Staunen nicht herausgekommen.
13. Kapitel (Montag)
»Das war ein Meisterstück, o du mein Walz! Wenn das der Prokisch gehört hätte, würden die uns beim LKA gar nicht mehr weglassen«, sagte Vogel euphorisch, »jetzt haben wir ihn, den bladen Weber! Während du so nett mit ihm geplaudert hast, hat mir der Lindner übrigens eine SMS geschickt: Das Mordwerkzeug scheint tatsächlich früher einmal eine ›Peitschenrute nach Brettschneider‹ gewesen zu sein. Sollen wir nicht schon jetzt den Prokisch bitten, dass er den Staatsanwalt wegen eines Haftbefehls anruft?«
Walz hingegen schien sich trotz der so eindeutig scheinenden Verdachtsmomente gar nicht sicher zu sein.
»Mit dem Staatsanwalt sollten wir noch ein wenig warten, meine ich. Bei uns wird eh viel zu viel verhaftet. Erstens wissen wir noch gar nicht, ob der Weber überhaupt eine solche ›Peitschenrute‹ benutzt. Und was ist, wenn er sie uns das nächste Mal freudestrahlend präsentiert? Zwei wird er davon ja nicht gehabt haben. Außerdem fehlt uns bislang das Motiv«, antwortete Walz. »Stell dir vor, die kennen sich seit ihrer Geburt und waren ständig beisammen. So einen Freund bringst’ doch nicht einfach um. Zudem war er wirtschaftlich von ihm abhängig. Außerdem glaubst du doch nicht im Ernst, dass er gegenüber einem Kiberer so bereitwillig von seinem Umgang mit der Rute erzählt, wenn der seinen Freund ein paar Tage zuvor mit einer solchen umgebracht hat. So blöd kann doch niemand
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