Hausverbot
Ich ging zu ihm: Ich gehe mir die Hände waschen. Warte hier auf mich. Er nickte. Als ich zurückkam, lief ›Śmierć w bikini‹ von Republika. Der Saal tanzte Pogo und brüllte mit dem Song: Mit der Herrin bin ich am Strand / Ihr Geruch zieht mich an / Ich umarme ihre Taille sanft. Ich reihte mich unter die Tanzenden ein. Ich sprang besonders hoch. Ich wollte Andi in der Menge finden. Ich sah ihn nicht. Ich ging von der Tanzfläche. Ich fand ihn nirgendwo. Ein Mädchen sprach mich an: Ich heiße Dorota, ich finde das ganz toll, was du da auf die Wand gezeichnet hast . Ich guckte Dorota an. Sie war sehr jung. Ich schätzte sie auf fünfzehn. Plötzlich hatte ich ein Déjà-vu. Vielleicht war Dorota erst zwölf und sah bloß älter aus, wie ich damals.
Nachdem mich mein Vater wegen des Knutschens mit Adam verprügelt hatte, hing ich auch ganz viel in Discos rum, aber nicht allein wie Dorota. Ich hatte immer Malwina im Schlepptau. Als Mädchen mussten wir keinen Eintritt zahlen. Um aber überhaupt reingelassen zu werden, gaben wir uns als Sechzehnjährige aus. Wir hatten gefälschte Schülerausweise dabei. Ich hieß Sylwia Kowalska, und Malwina war Monika Kowalska. Wir gaben uns als Schwestern aus. Als Erstes gingen wir immer an die Bar. Sofort luden uns irgendwelche Typen zu mehreren Cocktails ein. Sie wollten uns schnell betrunken machen. Nach zwei Drinks getrauten wir uns, die Tanzfläche zu betreten. Wir tanzten nur bei den schnellen Stücken. Sobald ein langsames Lied gespielt wurde, verschwanden wir in der Mädchentoilette. Wir hatten keinen Bock darauf, dass uns die Typen zum Paartanz aufforderten. Wir wollten von denen nichts. Wir wollten nur in der Disco sein, uns umsonst betrinken und das Erwachsensein üben. Diese Typen wollten auch nichts von uns, außer uns vögeln. Sie waren alle zwischen dreißig und vierzig und schon lange verheiratet. Ihre Frauen schliefen nicht mehr mit ihnen, und sie brauchten Frischfleisch. Weil ihnen das Sperma bis in den Kopf stieg, waren sie meistens nicht ganz helle in der Birne. Wenn wir merkten, dass wir die Typen schon zu lange an der Nase herumzogen, hauten wir heimlich aus der Disco ab. Einmal hatte das aber nicht geklappt. Zwei Typen warteten auf uns draußen vor der Tür im Auto. Sie fragten uns, warum wir denn schon gingen und warum wir uns von ihnen nicht verabschiedeten. Wir sagten, wir seien auf Besuch bei unserer Tante. Sie hätte kein Telefon, und wir müssten kurz nach Hause, um ihr Bescheid zu geben, dass wir länger in der Disco bleiben wollten. Die Typen versperrten uns den Weg. Sie wollten, dass wir in ihr Auto stiegen. Wir wehrten uns mit der Begründung, dass die Tante nicht weit wohnte. Sie bestanden darauf, uns zu der Tante zu fahren. Sie zwangen uns in die Kiste rein. Ein paar Straßen weiter sagten wir: Stopp! Hier ist das. Wir stiegen aus. Wir verabschiedeten uns zuckersüß und sagten noch, dass unsere Tante sehr streng sei. Eventuell würde sie uns doch nicht erlauben, heute Nacht noch einmal rauszugehen. Wenn wir in fünf Minuten nicht wieder zurück seien, würden wir morgen um acht in die gleiche Disco kommen. Die Typen stiegen mit uns aus. Die Hauseingänge in den Mietshäusern waren damals nicht verschlossen. Wir gingen in ein Haus, wo unsere angebliche Tante wohnte. Die Typen betraten mit uns das Treppenhaus. Wir sagten ihnen, dass es besser sei, wenn die Tante nicht mitbekäme, dass sie hier seien. Wir hatten totale Angst. Wir ahnten, was uns drohte. Wir gingen in den dritten Stock. Die Typen warteten unten. Wir klingelten bei irgendjemand. Keine Reaktion. Wir klingelten noch mal. Wir hörten Schritte. Wir klingelten zum dritten Mal. Wir hörten eine alte, weibliche Stimme: Wer ist da? Ich las den Namen auf dem Klingelschild. Ich redete halblaut in das Türloch, damit mich die Typen unten nicht verstanden: Sylwia und Monika. Wir wollen zu Frau Nowak. Die Stimme sagte: Einen Moment. Klappergeräusche. Ein Schlüssel wurde im Türschloss umgedreht. Klickklack. Die Tür wurde aufgeschlossen. Schwupp. Ein Ömchen stand vor uns. Uups. Ich entschuldigte mich für die Uhrzeit und sagte, dass wir uns in der Adresse geirrt hätten. Die Tür ging wieder zu. Ui. Wir mussten jetzt runter. Die Typen standen immer noch im Treppenhaus. Wir flüsterten uns den letzten Rettungsplan zu. Wir gingen forsch die Treppe hinunter. Ich sagte: Tante hat erlaubt . Wir gingen alle vier aus dem Haus. Während sich die Typen zu ihrem Auto begaben, rannten Malwina und ich
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