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Hausverbot

Hausverbot

Titel: Hausverbot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariola Brillowska
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die Bullen auf den Hals. Das halte ich nicht aus. Was für Hohlköpfe. Ich versohle euch gleich die Ärsche. Aufgepasst. Ich ramme euch platt!
    Er fuhr sehr zaghaft, und der Motor ging dauernd aus. Die Heizung war gar nicht an, weil James Sprit sparen musste. Der Tank und die Batterie waren fast leer. An der Ampel machte James den Motor aus, um noch mehr Sprit zu sparen. Natürlich sprang der Wagen danach nicht mehr an, und ich musste ihn anschieben. Dabei halfen mir zwei Männer von der Straße. Für meine Schwangerschaft war das bestimmt von Vorteil. Ich fand die ganze Aktion völlig unmöglich. Meine Laune war hin. Ich stieg nicht wieder ein in die Kiste von James. Ich ging zu Fuß und war total wütend. Ich kochte. Ich hatte keinen Bock mehr. Warum hatte ich bloß James angerufen. Warum hatte ich ihm das mit der Schwangerschaft erzählt. Er hatte sich auf der Stelle gefreut, dass er Vater wurde. Dabei war ich mir überhaupt nicht sicher, ob er es wirklich war. Er hatte doch dauernd beteuert, dass er unfruchtbar sei. Deswegen hatte ich bei ihm ja auch nicht verhütet. Ich wusste nicht genau, in welchem Monat ich war.
    Die Gynäkologiepraxis, die mir Anita empfohlen hatte, hatte sich als gruseliger Witz entpuppt. Sie befand sich in einer Privatwohnung. Ich war an einem Montag da. Auf der Türklingel stand in kleiner Schrift: Beratungsstelle für Frauen, dienstags 17 bis 18 Uhr . Ich kam am Dienstag wieder. Pünktlich um siebzehn Uhr drückte ich auf den Klingelknopf. Ein Mann um die vierzig im braunen Pullover öffnete mir die Tür. Kommen Sie rein , sagte er desinteressiert. Ich folgte ihm durch einen schmalen Flur. Wir betraten ein schauriges Zimmer. Darin befanden sich ein brauner Schreibtisch und zwei abgewrackte Sessel, aus deren Polster die Sprungfedern rausschauten. Hätte daneben nicht ein altmodischer gynäkologischer Stuhl von neunzehnhundertzwanzig gestanden, hätte man die Einrichtung dieses Zimmers für das Büro eines Winkeladvokaten halten können. Der Mann deutete mit seinem Kopf auf einen braunen Vorhang, der eine Ecke hinter dem gynäkologischen Stuhl abtrennte: Dahinter können Sie sich unten rum frei machen. Während ich mich auszog, dachte ich über die illegalen Abtreibungen nach, die der Mann bestimmt tagtäglich durchführte. Meine Mutter hatte siebzehn davon gehabt. Die meisten Frauen in Polen verhüteten mit Hilfe des Eisprungkalenders, weil die Pille in der Apotheke nicht erhältlich war. Frauen wurden dauernd ungewollt schwanger. Sie mussten abtreiben. Illegal. Weil Abtreibung in Polen so gut wie verboten war. Ich legte mich mit gespreizten Beinen in den gynäkologischen Stuhl. Der Mann steckte mir seinen Finger in die Scheide: Wann haben Sie zuletzt geblutet? Ich konnte es ihm nicht genau sagen. Er fummelte in mir rum, dann stand er auf und wischte sich den Finger mit einem Handtuch ab. Er sprach teilnahmslos, mit dem Rücken zu mir: Sie sind mit Sicherheit schwanger, auch wenn ich Ihnen nicht sagen kann, in welcher Woche genau. Wenn Sie das Kind kriegen wollen , gehen Sie in den nächsten Tagen zu einem Gynäkologen. Ich fragte nicht: Wenn nicht? Weil ich bereits wusste, dass ich es kriegen wollte.
    Eine wahnsinnige Rauchwolke quoll aus dem Auspuff von James’ Auto. Ich ging schon eine Weile zu Fuß. Ich war fast zu Hause. James fuhr langsam neben mir her. Ich hatte keinen Bock mehr auf ihn. Ich brüllte ihn an: Ich brauche deine Hilfe nicht, du verdammter Sack, lass mich in Ruhe, ich gehe allein nach Hause, dein Scheißauto kannst du dir in den Arsch schieben. James hielt total abgenervt vor der Tür an, stieg fluchend aus der Karre, zerrte wütend meine Reisetasche aus dem Kofferraum raus, pfefferte sie aggressiv auf den Bürgersteig, zischte grimmig: Bis gleich! und fuhr mit viel Lärm und Dampf um die Ecke. Er suchte nach einem Parkplatz. Vor der Tür war nichts frei. Wir lebten halt in der Innenstadt. Ich war fix und fertig. Meine Rückkehr nach Deutschland hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt. Dabei war es Frühling. Die Sonne schien. Die Vögel sangen ein Konzert. Die hatten mit Sicherheit diesen Krach mitbekommen, mit dem James in unsere Straße reingeballert war. Ich schaute zum Himmel und dankte Gott für dieses herrliche Wetter. Das musste man in Hamburg immer machen. Wenn zehntausend Bürger sich gleichzeitig beim lieben Gott für die Sonne bedankten, schien sie tatsächlich auch mal am Tag darauf. Das passierte aber so gut wie nie. Die Leute bedankten sich nicht.

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