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Hausverbot

Hausverbot

Titel: Hausverbot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariola Brillowska
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die Schulter. Erledigt. Ich saß in der Maschine nach Hamburg. Ich ließ die letzten drei Monate Revue passieren. Ich trank Tomatensaft statt Blutiger Marie. Ich war total klar im Kopf. Ich flog nach Hause, zu James. Ich war schwanger. Ich war froh darüber. Weil ich von Andrzej wegkam. Die Affäre mit ihm hatte Ausmaße angenommen, von denen ich schleunigst Abstand nehmen musste. Ich wollte mein Leben nicht mehr vergeuden. Schnallen Sie sich wieder an. Klappen Sie die Tische hoch. Wir beginnen mit der Landung, verkündete die Stimme der Stewardess. Die Maschine steuerte den Flughafen von Hamburg an. Ich schaute nüchtern auf die Stadt unter mir. Sie hatte den schönsten Hafen der Welt, aber man konnte ihn vom Flugzeug aus nicht sehen. Sie war sowieso die schönste Stadt von Deutschland, das erkannte man aber auch nicht vom Flugzeug aus. Der Blick auf Hamburg von oben versprach nichts. Vermutlich besser so. Deswegen wollte dort nicht jeder Depp leben, wie sonst in Berlin oder Barcelona oder Paris. Ich stieg aus dem Flieger, mein Haar wehte, meine Knie zitterten. Willkommen in der Stadt, für die ich mittlerweile heimatliche Gefühle empfand, auch wenn sie mir nach wie vor eine kalte Brise ins Gesicht blies. In Hamburg war das normal, dass die Leute einen Zugezogenen erst nach zehn Jahren ranließen. Davon hatte ich bereits fünf eingebüßt. Fünf Jahre ohne Freunde und Liebe. Und das alles nur deswegen, weil ich losgezogen war, um Künstlerin zu werden. Ich driftete mitten auf dem Ozean ohne Kompass.
    Manchmal erwog ich tatsächlich den Gedanken, ob ich nicht eventuell eine Ausbildung zur Krankenschwester machen sollte. Dann täte ich wenigstens was Gutes für die Menschen und drehte mich nicht ständig im Kreis um mich selbst herum. Wer was Gutes tut, der bekommt auch was Gutes zurück. Die Ich AG e war zuweilen ganz schön anstrengend. Nicht nur für mich selbst. Auch für die anderen, die ich kannte, die waren auch fast alle Künstler. Bei denen drehte sich auch alles nur um sie selbst. Wahrscheinlich waren wir Künstler deswegen alle so einsam, nicht nur die Zugezogenen, auch die Gebürtigen, die Hamburger, die Berliner, die Barcelonier, die Pariser. Künstler zu sein war ja nicht einfach. Und ein zeitgenössischer Künstler zu sein bedeutete, dass man den Bürgerlichen dauernd seine Schamhaare in die Suppe legte. Die Bürgerlichen hielten Künstler für wichtig. Sie kauften einigen Auserwählten sogar einzelne Schamhaare ab. Davon lebten die Auserwählten. Der Rest lag den Bürgerlichen auf der Tasche. Das nervte, sowohl die Bürgerlichen als auch die Künstler selbst. Ich kannte ja keine Bürgerlichen. Ich konnte niemals, und wollte es auch nicht, Teil dieses Systems sein. Ich schaute ununterbrochen nach dem Ausweg. Wenn das mit der Kunst nicht klappt , mache ich ein Kaufhaus auf, in dem ich alle Wände mit meinen Gemälden behänge, redete ich mir zu, nachdem ich wieder mal beschlossen hatte, doch keine Krankenschwester zu werden.
    James holte mich vom Flughafen ab. Er hatte plötzlich ein eigenes Auto. Wobei das eher eine Schrottkiste war. Er war stolz auf sich wie Bolle: Habe den Wagen umsonst gekriegt. Die Tante, die ihn verkaufen wollte, hatte echt keine Ahnung. Ich hab ihr erst mal erklärt, was alles kaputt ist. Ich hab ihr angeboten, die Karre kostenlos zu entsorgen. Dafür musste sie mir sie offiziell schenken. Aber jetzt haben wir sie. Hat noch ein halbes Jahr TÜV . Er öffnete mir vornehm die Tür: Das ging ja plötzlich recht flott mit deiner Ausreise. Ich stieg zögerlich ein. Mir gefiel die Situation nicht. James hatte Oberwasser. Ich kannte ihn mittlerweile ganz gut. Er spielte mir gerade den Zuhälter vor. Ich mochte das in dem Moment nicht. Ich mochte unser Rollenspiel sowieso nicht mehr. Wenn er dachte, dass er mich als Autobesitzer beeindrucken würde, dann hatte er sich geschnitten. Ich sagte lieber nichts. Letztendlich hatte er sich für meine Ausreise beim Präsidenten Vogel eingesetzt, und deswegen war ich jetzt wieder hier, zurück in der Freiheit. Da wir aber demnächst eine Familie werden sollten, war mir James’ Verhalten überhaupt nicht egal. Wir fuhren jetzt in einem Auto. Und diese Fahrt war von Anfang an nicht gemütlich. James beschimpfte ununterbrochen den gesamten Verkehr: Debiler Haufen Idioten. Diese Tölpel können doch alle nicht fahren, so ein Dreckspack. Denen gehören die Führerscheine aberkannt, aber plötzlich. Aus dem Weg, ihr Banausen. Ich schicke euch sofort

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