Hausverbot
beim Ausziehen der Partygäste gut nach, und wir taten das dann im Team zusammen. Ich stellte mir vor, dass er mein Partner wäre und wir diese Ausziehaktionen als Job ausübten. Ich rechnete mir schon Gewinne aus. Man würde uns als EmEfKa, das mobile Fickkommando buchen. Mit dem Einsatz von EmEfKa käme eine Party hervorragend in die Gänge. Alle würden rollig werden und mit allen poppen. Ich überlegte, wie ich dieses Konzept vermarkten, wie ich dem Kunden dessen Mehrwert schmackhaft machen könnte, was ich zu kalkulieren hätte, abzüglich der Unkosten für Markus und Steuern. Leider wurde aus dieser hervorragenden Geschäftsidee nichts. Markus machte bereits nach fünf Tagen schlapp. Er ließ sich nicht mehr in meiner Nähe und sonst wo blicken. Erst Jahre später sah ich ihn wieder. Er schob einen Kinderwagen und hatte inzwischen eine Glatze. Sein Sexappeal war ausgelöscht. Das ging wirklich rapzap.
Ich hörte James Brown ›Living in America‹ singen. Ich bedauerte, dass ich mich nicht betrinken konnte. Ich nippte immer nur an meinem Getränk, um mit den Neuankommenden anzustoßen. Ich achtete einigermaßen darauf, dass ich nicht betrunken wurde. Was den Alkoholkonsum in der Schwangerschaft anging, da war ich von Anita fachmännisch gebrieft worden. Zwei Polizisten tauchten auf der Party auf. James legte sich mit denen sofort an. Daraufhin beschlagnahmten sie den Ghettoblaster, in dem die Kassette mit James Brown steckte. Ich fand das gut. Mich nervte ›Living in America‹ schon eine ganze Weile. Ich hatte bereits einen Tampon auseinandergenommen und mir die Watte daraus in die Ohren gestöpselt.
Ohne Musik drohte sich die Party aufzulösen. Michael Katzes Studio war nebenan. James half Michael dabei, dessen protzige DJ -Anlage rüberzuholen. Michael profitierte von seinem berühmten Vater. Er kaufte sich alles immer vom Teuersten und gab total an. Sein Studio war picobello eingerichtet. Alles war dort stilvoll und weiß wie beim Zahnarzt. Michael legte seine Musik auf. Er spielte megalaut ausschließlich Kommerz. Seine Anlage beschallte die Party. Niemand tanzte mehr, nur Michael bewegte sich spastisch. Er merkte nicht, dass die Leute die Musik nicht mochten. Er hatte keinen Geschmack und für nichts Gespür. Er benahm sich wie ein prolliger Banause, der auch noch den Kunststil seines Vaters kopierte. Dabei behauptete er, dass eigentlich der Vater bei ihm abkupferte. Bescheuert. Niemand glaubte das. Keiner nahm Michael ernst. Er war einfach lächerlich. Ich hatte einmal versehentlich aus dem Alsterhaus dänischen Esrom-Käse mitgebracht. Beim Auspacken der Tüten kam bestialischer Gestank in meine Nase. Ich musste den Käse sofort wegschmeißen. Ich stand am Fenster und wollte den Esrom in den Hof werfen, als Rarität für die Ratten. James riss mir den Esrom aus der Hand und zielte damit auf ein gekipptes Fenster im Studio von Michael gegenüber. Tatsächlich flog der Käse durch den Spalt. James und ich gingen auf der Stelle in die Hocke. Wir rollten und lachten uns ganz lange kaputt. Seitdem ließ ich bewusst hin und wieder ein Stück Esrom im Alsterhaus mitgehen. Den pfefferte James immer schön bei Michael rein. Dem flog ja auch sonst alles Mögliche zu. Sein Vater verkaufte Bilder für drei- bis vierhunderttausend Mark pro Stück. Michael hatte keine Geldprobleme. Alles kam von Papi. Trotzdem trieb er sich in den armen Künstlerkreisen rum. Er mietete sein Studio zu Abrisspreisen. Dabei konnte er es sich leisten, in Eppendorf oder Blankenese zu wohnen. Dort gehörte er auch hin mit seiner cleanen Einrichtung. Weil ihm seine Bude zu abgewrackt war, hatte er sogar James ab und zu als Renovierer beschäftigt. Michael war einfach dekadent. Das kam aber nicht vom Vater. Hellmuth Katze hatte sich den Reichtum selbst erarbeitet. Der stand ihm also auch zu. Hellmuth Katze war wirklich ein guter Maler, der das Glück hatte, in den Kunstbetrieb aufgenommen worden zu sein. Michael hatte als Kind gesehen, wie Kuratoren, Galeristen, Museumsdirektoren im Atelier seines ganz normalen Vaters rein- und rausgingen und wie dieser Vater berühmt wurde, weil die Preise für seine Bilder völlig willkürlich in die Höhe gepusht wurden. Michael wollte genauso sein wie sein Vater. Er wollte es nicht werden, sondern er wollte von Anfang an so sein. Das bewies Michaels reflexionslose Idiotie. In der Schule war der Sohn natürlich nicht gut. Als Hellmuth Professor an der HaEfBeKa wurde, besorgte er Michael einen
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