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Hausverbot

Hausverbot

Titel: Hausverbot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariola Brillowska
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Leichenwagen und fuhr ihn raus. Die Schlachter schlossen die Garagentür zu. Gleich sollte alles von vorne beginnen. Gleich sollte ich Beata sehen. Ich dachte einen kurzen Moment darüber nach, ob ich diesem Trauerspiel doch noch entkommen konnte. Als die Garagentür geschlossen war, überlegte ich, einfach abzuhauen. Da öffnete sich die Tür schon wieder. Ich musste in den Gestank rein. Ich hielt die Hand vor den Mund und die Nase. Ich stellte mich vor den Sarg. Ich guckte mir den Leichnam an. Frau Kowalczuk hatte recht. Ich erkannte Beata nicht. Vor mir lag die Leiche einer Fremden. Diese dürre Gestalt war auf keinen Fall meine Schwester. Beata konnte doch nicht zwischen Weihnachten und Silvester so viel abgenommen haben. Auch das Gesicht gehörte nicht ihr. Das Einzige, was ich ohne Zweifel identifizieren konnte, war das rote Kleid, das diese Tote anhatte. Ich hatte es selber gestern erst gekauft. Da es mich davor gruselte, Beata zu waschen und anzuziehen, hatte ich das Kleid samt Accessoires dem Bestatter übergeben. Gegen extra Gebühren wurde der Leichnam von jemand hergerichtet, den der Bestatter angeblich bezahlte. Ich stellte mir vor, dass der Bestatter den Job aus Geiz selber erledigte. Er sprach mich dauernd auf jeden Krempel an, und dann sollte es wieder zusätzlich was kosten. Ich wusste schon ganz gut, warum ich einen Film über einen Totengräber machte. Weil das Bestattungsgeschäft zu den widerlichsten der Welt gehörte. Einer musste das mal laut sagen. Ich betrachtete den Hals von Beata. Ich stellte fest, dass die grüne Kette fehlte. Die Schlachter machten schon die Garagentür auf. Ich verließ schnell den Raum. Ich hielt den Geruch nicht mehr aus. Ich kotzte in die Ecke auf den Boden. Mit Tränen in den Augen ging ich durch die Seitentür raus. Auch hier stank es bestialisch nach Leiche. Ich hielt mir die Nase zu. Ich folgte dem Schlachterkittel durch einen langen Flur mit Metallschubladen in den Wänden links und rechts. In jeder dieser Schubladen weilte bestimmt eine Leiche. Alle Menschen, die in Danzig auf eine erzwungene Art starben, mussten hier reinpassen. Wir betraten ein Bürokabuff. Eine mit Pflastern beklebte, rote Hand legte mir ein Formular vor.
    - Wollen Sie die Kleidungsstücke der Toten mitnehmen oder sie ans Rote Kreuz spenden?
    - Was hatte sie denn an?
    - Hier steht’s, einen blutigen BeHa, einen zerrissenen Slip. Mehr nicht. Wollen Sie die Kleidungsstücke sehen?
    - Nein, ich spende.
    Ich unterschrieb alles, was der Kittel von mir verlangte. Hauptsache, ich kam aus diesem Leichenhaus so schnell wie möglich raus. Ich fragte auch nicht nach der grünen Kette und nicht nach den gestohlenen Organen.
    Acht Stunden später kamen wir in Hamburg an. Was für ein Tempo! Bisher hatte noch niemand diesen Rekord gebrochen. Autofahren an der polnischen Ostseeküste und sonst wo im Land war eine einzige Quälerei. Es gab so gut wie keine Autobahnen. Mit der durchschnittlichen Geschwindigkeit von fünfzig Kilometern die Stunde fuhr man ewig über die löchrigen Landstraßen, nirgends Wegweiser, durch lauter Käffer mit sonderbaren Namen. Aus deutscher Sicht konnte man das Reisen mit dem Auto in Polen einfach vergessen. Vielleicht gab James deswegen mit seinem Rekord wochenlang an, als hätte er wirklich was ganz Großes geschafft. Im Allgemeinen prahlte er unverhältnismäßig mit Sachen, die ich persönlich nie erwähnt hätte. Er guckte auch dauernd fern und plapperte alles nach, was er dort hörte. Seit fünf Jahren laberte er mir damit die Ohren voll. James nervte mich total. Wir lebten und arbeiteten zusammen, hatten aber intellektuell keinen Draht zueinander. Wir redeten immer nur von Geld und wo man es besorgen konnte. Die Ursache dafür lag auf der Hand. Wir hatten einfach zu wenig Kohle. Jeder konnte zwar erkennen, dass James der Vater unserer Tochter und dadurch mein Mann war. Aber die treibende Kraft der künstlerischen Projekte, die ich anstrebte, war ich selbst. ›Grabowski‹ wurde gerade fertig. Seitdem ich ihn produzierte, erhielt ich außerdem zwei Stipendien für Malerei, zeichnete wöchentlich eine Comic-Kolumne für die ›Hamburger Rundschau‹ und stellte in der Galerie Vorsetzen, im Kunsthaus Hamburg und auf einer Kunstmesse in Holland aus. Ich verkaufte Bilder, gab Interviews, schrieb Konzepte und Bewerbungen für Kunstpreise. In der Hamburger Kulturbehörde stellte ich notorisch Anträge auf Förderung. Mein Verhalten gegenüber dem Kulturbetrieb konnte man

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