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Hausverbot

Hausverbot

Titel: Hausverbot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariola Brillowska
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Einer benutzte immer das Bad. Sobald er es verließ, ging der Nächste rein. Die Klospülung lief ununterbrochen. In der Küche arbeiteten der Wasserkocher, der Elektroherd, die Waschmaschine und die Spülmaschine ohne Pause. Vier Männer saßen am Tisch, spielten Karten und rauchten.
    - Für wie lange hat euch Romek die Wohnung vermietet?
    - Für sechs Monate.
    - Seit wann?
    - Seit vorgestern.
    Einer der Kartenspieler baute sich vor mir auf. Er blätterte ein Fotoalbum mit lauter Nazis durch. Ich sollte sie mir ansehen.
    - Frau Brzozadrzewska, Ihr Bruder hat uns erzählt, dass Sie in Friedland waren. Gucken Sie mal die Fotos. Das sind meine Verwandten, die alle bei der Wehrmacht gedient haben. Glauben Sie, ich könnte deswegen die deutsche Staatsbürgerschaft kriegen?
    Meine Güte! Ich glaubte es nicht. Dieser Bengel protzte in den Emigrantenkreisen rum, als kennte er sich aus. Dabei hatte dieser Blödmann von nichts eine Ahnung.
    - Mein Bruder spinnt. Herrschaften, ihr müsst bis Ende des Monats ausziehen. Hier ist meine Telefonnummer. Ruft mich an, wenn mein Bruder auftaucht.
    Als ich zu Hause ankam, erzählte mir James, dass Romek vorhin zu Besuch gewesen wäre. Wie bitte? Ich dachte, Romek sei im Krankenhaus. Ich wollte ihn dort doch anrufen.
    - Was wollte er denn?
    - Er erkundigte sich nach Beata, ging zur Toilette, fragte noch im Weggehen, warum wir zwei Klokabinen hätten, ob wir beide benutzten, und verschwand.
    Warum wollte Romek das eigentlich wissen? Ich ahnte was. Ich ging aufs Klo. Ich spülte das Wasser in der ersten Kabine. Alles okay. Ich spülte das Wasser in der zweiten Kabine. Kam nichts. Verdammt. Dieser Idiot. Er hatte uns gerade um die Klospülung beklaut. Da fiel mir das nonstop laufende Wasser in der Toilette seiner Wohnung ein. Anscheinend war seine Klospülung kaputt. Er musste sie reparieren. Ich las die Briefe von der SAGA durch. Alles kam noch schlimmer. Romek hatte die Miete seit sieben Monaten nicht gezahlt. Die Wohnung war zum einunddreißigsten Januar gekündigt. Da hatte ich doch den polnischen Gastarbeitern genau das richtige Datum genannt. Schon immer hatte ich ein Händchen für Zeiten und Zahlen. Wer haute rechtzeitig aus Polen ab, kurz bevor der Kriegszustand ausgerufen wurde? Ich. Wer wusste immer sofort, wie spät es war und wie teuer? Ich. Man brauchte mich nur zu fragen. Verdammt, ich konnte das nicht abstellen. Ich wachte immer vor dem Wecker auf. Ich zählte immer die Leute im Raum. Ich rechnete immer alles zusammen. Am Ende hatte ich die Summe. Meine Schwester war tot. Mein Bruder sollte mir gestohlen bleiben. Meine Mutter kratzte ab. Mit meinem Vater wollte ich am liebsten nichts mehr zu tun haben. James belastete mich. Fünf wertlose Karten gegen zwei Trümpfe, die aus Gina und mir bestanden. Wie es aussah, musste ich alsbald anfangen, ganz schön zu pokern.
    Das Telefon klingelte. Am Apparat meldete sich Wawrzyniec Szczebrzeszynski. Er berichtete, dass mein Bruder kurz in der Wohnung gewesen sei. Er hätte die kaputte Klospülung ausgewechselt und sei wieder abgehauen. Seitdem seien aber seine Autoschlüssel verschwunden. Das Auto würde nicht mehr da stehen, wo er es zuletzt geparkt hätte. Er hätte die Karre gerade gestern verkauft. Die Versicherung liefe noch auf seinen Namen. Es wäre blöd, wenn mein Bruder mit dem Auto rumfahren und womöglich einen Unfall bauen würde. Wawrzyniec Szczebrzeszynski fragte, ob ich ihm raten würde, eine Diebstahlanzeige zu machen. Ich sagte: Warten Sie noch einen Tag damit! Bei der Gelegenheit. Die SAGA droht, falls das mit dem Auszug bis zum einunddreißigsten Januar nicht klappt, wird sie beim Gericht eine Räumungsklage gegen mich einreichen. Wawrzyniec Szczebrzeszynski meinte, mein Bruder hätte die Miete bereits für sechs Monate im Voraus kassiert.

XI
    Sechs Jahre später. Ich hörte ein ohrenbetäubendes Geklirre, das kein Ende nehmen wollte. Der Lärm kam von draußen. Gina und ich öffneten gleichzeitig die Fenster, sie in ihrem, ich in meinem Zimmer. Wie bereits einige der Anwohner in unserem und in den benachbarten Häusern steckten auch wir die Köpfe langhalsig raus. Fasziniert schauten wir einem bedrohlichen Schauspiel zu, das sich auf der Straße ereignete. Ein Sondereinsatzkommando aus zehn Bullen in eindrucksvollem Rüstzeug schlug unten im Haus alle Fenster und Türen kaputt. Die gepolsterten Männer bahnten sich unter Einsatz von Metallstangen den Weg ins Souterrain, wo die obskure Gaststätte ›Rendezvous‹

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