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Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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Kopf und presste die Hände erneut auf die Ohren.
    »Es ist die Wahrheit«, sagte er und strahlte sie an. Er hatte die Arme noch immer ausgebreitet.
    »Ich glaube dir nicht.« Sie schüttelte so heftig den Kopf, dass ihr Schädel knackte.
    »Dann sieh mal her.« Er nahm ein Blatt Papier aus einer Ablage auf seinem Schreibtisch und reichte es ihr. Dann setzte er sich wieder hin und schaute ihr, das Kinn auf die Hand gestützt, beim Lesen zu.
    Bella überflog das Blatt. Dann ließ sie es zu Boden flattern und hob ganz langsam den Kopf. In ihrer Miene spiegelte sich unverhohlenes Entsetzen.
    »Ich sehe schon, du wirst ein bisschen Zeit brauchen, um das zu verdauen«, sagte Stephen lächelnd. »Natürlich. Aber, mein Schatz, mein Mädchen – es ist die Wahrheit. Es ist eine unumstößliche Tatsache. Und je eher du dich damit abfindest, desto besser für alle Beteiligten.«
    »Und was ist mit Marcus?«
    »Was ist mit ihm?« Stephen hob das Blatt auf.
    »Weiß er davon?«
    »Noch nicht.«
    »Und Mum?«
    Erneut brach Stephen in Gelächter aus. »Was glaubst du denn? Sie ist hier bei mir, oder etwa nicht? Schau mal –« Er nahm ihre Hände und hielt sie zwischen seinen eigenen gefangen. »Ich habe euch eine geordnete Kindheit ermöglicht; ich habe mich im Hintergrund gehalten. Aber ich wusste immer, dass dieser Tag irgendwann kommen würde.«
    »Ich muss zu Mum.«
    »Sie wacht bestimmt bald auf.«
    »Ich will jetzt sofort zu ihr.« Bella zog ihre Hände aus seinem Griff, stand auf und wollte gehen. Als er einen Satz in ihre Richtung machte, um sie aufzuhalten, wich sie aus und trat ihm gegen das Schienbein. Dann wirbelte sie herum und stürzte aus dem Arbeitszimmer zur Treppe.
    Draußen bellte Hund wie von Sinnen.
    »Bella«, sagte Sean von seinem Beobachtungsposten neben dem Wohnzimmerfenster aus. Er hatte sich flach gegen die Wand gedrückt. »Olly ist hier.«
    »Sorg dafür, dass Jack unten bleibt«, wies Bella ihn an. Dann flog sie förmlich die Treppe hinauf. Oben rannte sie den Flur entlang bis zu dem Zimmer, das über dem Arbeitszimmer lag. Sie entriegelte das Schloss am Türknauf und stieß die Tür auf.
    Ihr war, als fände sie sich urplötzlich am Rand eines Abgrunds wieder; sie schwankte, wie gelähmt von dem, was sie sah. Auf dem Bett lag, mit gespreizten Armen und Beinen, eine Frau. Ihr linkes Bein war in einem unnatürlichen Winkel abgeknickt, ihr nackter Körper voller Schrammen und Blutergüsse, ihr Blick wild. Es dauerte einen Moment, bis Bella sie als ihre Mutter erkannt hatte.
    »Bella, hilf mir!«, flehte sie heiser, während sie sich ein weiteres Mal aufbäumte und dann zurück auf die Matratze fallen ließ. »Hilf mir!«
    Ohne einen Gedanken, ohne ein Wort stürzte Bella zum Bett, um nachzusehen, wie die Ketten befestigt waren. Ein entsetzter Aufschrei ihrer Mutter ließ sie innehalten. Stephen stand im Türrahmen. Sein Gesicht war tränenüberströmt, und in der Hand hielt er das Gewehr.
    »So sollte es doch nicht ablaufen«, schluchzte er.
    Bella stellte sich zwischen ihn und ihre Mutter. Er fiel vor ihr auf die Knie.
    »Bitte, vergib mir«, flehte er. »Ich wollte nicht, dass es so kommt.« Er senkte den Kopf auf seine Faust, als würde er beten. Dann richtete er sich blitzschnell auf und packte Bella am Arm. »Bitte, sag mir, dass wir die Situation noch retten können. Ein Stück zurückspulen. Das Ganze neu schneiden?« Unter Tränen lächelte er zu ihr hoch. »Meine Tochter?« Er streckte die andere Hand aus und fasste Laras Bein, so dass diese vor Schmerzen aufschrie. »Meine Frau?«
    »Jack, komm zurück!«, rief Sean aus dem Flur.
    »Mummy?«
    Jack stand mit offenem Mund im Türrahmen. Sean, der ihn im selben Augenblick eingeholt hatte, erfasste die Situation sofort und stürzte sich mit einem Hechtsprung auf Stephen, um ihn von den zwei Frauen zu trennen.
    »Schaff ihn hier raus!«, kreischte Lara. »Bella, bring Jack hier raus!«
    Bella schlug einen Haken um die zwei Männer, riss ihren Bruder in die Arme und rannte, nein, fiel beinahe die Treppe hinunter.
    »Du kommst sofort zurück!«, brüllte Stephen, der Sean abgeschüttelt hatte, vom oberen Treppenabsatz aus. Erneut warf Sean sich auf ihn, aber diesmal gelang es Stephen, dem Angriff auszuweichen, so dass Sean kopfüber die Stufen hinunterstürzte.
    »Sean!«, schrie Bella.
    »Mir geht’s gut«, rief er zurück und rappelte sich auf. »Lauf einfach. Ich lenke ihn von deiner Mutter ab.«
    Die Waffe in der Hand, kam Stephen die

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