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Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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dem Gürtel seiner Hose und einen Streifen glatte braune Haut unterhalb seines T-Shirt-Saums.
    »Bist du aus New York?«, fragte Bella und wickelte sich eine Haarsträhne um den Zeigefinger.
    Auf der anderen Seite des Ladens beugte sich das Mädchen über den Tresen und prustete. »Hätte er wohl gerne! Er hat sein ganzes Leben hier in unserem Kaff verbracht. Stimmt’s, Sean?«
    »Ja, so ist es leider«, bestätigte er und reichte Jack ein Eis, das fast so groß war wie dessen Kopf. »Aber ich bin trotzdem ein bisschen rumgekommen. Im Gegensatz zu gewissen anderen Leuten, Charlotte«, fügte er hinzu und begleitete Bella und Jack zur Kasse, um zu bezahlen. Jack trug sein Eis vor sich her wie ein Laserschwert.
    »Ich heiße Charley, du Schwuchtel«, sagte das Mädchen nicht unfreundlich.
    »Du musst meine Freundin entschuldigen«, erklärte Sean. »Es mangelt ihr ein bisschen am nötigen Respekt, weil wir zwölf Jahre lang zusammen zur Schule gegangen sind.«
    »Die zwei Freaks des Jahrgangs. Das macht dann eins fünfzig, der Herr. Sie haben fünf Dollar.« Charley nahm den Schein, den Bella Jack gegeben hatte, weil der immer darauf bestand, selbst zu bezahlen.
    »Kommt ihr heute Abend zur Party?«, erkundigte sich Sean.
    Bella nickte. Ihr Magen schlug einen Purzelbaum.
    »Hier ist der Rest.« Charley gab Bella das Wechselgeld in die Hand. Dabei hatte sie die Augenbrauen so stark hochgezogen, dass sie fast unter ihrem kurzen, strubbeligen Pony verschwanden.
    »Dann bis heute Abend.« Sean berührte Bella leicht an der Schulter, als sie ging.
    »Ja, klar«, sagte sie.
    Auf einmal war Trout Island ein kleines bisschen interessanter geworden.

10
    L ara versuchte, an ihrem Businessplan zu arbeiten, aber es mangelte ihr an der richtigen Motivation. Bei allem, was sie schrieb, hatte sie das Gefühl, nur leeres Stroh zu dreschen. Gab es irgendwann im Leben einen Punkt, ab dem man reif genug war, um zu wissen, wo man hinwollte? Oder stolperten alle anderen auch nur blindlings von einer Sache zur nächsten, so wie es bei ihr der Fall zu sein schien?
    Am Ende verbrachte sie ihre kostbare freie Stunde damit, in der brütenden Hitze des Wohnzimmers mit einem Arm über den Augen auf dem staubigen Sofa zu liegen. Sie fragte sich, wo sie für den bevorstehenden Abend – die Premiere und anschließend die Party – die Kraft hernehmen sollte. Vielleicht würde eine Ibuprofen helfen. Oder ein, zwei Gläschen Wein? Nur damit sie ein bisschen in Schwung kam? Normalerweise hätte sie nicht im Traum daran gedacht, tagsüber zu trinken, allerdings signalisierte ihr Körper, dass in England schon bald die Sonne unterging. Insofern konnte sie vielleicht dieses eine Mal eine Ausnahme machen.
    Während sie auf dem Sofa lag und gegen den Drang ankämpfte, aufzustehen und sich einen Drink einzuschenken, rang sie gleichzeitig mit ihrer Wut auf Marcus. Ganz abgesehen von dem Vorfall mit dem Kleid, aus dem sie angeblich »hervorquoll«, machte es sie rasend, dass er an seinem letzten freien Tag einfach nur so herumgammelte. Sie holte tief Luft und rief sich ins Gedächtnis, dass er nicht nur elf Jahre älter war als sie, sondern auch von Natur aus weniger Energie hatte und sie folglich nicht so hart mit ihm ins Gericht gehen durfte. Andererseits war es schwer vorstellbar, wie man noch weniger Energie haben konnte als sie in diesem Moment. Es sei denn, man hatte keinen Puls mehr.
    Sie erhob sich mit einem Ruck vom Sofa und musste warten, bis das Schwindelgefühl nachließ, weil sie zu hastig aufgestanden war. Dann ging sie in die Küche, um sich ein Wasserglas voll Yellowtail Merlot aus der großen Flasche einzugießen, die sie am vergangenen Abend nicht ganz geschafft hatten. Damit kehrte sie zum staubigen Sofa zurück, streckte sich lang aus und freute sich über die sofortige Entspannung, die der Alkohol dem harten Knoten in ihrem Nacken bereitete.
    Der kühne, verwegene Marcus, dem sie vor siebzehn Jahren begegnet war, hatte vor Kraft und Elan nur so gestrotzt. Er war charmant gewesen, humorvoll, fürsorglich und vor allem wild entschlossen, sie zu erobern. Wann immer sie jetzt ihre bildhübsche Tochter ansah, wurde ihr bewusst, was für eine Ausstrahlung sie früher besessen haben musste, ohne es zu ahnen, und welche Macht sie damit über ihn gehabt hatte. Es stimmt wirklich, dachte sie: Die Jugend ist an die Jungen verschwendet.
    Sie war beliebt gewesen unter den Schauspielern, die das Dirty Duck frequentierten, und nach Schichtende hatte

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