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Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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sie zu holen, aber es war so heiß, und sie hatte Jack dabei, und irgendwie kam ihr das alles zu mühselig vor. Außerdem war sie total erledigt. Wäre ihre Uhrzeitberechnung vorhin nicht gewesen, dann hätte sie keinen blassen Schimmer gehabt, ob es vormittags oder abends war. Dieses Gefühl wie kurz vor dem Stoned-Sein, das war dann wohl der Jetlag. Nicht gerade angenehm.
    »Da, Bella, Eis!« Im nächsten Schaufenster hatte Jack ein Eiscremeplakat entdeckt. Der Laden sah wie eine ziemliche Bruchbude aus, die Holzfassade war verschmutzt und ungestrichen, aber über der Eingangstür prangte, in seltsamem Kontrast zum Rest, der rote Neon-Schriftzug »Deli«. Bei dem Wort musste Bella automatisch an die kleinen Feinkostläden in der North Laine von Brighton denken, die sündhaft teuren Parmaschinken und Büffelmozzarella verkauften. Beim Betreten des Ladens allerdings stellte sie rasch fest, dass dieser »Deli« nicht nur außen, sondern auch innen meilenweit davon entfernt war. An einer Wand des schlauchartigen, dunklen und staubigen Ladens stand eine riesige Kühltruhe, in der ein paar nach Plastik aussehende Schinken und riesige Käsequader lagen. Der restliche Raum wurde von fünf langen Regalen eingenommen, auf denen eine magere Auswahl nicht verderblicher Lebensmittel stand.
    »Na, wie geht’s?«, kam eine Stimme aus dem Halbdunkel hinter dem Tresen.
    Bella konnte nicht heraushören, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte. Sobald sich ihre Augen von der grellen Sonne draußen auf das schummrige Licht im Laden umgestellt hatten, musterte sie die Person, die gesprochen hatte. Danach war sie aber auch nicht viel schlauer.
    »Danke, gut«, antwortete sie. »Und Ihnen?«
    »Auch gut«, erwiderte die Person, neigte ihren – oder seinen – Kopf zur Seite und verzog einen ihrer – oder seiner – Mundwinkel zu einem Lächeln. Bella kam zu dem Schluss, dass es sich um ein Mädchen handeln musste, das etwa in ihrem Alter war.
    »Habt ihr Eislollis?«, erkundigte Bella sich.
    Das Mädchen lachte wie ein alter Wasserhahn mit einem Luftsack in der Leitung. »Ob wir was haben?«, fragte sie, als sie wieder zu Atem gekommen war.
    »Eislollis. Du weißt schon.« Bella tat so, als würde sie an einem Eis lecken.
    »Ach, du meinst Eis am Stiel.« Das Mädchen sprach mit ihr, als wäre sie zurückgeblieben. »Woher kommst du denn, mit so einem Akzent?«
    »Aus England.«
    »Seid ihr die englische Familie vom Theater? Die, die im Larssen-Haus wohnt?« Bei dem Wort »Larssen« verzog das Mädchen das Gesicht.
    »Woher weißt du das?«
    »Spricht sich so rum.«
    »Ich hab’s ihr gesagt«, kam eine Stimme von irgendwoher aus den Tiefen des Ladens. Eine Gestalt tauchte hinter einem der staubbedeckten Warenregale auf, den Arm voller Coke-light-Flaschen.
    Es war der schönste Junge, den Bella je gesehen hatte.
    »Du bist Bella, oder?«, fragte er und lehnte sich gegen das Regal. Der Blick seiner unglaublich blauen Augen ruhte auf ihr.
    »Ja.« Bella hoffte, dass die Röte, die ihr in die Wangen schoss, in ihrem erhitzten Gesicht nicht zu sehen sein würde – obwohl sie sich gleichzeitig wünschte, ihr Gesicht wäre nicht ganz so erhitzt.
    »Ich bin Sean«, stellte er sich vor, lud seine Last auf dem Tresen ab und hielt ihr die Hand hin. »Ich mache ein Praktikum im Theater. Helfe James ein bisschen aus. Ich musste los, Proviant holen.« Er nickte in Richtung der Colaflaschen.
    »Hi«, sagte Bella und wäre bei dem elektrischen Schlag, den sie bekam, als sich ihre Hände berührten, fast zusammengezuckt. Einen Augenblick lang gab sein Blick ihr das Gefühl, in der Luft zu schweben.
    »Eis!« Jack zerrte an Bellas Rock.
    »Warte, kleiner Mann, ich helfe dir.« Sean führte sie beide zu einer uralten Gefriertruhe mit Schiebedeckel. Er hob Jack hoch, damit er sich ein Eis aussuchen konnte.
    »Ihr seid gerade erst angekommen, oder?« Sean drehte sich zu Bella um. Sie war sich nicht ganz sicher, aber war er nicht auch rot geworden?
    »Ja.«
    »Und, gefällt’s dir?«
    »Was?«
    »Der Ort. Trout Island.«
    »Scheint ganz nett zu sein. Ein bisschen ruhig …«
    »Wenn die Vorstellungen erst mal anfangen, ist mehr los.«
    »Ich will so eins da!« Jack zeigte auf einen Karton in den tiefsten Tiefen der Truhe, außerhalb seiner Reichweite.
    »Alles klar«, sagte Sean. Er stellte Jack auf dem Boden ab und angelte das gewünschte Eis aus der Truhe. Als er sich vorbeugte, sah Bella das weiße Bündchen seiner Boxershorts über

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