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Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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zwinkerte Bella ein weiteres Mal zu, woraufhin diese rot wurde.
    »Oh, oh, ohhh …« Das Natalie-Wood-Double gab eine langgezogene, opernartige Imitation eines Orgasmus zum Besten.
    »Das reicht jetzt, junge Nancy«, sagte Betty. »Wenn es gut genug für Dame Nellie Melba war, dann ist es mit Sicherheit auch gut genug für unsere June.«
    »Wer ist Dame Nellie Melba?«, wollte Olly wissen. Selbst wenn er sich an dem Geplänkel hätte beteiligen wollen, wäre er auf verlorenem Posten gewesen. Er verstand kaum ein Wort.
    »Erzähle ich dir später«, sagte Lara.
    »Sind Sie alle fertig?« Leanne räumte die Teller der Waylands ab. »Hat Ihnen der Makkaronisalat nicht geschmeckt?«
    »Er war sehr lecker«, log Lara. »Ich hatte bloß keinen großen Hunger.« Ihr fiel auf, dass auch Olly sein Essen kaum angerührt hatte, was wirklich verwunderlich war. Die Hitze musste ihm auf den Appetit geschlagen sein.
    »Das macht doch nichts, meine Liebe«, sagte Leanne. »Also. Kann ich Ihnen noch einen Nachtisch bringen? Wir haben Apfel-, Kirsch- oder Blaubeerpie, wahlweise mit oder ohne Schlagsahne oder Eiscreme. Erdbeer, Schokolade oder Vanille.«
    »Trout Island, gib mir fünf!« Tony hob den Arm, und Olly schlug ein.
    »Kein Dessert fürs Ensemble!« James erhob sich und klatschte in die Hände. »Ihr habt genau noch zehn Minuten, meine Damen und Herren, bevor es zurück ins Theater geht. Zu Schande oder Ruhm!«
    Die Frau mit der ockerfarbenen Schirmmütze ganz hinten stand auf und ging zum Tresen, wo sie ihre Rechnung bezahlte. Lara erhaschte nur einen kurzen Blick auf ihr Gesicht, als sie sich zum Gehen wandte – es wurde größtenteils von der Mütze, einer riesigen Schildpattsonnenbrille und einem braun-türkis gewürfelten Seidentuch verborgen.
    »Wer ist das?«, wandte sie sich flüsternd an Betty, als die Frau zur Tür ging.
    »Keine Ahnung. Ich sehe sie zum ersten Mal.«
    Und doch meinte Lara die Andeutung eines Runzelns auf Bettys Make-up-verkleisterter Stirn wahrzunehmen, während sie der Frau hinterherschaute, bis die gläserne Tür des Diners hinter ihr ins Schloss gefallen war.

18
    N ach dem üppigen Mittagessen legte Marcus Jack zum Schlafen hin. Mit ein wenig Überredung gelang es Lara, Olly und Bella zur Hilfe beim Hausputz zu bewegen. Am frühen Nachmittag war jede Oberfläche im Erdgeschoss gründlich gewischt und der Flurteppich entfernt worden.
    »Stellt euch nur mal die ganzen abgestorbenen Hautschuppen vor, die da drinhängen«, sagte Bella, als sie ihn hochhoben und dabei eine stinkende Staubwolke freisetzten.
    »Und die Hundekacke, die da reingetreten wurde«, ergänzte Olly.
    »Und die Babypisse.«
    »Vielen Dank, Kinder«, sagte Lara, die gerade versuchte, den festklebenden fleckigen Mittelteil vom Boden abzukratzen. Ein fäkaler Geruch stieg von dem Fleck auf. Irgendwann wurde er so schlimm, dass sie würgen musste. Hustend stürzte sie nach draußen auf die Veranda.
    »Frauen sind ja so sensible Geschöpfe«, stellte Olly fest und machte dort weiter, wo seine Mutter aufgehört hatte. Nun, da es etwas Ekliges zu tun gab, schien sich seine Laune deutlich gebessert zu haben.
    »Wascht euch hinterher auf jeden Fall gründlich die Hände.« Lara hielt sich ein Stück Küchenkrepp vor die Nase, als sie zurückkam, um die Entfernung des Teppichs zu überwachen.
    »Mann, ich frag mich, was das für ein Fleck war«, sagte Bella naserümpfend.
    »Das möchte ich gar nicht wissen«, gab Lara zurück.
    »Ich wette, hier wurde jemand ermordet«, sagte Olly.
    »Hör auf«, bat Bella.
    »Nee, ist doch klar. Blut wird ganz dunkel, wenn es trocknet.«
    »Mum, sag ihm, er soll aufhören.«
    »Oll, hör bitte auf damit. Du machst deiner Schwester Angst.«
    »Die Arme«, sagte Olly.
    Die Zwillinge halfen Lara dabei, den stinkenden Teppich in den Garten zu tragen, wo sie ihn in die hinterste Ecke warfen. Damit die beiden sich nicht ins Gehege kamen, teilte sie Bella danach das Badezimmer und Olly den Flur im ersten Stock zum Putzen zu. Dann ließ sie sich auf alle viere nieder und schrubbte den vom Teppich befreiten Fußboden mit Bleiche, bis ihr von den Dämpfen schwindlig wurde. Während der Arbeit fragte sie sich, ob Olly mit seiner Vermutung über den Ursprung des Flecks nicht vielleicht recht hatte. Sie hatte vom ersten Moment an das Gefühl gehabt, dass etwas mit dem Flur nicht stimmte. Wenn sie ihn durchqueren musste, beeilte sie sich immer besonders, und dabei standen ihr jedes Mal die Nackenhaare zu Berge.

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