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Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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Boden aus festgestampfter Erde war ungefähr so groß wie eine Doppelgarage. Als Decke dienten die Dielenbretter im Erdgeschoss, die Wände waren aus demselben rauen Stein gemauert wie die Kamineinfassung im Wohnzimmer. In der Mitte des Raums stand auf einem schmutzigen Teppich ein alter, abgewetzter Sessel, daneben ein niedriger Tisch mit einem benutzten Glas nebst Teller. Als Lara zum Tisch trat, um ihn sich näher anzuschauen, fand sie uralte Krümel auf dem Teller und fettige Fingerabdrücke am Glas, an dessen Boden sich rötliche Kristalle abgelagert hatten, als wäre ein Getränk stehen gelassen worden und langsam in der abgestandenen Luft verdunstet. An der hinteren Wand stand ein kleines Bett mit löchrigen Decken. Es sah aus, als sei gerade erst jemand daraus aufgestanden. Ins Mauerwerk waren mehrere Haken geschlagen, an denen Werkzeuge hingen: eine Schaufel, eine rostige Säge, mehrere Hämmer sowie eine große Axt. An einem in die Wand eingelassenen Eisenring waren zwei Ketten befestigt, die sich über den Boden bis zum Bett schlängelten. An den Kettenenden hing etwas, das wie Hand- und Fußfesseln aussah. Der ganze Keller stank nach Grab.
    Auf Laras Armen breitete sich eine Gänsehaut aus. Sie fuhr herum und wollte zurück nach oben fliehen, stieß dabei aber mit der Schulter gegen ein niedriges Regal, das sie zuvor nicht gesehen hatte. Ein Einmachglas fiel herunter, zersprang auf dem Boden und bespritzte ihre Beine mit gräulichem essigsaurem Gurkenwasser.
    Der plötzliche Knall und die Nässe schnürten ihr die Kehle zu, und wie im Flug trugen ihre Beine sie die Treppe hinauf. Schneller, als sie je für möglich gehalten hätte, stürzte sie aus dem Verschlag und in Richtung Haustür.
    »Was ist denn hier los?« Marcus stand auf dem Treppenabsatz im ersten Stock, noch ganz zerzaust vom Schlaf. Der Eingriff seiner Boxershorts klaffte obszön auseinander.
    »Da unten ist ein ganz furchtbarer Keller«, sagte Lara, ließ sich gegen die Wand sinken und versuchte zu atmen.
    »Ein ganz furchtbarer Keller?« Schmunzelnd kam Marcus die Treppe heruntergepoltert und spähte durch die Tür. Ein säuerlicher Geruch hatte sich mit dem Friedhofsgestank vermischt und schwebte die Kellertreppe herauf.
    »Du liebe Zeit. Das ist ja wie bei The Evil Dead «, stellte Marcus fest. »Du bist doch nicht etwa da runtergestiegen, oder?«
    Lara nickte. »Leider.« Sie erzählte ihm von den Werkzeugen, den Haken, dem Bett und dem Stuhl.
    »Ich sag dir was.« Marcus drückte die Kellertür fest zu. »Ich besorge mir einen Hammer und Nägel aus dem Theater, und wir nageln die Tür zu, dann kommt niemand mehr rein. Oder raus …« Er flatterte mit den Händen in der Luft herum wie ein Vincent-Price-Vampir.
    »Nicht.« Lara erschauerte.
    »Im Ernst, Lara. Mach dir keinen Kopf. Das ist nur ein Keller mit einem Haufen Gerümpel. Na komm, altes Haus. Wir sollten Jackys Mittagsschlaf ausnutzen und zusammen auf der Veranda eine Tasse Tee trinken. Geh schon mal vor und setz dich, ich bringe den Tee dann raus.«
    Vielleicht war es ein Zeichen dafür, dass sie schon zu lange verheiratet waren, dass ihr allererster Gedanke angesichts einer ungestörten halben Stunde war, es sich mit einer schönen Tasse Tee gemütlich zu machen, aber nach ihrem anstrengenden Tag freute sich Lara über die unerwartet nette Geste.
    Sie ging auf die Veranda hinaus und ließ sich auf der quietschenden alten Hollywoodschaukel nieder. Ihr war, als hätte sich der Dreck, den sie aus dem Haus entfernt hatte, unter ihrer Haut eingelagert wie eine Tätowierung, die jetzt ihr Blut vergiftete. Statt zu Stephen zum Abendessen zu fahren, hätte sie lieber einen gemütlichen Abend zu Hause verbracht, mit den Kindern auf dem Sofa gesessen, eine DVD angeschaut und den Tag unter Zuhilfenahme von Rotwein aus ihrem Gedächtnis gelöscht.
    Sie ließ den Kopf nach vorn fallen und drehte ihn sanft hin und her, um die Verspannung zu lösen, die sie vom vielen Schrubben in gebückter Haltung bekommen hatte.
    In Wahrheit wollte sie nur nicht mit dem konfrontiert werden, was in ihrem Kopf vorging. So war sie nun mal gestrickt, und das wusste sie auch. Morgens joggen und abends nach zu viel Wein todmüde ins Bett fallen – das war ihre Art, existenziellen Fragen aus dem Weg zu gehen. Sie bevorzugte ein ruhiges Leben.
    Doch nach dem Wiedersehen mit Stephen war nichts mehr so einfach. Sie hatte in der Mitte eines sicheren, wenngleich ausgetretenen Rasens gestanden, und nun befand sie

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