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Hautnah

Hautnah

Titel: Hautnah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Crouch
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Marcus um. »Noch Wein?«
    Als sie sich endlich zum Abendessen hingesetzt hatten, war die Sonne bereits hinter den bewaldeten Hügeln verschwunden und hatte eine spinnwebfeine Dunkelheit im Haus hinterlassen. Stephen schaltete gedämpftes Licht ein und zündete auf dem Tisch Kerzen an. Dann öffnete er die Fenster, damit die Luft, die sich durch das heraufziehende Gewitter abgekühlt hatte, durch den Raum wehen konnte. Sie brachte den harzigen Geruch erhitzter Baumstämme mit, und Lara fühlte sich in dem hohen Raum wie in einer Kathedrale, nachdem das Weihrauchfass geschwenkt worden war. Der niedrige Luftdruck allerdings machte sie benommen, als wäre sie kurz davor zu implodieren.
    Stephen servierte das Gulasch. Das Rotwild dafür habe er selbst geschossen und präpariert, sagte er. Vielleicht erklärt das die Pistole, dachte Lara. Aber benutzte man zum Jagen nicht normalerweise ein Gewehr? Als die Teller herumgereicht wurden, flackerte das Licht im Haus, und von draußen hörten sie nicht allzu weit entfernt ein tiefes Grummeln, das die Gläser auf dem Tisch erzittern ließ.
    »Jetzt dauert es nicht mehr lange«, sagte Stephen.
    »Wie ist es, wenn man so berühmt ist?«, wollte Olly wissen, als er sich über sein Gulasch hermachte.
    »Olly«, mahnte Marcus und ließ sich von Stephen sein Glas auffüllen.
    »Nein, das ist eine gute Frage, Olly.« Stephen setzte sich und stützte die Ellbogen auf den Tisch. »Es ist nichts, was ich jemals gewollt oder gar geplant hätte. Es ist einfach so passiert. Als Schauspieler sagt man normalerweise nicht nein, wenn man einen Job angeboten bekommt. Man hat nie wirklich die Kontrolle darüber. Meine Arbeit hat mich eben in diese Richtung geführt. Natürlich habe ich gutes Geld damit verdient, und ich kann mir jede nur erdenkliche Bequemlichkeit leisten, aber dafür habe ich auch einen hohen Preis bezahlt. Ihr könnt viele Sachen tun, die für mich inzwischen unvorstellbar sind. Ich kann zum Beispiel nicht einfach einkaufen oder spazieren gehen oder in ein Flugzeug steigen. Es ist ein goldener Käfig, wenn man so will.«
    »Das stimmt. Um deine Art von Berühmtheit habe ich dich nie beneidet«, pflichtete Marcus ihm bei und spuckte dabei ein Stückchen halbzerkautes Reh auf den Tisch.
    Lügner, dachte Lara. Berühmt zu sein wie Stephen Molloy war genau das, wonach Marcus sich sein ganzes Berufsleben lang verzehrt hatte. Er hatte Schauer der Erregung verspürt, wann immer ihn die Leute nach seiner Rolle in EastEnders auf der Straße angehalten hatten. Er konnte sich nichts Schöneres vorstellen, als dass in aller Öffentlichkeit auf ihn gezeigt wurde.
    »Ich bin viel glücklicher als freischaffender Theaterschauspieler«, fuhr Marcus fort und schaufelte sich noch eine Gabel voll Gulasch in den Mund. Er lallte bereits ein wenig und zog die Wörter beim Sprechen zusammen, so wie immer, wenn er auf den Zustand ausgelassener Trunkenheit hinsteuerte, der für ihn typisch war. Lara fluchte im Stillen. Sie hätte es besser wissen müssen und nicht davon ausgehen dürfen, dass er sich verantwortungsbewusst verhalten würde. Sie selbst hatte definitiv auch zu viel getrunken, um noch Auto fahren zu können. Jetzt saßen sie hier, und keiner von ihnen war in der Lage, dafür zu sorgen, dass ihre Familie für die Nacht sicher nach Hause und ins Bett kam. Und zu allem Überfluss zog auch noch ein Gewitter auf.
    »Hört mal«, sagte Stephen, der ihre Gedanken gelesen zu haben schien. »Wenn ihr wollt, könnt ihr auch gerne über Nacht hierbleiben. Dann können wir uns einen gemütlichen Abend machen. Ich habe vier Gästezimmer, und die Betten sind gemacht. Von hier aus nach Trout Island zurückzufinden ist am helllichten Tag schon schwierig genug. Im Dunkeln und noch dazu bei Gewitter – es soll übrigens die ganze Nacht andauern, hat der Wetterbericht gesagt – werdet ihr am Berg endlos im Kreis herumfahren. Ganz zu schweigen von der Gefahr durch umstürzende Bäume.« Er stand auf und holte erneut die Weinflasche.
    »Ich weiß nicht recht –«, begann Lara.
    »Das wär cool!«, rief Olly.
    »Aber –«, sagte Bella.
    »Danke, Mann.« Marcus legte den Arm um Stephen, während dieser ihm nachschenkte. »Wenn ich ganz ehrlich sein soll, habe ich schon ein bisschen zu viel intus. Und die Probe fängt erst um zwei an.«
    »Ich muss morgen aber um zehn zurück sein«, zischte Bella ihrer Mutter zu.
    Stephen schenkte Marcus ein Lächeln. »Keine Ursache. Es ist einfach so schön, euch

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