Havanna für zwei
um den Hals und drückte ihn fest.
Er ließ seine Tasche fallen und erwiderte die Umarmung.
»Du hast es geschafft!«, juchzte Emma und sah ihn liebevoll an.
»Ja. Danke, Emma!«
Sie konnten den Blick nicht voneinander wenden. Die Wiedersehensfreude war so überwältigend, dass es ihnen vorerst reichte, sich nur anzuschauen.
»Komm«, sagte Emma und hakte sich bei ihm unter. »Heute ist ein schöner Tag. Erzähl mir von deiner Reise. Ist alles gut gegangen?«
Wie zwei aufgeregte Teenager, die sich in ein großes Abenteuer stürzen, traten sie in den Sonnenschein hinaus und unterhielten sich die ganze Zeit, während Emma den grünen Mini über die M1 und die M50 steuerte.
»Die Straßen sind sehr gut.«
»Es würde dir das Leben in Kuba erleichtern, wenn ihr Autobahnen hättet wie wir.«
»Und dieses Land ist so sauber!«
Emma zuckte mit den Achseln. »Jetzt ja, aber das war nicht immer so.«
»Es ist erstaunlich!«
»Bist du sehr müde?«
»Nein, ich habe im Flugzeug viel geschlafen.«
Stolz fuhr Emma in die Einfahrt ihres bescheidenen zweistöckigen Bungalows und sah, dass Felipe staunte.
»Du hast aber ein großes Haus, Emma! Nur für dich und deinen Sohn?«
Vor ihrer Kuba-Reise hatte Emma vieles für selbstverständlich gehalten, doch jetzt wusste sie den Komfort, an den sie gewöhnt war, zu schätzen.
»Ja, Felipe, nur für uns beide.«
Sie stellte den Wagen ab und beobachtete amüsiert, wie er alles bestaunte.
Er folgte ihr in die Küche, wo sie den Wasserkocher anschaltete.
»Möchtest du einen Kaffee?«
»Gern.«
Emma war darauf eingestellt. Sie wusste noch, wie viel Kaffee er in der kurzen Zeit, in der sie zusammen gewesen waren, getrunken hatte.
»Wo ist denn dein Junge?«
»Ach, der ist beim Golfunterricht.«
»Hoffentlich störe ich ihn nicht.«
»Natürlich nicht, Felipe. Er freut sich schon, dich kennenzulernen«, schwindelte sie so überzeugend wie möglich. »Du triffst ihn heute Abend. Aber heute Nachmittag zeige ich dir erst mal die Gegend. Da ist ein wirklich schönes Pub namens Summit Inn, und heute ist das Wetter perfekt, um draußen zu sitzen und den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen.«
Felipe zuckte mit den Achseln. »Das wäre schön. Ich würde gerne mit dir rumfahren, aber dürfte ich erst schnell duschen?«
»Natürlich! Wie unhöflich von mir. Ich zeige dir das Bad, während das Kaffeewasser heiß wird.«
Sie führte ihn nach oben. »Das hier ist mein Zimmer«, erklärte sie, als sie am ersten Raum auf der linken Seite vorbeikamen. Sie blieben kurz auf dem Treppenabsatz stehen. Über die Schlafarrangements hatten sie noch nicht gesprochen, aber beide ahnten, dass sie später gemeinsam bei ihr landen würden.
Emma holte ein sauberes Handtuch aus dem Wäscheschrank und reichte es Felipe.
»Bitte schön. Das Bad ist gleich da drüben. Ich warte so lange unten.«
»Danke«, antwortete er, und wieder sahen sie sich intensiv an.
Die Aufregung des Wiedersehens überwältigte Felipe. Er sehnte sich danach, sie an Ort und Stelle in die Arme zu nehmen, wie er es sich in Kuba erträumt hatte. Aber wenn es so weit war, sollte alles perfekt sein. Schließlich war sie Witwe und musste mit Respekt behandelt werden.
Emma lächelte ihn an und ging wieder nach unten. Kurze Zeit später gesellte sich Felipe, der in einem frischen schwarzen T-Shirt und einer Jeans zum Anbeißen aussah, zu ihr.
Nach dem Kaffee sprangen sie wieder in den Wagen, und während sie die Carrickbrack Road entlangrauschten, erteilte Emma ihm eine Erdkundelektion über die Umgebung. Sie zeigte ihm die Dubliner Berge und wies ihn auf die Charakteristika der Dubliner Bucht hin.
Felipe hörte aufmerksam zu und sah sich alles an. Sie lebten in noch unterschiedlicheren Welten, als er es sich je hätte träumen lassen.
Vor dem Summit Inn parkte Emma am Straßenrand und stieg aus.
»Was möchtest du trinken? Willst du mal ein Guinness probieren?«
Felipe nickte. »Ja, sehr gern.«
Die Holzbänke und Tische vor dem Pub waren nur zur Hälfte besetzt, und davor hatte es sich ein Hund gemütlich gemacht.
Drinnen war das Pub ziemlich leer, aber in der Ecke brannte ein Torffeuer, und am entgegengesetzten Ende standen ein Billardtisch und eine Jukebox.
»Ein Glas Bulmers und ein Guinness«, bat Emma und beobachtete, wie die russische Barkellnerin die Zapfanlage bediente. »Möchtest du etwas essen, Felipe? Hier gibt’s gute Steak-Sandwiches.«
Allein schon bei dem Wort »Steak« lief Felipe das
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