Havanna für zwei
Nachos mit Guacamole probieren, die sie schon vor seiner Ankunft vorbereitet hatte.
Er genoss es, ihr bei der Arbeit zuzusehen, und achtete darauf, nicht zu viel zu trinken, obwohl der Rioja einer der besten Weine war, die er je gekostet hatte.
Endlich war das Essen fertig.
»Lass mich dir wenigstens damit helfen«, bat Felipe und nahm Emma die zwei Teller mit Hähnchenfleisch und frisch gekochtem Gemüse ab.
»Danke«, sagte sie mit einem Lächeln, das sein Herz zum Schmelzen brachte.
Sie setzten sich an den Küchentisch und stießen an. Im letzten Tageslicht, das durchs Fenster fiel, sah Felipe feurig und attraktiv aus. Emma registrierte jede Bewegung, die er mit Messer und Gabel machte, und genoss die Vertrautheit zwischen ihnen. Sie fühlte sich so anders als in den letzten Jahren mit Paul – Paul, der sie belogen und betrogen und mit riesigen Schuldgefühlen zurückgelassen hatte. Jetzt drängte sich ihr die Frage auf, ob sie in der Lage wäre, diesem neuen Mann in ihrem Leben rückhaltlos zu vertrauen.
»Das war ausgezeichnet, Emma. Du bist eine exzellente Köchin.« Er legte seine Hand auf ihre.
»Wollen wir rüber ins Wohnzimmer gehen?«, fragte sie.
Er antwortete ihr mit einer Sehnsucht im Blick, die mehr sagte als Worte.
Sie waren jetzt seit fast zwölf Stunden zusammen.
»Machen wir noch eine auf?«, schlug sie vor.
Lächelnd zuckte Felipe mit den Achseln. »Du bestimmst, wo es langgeht.«
Das hätte Paul in einer Million Jahre nicht zu ihr gesagt, und es klang befreiend.
Emma nahm den Korkenzieher und eine neue Flasche Wein mit ins Wohnzimmer. Sie saßen dicht beieinander auf dem cremefarbenen Ledersofa, tranken Rotwein und lauschten den Klängen kubanischer Gitarrenmusik von einer CD, die Felipe ihr geschenkt hatte. Als er spontan den Arm um ihre Schultern legte, zitterte sie vor Aufregung. All die Mühen und Anstrengungen, die sie in die Organisation der Reise gesteckt hatten, waren es wert gewesen. Genau das hatte sie vermisst; genau das war es, was sie in ihrem Leben brauchte.
»Danke, Felipe«, seufzte sie.
»Wofür?«
»Du hast ja keine Ahnung, wie sehr du mir geholfen hast. In Kuba hast du mir die Augen dafür geöffnet, dass es für mich eine Zukunft gibt. Ich hatte damals nicht den Mumm, darauf einzugehen, aber jetzt bin ich dazu bereit.«
»Was hat sich für dich verändert?«
»Auf dem Heimflug hat Sophie mir etwas erzählt. Etwas, das ich nur sehr ungern hören wollte.«
Felipe blieb stumm und überließ es Emma, es ihm anzuvertrauen, wenn sie wollte.
»Das hat meine Einstellung zum Leben verändert. Mir ist jetzt klar, dass meine Ehe mit Paul eine Lüge war. Ich dachte, wir wären glücklich miteinander. Wir haben gut zusammengepasst, aber er hat wohl etwas anderes gebraucht als mich – oder eher jemand anders.«
Felipe hielt sich immer noch zurück. Er war hier, um ihr zuzuhören.
»Anscheinend hatte er vor seinem Selbstmord drei Jahre lang eine Affäre mit Sophie.«
Felipe war sichtlich schockiert.
»Was denkst du?«, fragte sie.
»Das hört niemand gern. Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, Emma. Das ist eine Sache zwischen dir und deiner Schwester.«
»Ich fühle mich so zerrissen. Ich habe mich so lange mit der Frage gequält, warum er sich umgebracht hat, und diese neue Erkenntnis ist sehr verletzend. Ich will nicht der Grund für seinen Selbstmord gewesen sein. War er so darauf bedacht, seine Untreue zu verbergen, dass er zu so etwas fähig gewesen wäre?«
»Dein Mann hatte ein Problem. Er hat sich umgebracht, weil er nicht glücklich mit sich selbst war.«
»Ich hätte auf dich hören sollen. Aber jetzt, wo ich weiß, was in seinem Leben nicht stimmte, ist für mich alles klarer. Ich verstehe jetzt, warum er so durcheinander war. Aber Sophie werde ich nie vergeben können. Seiner eigenen Schwester so etwas anzutun!«
Felipe streichelte sanft ihre Wange. »Sei nicht so! Das ist nicht die wahre Emma.«
»Ich kann nicht gegen meine Wut auf sie an.«
»Halt dich nicht daran fest, das macht dich nur unglücklich. Aber jetzt bist du frei, ja?«
Emma nickte. Sie liebte es, seine warmen Finger an ihrer Wange zu spüren.
»Ich denke ja.«
»Gut«, murmelte Felipe, beugte sich vor und legte die Lippen sanft auf ihre.
Es fühlte sich so wunderbar an wie damals, im Mondschein am Strand von Miramar.
Beim Aufwachen wurde Emma bewusst, dass sie zum ersten Mal seit Pauls Tod nicht allein im Bett lag. Sie warf einen Blick auf Felipes markantes Gesicht. Er
Weitere Kostenlose Bücher