Havanna für zwei
auf dem Balkon und trat zu ihnen hinaus.
»Dad will, dass wir langsam in die Gänge kommen. Irgendeine Spur von Sophie?«
Emma seufzte. »Ich ziehe jetzt nicht los, um sie zu suchen. Holen wir die Torte einfach ohne sie rein.«
Louise gab das Zeichen, das Licht zu dämpfen, und schob den Serviertisch mit der Torte in den Raum. Als die Melodie von »Happy Birthday« erklang, sangen alle mit.
Maggie errötete unter ihrem Make-up und klimperte mit den Wimpern. Dann blies sie mit viel Gefühl die Kerzen aus.
Larry nahm das Mikrofon und räusperte sich, während die Musik erstarb.
»Ich danke euch allen, dass ihr heute Abend hierhergekommen seid, um dieses besondere Ereignis mit mir, meiner wunderschönen Frau und meinen Töchtern zu begehen.«
Alle im Raum jubelten. Dass Sophie fehlte, schien niemandem aufzufallen.
»Ich habe großes Glück. Es bedurfte erst einer lebensbedrohlichen Herzoperation, um mir darüber klar zu werden. In den vielen Stunden, die ich im Beaumont Hospital gelegen habe und dachte, dass ich nie wieder rauskomme, hat mich eins zum Durchhalten motiviert: dass Maggie zu Hause auf mich gewartet hat. Sie ist mir immer eine fantastische Ehefrau und den Kindern eine wunderbare Mutter gewesen, und dies ist eine großartige Gelegenheit, ihr zu sagen, wie sehr wir sie lieben.«
Jubel brach aus, und Louise zog Emma beiseite.
»Was machen wir jetzt?«
»Wir sagen einfach gar nichts und hoffen, dass es keinem auffällt. Verdammt, dafür könnte es zu spät sein. Alice treibt ihr Unwesen mit einem Fotoapparat.«
»Emma, wo ist Sophie? Ich will ein Foto von eurer Mutter mit euch drei Mädels machen.«
»Ich glaub, sie ist draußen, um frische Luft zu schnappen«, sagte Louise höflich und nahm ihrer Tante die Kamera aus der Hand. »Geh doch mal rüber zu Mum, dann fotografiere ich euch zwei.«
Alice kam Louises Vorschlag nach und hakte sich bei Maggie ein.
»Bitte recht freundlich!«, rief Louise, während die Kamera blitzte.
Maggie saugte die Aufmerksamkeit ihrer Freunde, die sie umringten, begierig in sich auf. Ihr war Sophies Abwesenheit gar nicht aufgefallen, und Louise fragte sich, warum sie sich deshalb Sorgen gemacht hatte. Sie sollte ihre Mutter besser kennen.
Sophie heizte durch die Stadt, als wäre der Teufel hinter ihr her. Sie sehnte sich danach, sich einfach ins Bett zu legen und sich die Decke über die Ohren zu ziehen. Ihr war schleierhaft, warum Paul eine Überdosis genommen hatte. Vielleicht war es ein Versehen gewesen, und er hatte sich gar nicht umbringen wollen. Er hatte doch so viel gehabt, wofür es sich zu leben gelohnt hätte. So viel, worauf er sich hätte freuen können.
An der Polizeistation von Clontarf bog sie ab. Tränen trübten ihren Blick, sodass sie fast über den Bürgersteig bretterte.
So spät am Abend noch durch East Wall zu fahren war nicht gerade angenehm. Sophie bog am Seabank House Pub ab, wo sich eine Gang aus Jugendlichen versammelt hatte. Von ihr unbemerkt, fing der Wagen an zu tuckern. Erst als sie über die Gewölbebrücke fuhr und auf der anderen Seite wieder herabrollte, fiel ihr auf, dass der Motor nicht mehr lief. Der kleine Mazda MX-5 schaffte es bis zur New Wapping Street, bevor er stehen blieb. Sophie sah aufs Armaturenbrett: Die Benzinuhr zeigte einen leeren Tank an. Hier in der Nähe gab es nirgends eine Tankstelle. Es gefiel ihr nicht, ihren schicken kleinen Wagen die ganze Nacht auf der Straße stehen zu lassen, aber sie hatte keine Wahl. Ihr Leben lag in Scherben. Nervös schloss sie den Wagen ab und lief weiter zur Sheriff Street. Sie wühlte in ihrer Handtasche, wie viel Geld sie dabeihatte. Zwanzig Euro. Das war immerhin etwas, und sie hoffte, dass bald ein Taxi vorbeikäme. Und wenn nicht, wären es nur noch wenige Minuten Fußweg bis nach Hause. Es war totenstill, und sie war schon oft nachts zu Fuß nach Hause gegangen, aber normalerweise von der Südseite des Liffey aus und immer unter hellen Straßenlaternen. Das hier war keine Gegend, in der eine junge Frau allein unterwegs sein sollte, und Sophie wusste es nur allzu gut.
Hinter ihr erklangen Schritte. Als sie sich umdrehte, sah sie einen jungen Mann mit einer Kapuzenjacke, Sneakers und Baggy Jeans.
»Hey! Bock auf Stoff?«, schrie er sie an.
Es bestand kein Grund, so zu schreien. Er lief direkt neben ihr. Aber er hatte gesehen, wie sie ihre Handtasche öffnete, und brauchte dringend Geld.
Sophie sah sich hilfesuchend um. Auf der Straße war sonst niemand.
»Ob du Bock auf
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