Havanna für zwei
inzwischen nicht mehr nahm. Sie holte die Flasche heraus und schüttelte sie. Es waren noch zehn Tabletten drin. Gleich daneben lag eine volle Schachtel Paracetamol. Zusammen mit dem Zeugs, das sie vorhin dem Typen auf der Straße abgekauft hatte, ergäbe das einen tödlichen Cocktail. Der Wodka machte sie unbesonnen, und die Wut über den Streit mit Emma brodelte in ihr. Sie schnappte sich beide Schachteln und nahm sie mit. Die Abschminkerei war nicht mehr nötig. Wo sie hinging, brauchte sie nicht gut auszusehen.
Zurück im Schlafzimmer, kramte sie das Fotoalbum heraus, das sie von sich und Paul angelegt hatte. Darin fanden sich die glücklichsten Momente ihres Lebens. Jetzt konnte sie wieder glücklich sein und für immer bei Paul sein. Sie füllte ihr Glas mit Saft auf. Sie würde eine Menge davon brauchen.
Felipe küsste Emma wach.
»Guten Morgen«, murmelte sie mit einem zufriedenen Lächeln. »Danke für gestern Abend.«
»Es war schön, deine Familie kennenzulernen.«
Emma seufzte. »Sie sind schrecklich, was?«
Felipe legte zärtlich die Hand an ihre Wange. »Es war eine schöne Party.«
»Lass uns den Tag heute ganz allein verbringen. Ich bin froh, dass Finn nach der Party bei Louise und Donal übernachten wollte.«
»Hoffentlich lag das nicht an mir.«
»Natürlich nicht. Er ist in einem schwierigen Alter.«
»Es ist schwer für ihn.«
Emma sah Felipe tief in die Augen. Was für einen wunderbar sensiblen Mann sie sich geangelt hatte!
»Das ist zwar Finns Zuhause«, erklärte sie, »aber wir haben nur diese wenigen gemeinsamen Wochen. Wenn er älter ist, wird er es verstehen.«
»Aber er braucht dich jetzt.«
Emma hasste es, wenn er so vernünftig war. Natürlich hatte er recht. Wie rücksichtsvoll er war! »Aber Felipe! Ich brauche dich !«
Das ließ er sich nicht zweimal sagen. Er beugte sich vor und küsste sie noch einmal.
Als Louise endlich wach wurde, war Donal schon längst aufgestanden und fertig angezogen. Ihr brummte der Schädel, und sie wünschte, sie hätte nicht so viel getrunken.
»Wohin gehst du?«
»Segeln!«
»Ich dachte, ihr segelt jetzt sonntags!«
»Sie haben eine neue Samstagsserie eingeführt.«
»Wir verbringen immer weniger Zeit miteinander. Man könnte meinen, wir gehen uns aus dem Weg!«
Donal warf seiner Frau einen genervten Blick zu. »Aber ich war gestern den ganzen Abend mit dir zusammen.«
»Wenn du nicht gerade Emma und Felipe mit bösen Blicken durchbohrt hast!«
»Wach endlich auf, Louise! Ich mache mir Sorgen um Emma. Bei dir klingt es so, als hätte ich eine Schwäche für sie.«
»Und, ist es so?«
Donal zerrte seine Fleecejacke aus dem Schrank. »Das werde ich mit keiner Antwort würdigen.«
Doch Louise war verunsichert und schlug mit der Faust auf ihr Kissen. Donal war Emma ein guter Schwager und mehr nicht. Warum also gab sie solche Dummheiten von sich, wenn sie verletzt war? Erst als die Haustür zuknallte, wagte sie sich nach unten in die Küche.
Dort saß Alice in einem von Louises Morgenmänteln. Sie trank eine Tasse Tee und schmierte sich gerade Butter auf ihren Toast.
»Ich wusste nicht, dass du schon auf bist«, wunderte sich Louise. »Sonst hätte ich dir Frühstück gemacht.«
»Ist schon in Ordnung, Liebes. Ich hoffe, es stört dich nicht, dass ich mich selbst bedient habe.«
Louise lief zum Wasserkessel und drückte auf den Knopf. Ihre Tante strahlte und sah anders aus als sonst – glücklicher.
»Hat es dir gestern Abend gefallen?«, fragte Louise.
»Es war eine wunderschöne Party. Glaubst du, dein Vater war zufrieden?«
»Ich denke schon. Schließlich hat er gesehen, wie glücklich Mum war, und das war alles, was er wollte.«
»Maggie war immer schon ein Glückspilz. Sie hat sich den besten Mann geangelt!«
»Lass das nur Dick nicht hören!«
»Er weiß das. Ich sage es ihm ständig. Du hast genauso viel Glück.«
Die Bemerkung überraschte Louise. »Das sehe ich aber anders! Sophie hat viel mehr Glück.«
»Aber Sophie hat keinen zuverlässigen Partner an ihrer Seite. Larry hat Maggie immer geliebt – über alles.«
»Als Kinder haben wir das für selbstverständlich gehalten und geglaubt, dass alle Eltern so sind.« Sie sah ihre Tante an. »Ich bin froh, dass du dich wieder so gut mit Mum verstehst.«
»Ich hatte Angst herzukommen, das muss ich zugeben. Aber jetzt bin ich froh darüber. Wir werden alle nicht jünger, und es könnte die letzte Gelegenheit gewesen sein, Frieden zu schließen.«
»Entschuldige
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