Havanna für zwei
würde.«
»Auch nicht nach seinem Tod?«
»Danach schon gar nicht. Ich dachte nicht, dass es dir in deinem Schmerz helfen würde. Glaub mir, Emma, hätte ich auch nur eine Sekunde lang geglaubt, dass es dir eine Hilfe gewesen wäre, hätte ich es dir gesagt.«
Emma seufzte laut. »Und ich hab geglaubt, gerade dir könnte ich vertrauen.«
»Bitte verzeih mir. Ich wollte nur dein Bestes.«
Emma war nach der Auseinandersetzung mit Sophie erschöpft, und rückblickend war Louises Geheimnis nicht mehr von Bedeutung.
»Bringen wir nur den heutigen Abend hinter uns, ja?«
»Was machen wir mit der Torte?«
»Sag Dad, er soll sich noch ein Weilchen gedulden. Ich brauche was zu trinken und eine Auszeit. Mir ist eine große Last genommen.«
»Vielleicht kann Paul jetzt seinen Frieden finden.«
»Vielleicht können wir das jetzt alle. Ich muss mein Leben weiterleben, Louise.«
»Das müssen wir alle.«
Louise und Emma gingen zur Tanzfläche, wo die Partygäste zu Can You Feel It? von den Jackson Five schwoften.
»Sind das Mum und Alice, die da zusammen tanzen und lachen?«, fragte Louise ungläubig.
»Ich glaube ja«, sagte Emma und schüttelte erstaunt den Kopf.
Felipe gesellte sich zu ihnen und legte beruhigend den Arm um Emma. Er gab ihr einen Kuss auf die Wange, die Sophie noch vor Minuten malträtiert hatte.
»Alles in Ordnung?«, fragte er besorgt.
»Jetzt schon.«
Sophie stürzte aus dem Yachtclub und über den Bürgersteig zum Kinderspielplatz. Sie war vor Tränen fast blind und schluchzte so laut, dass ein Paar, das seinen Hund auf der Promenade spazieren führte, stehen blieb und nachfragte, ob es ihr gut ginge. Sie wimmelte sie ab und setzte sich auf eine Schaukel, um sich auszuruhen. Inzwischen verfärbte sich der Himmel tiefblau, und im Osten zeigten sich ein paar Sterne.
Sie hielt sich an den Schaukelketten fest und stieß sich mit den Füßen ab. Während sie vor- und zurückschwang, versuchte sie zu vergessen, wie erbärmlich sie sich fühlte. Wie hatte Paul Selbstmord begehen können, obwohl sie ihn so liebte? Sie hatte geglaubt, ihre Liebe sei alles, was ein Mann brauchte. Dass sie jeden haben konnte, den sie wollte. Doch dass Greg Dublin verlassen hatte, ohne noch einmal Kontakt zu ihr aufzunehmen, zeigte ihr, dass im Leben vielleicht doch nicht immer alles nach ihrer Nase lief. Dabei war es schon schlimm genug, arbeitslos zu sein und kein Geld zu haben. Sie zitterte, während sie über ihr Leben nachgrübelte. Als ihr Blick auf Beshoff’s Pommesbude auf der anderen Straßenseite fiel, verspürte sie den Wunsch nach einer Tasse Kaffee. Sie musste sich zusammenreißen. Fröstelnd umschlang sie ihren Körper mit ihren nackten, mit Gänsehaut überzogenen Armen.
Die Schlange war kurz, und Sophie stellte sich hinter einem jungen Pärchen von zwölf oder dreizehn Jahren an, dessen offensichtliche Zuneigung Sophie weiter zittern ließ. Der Kunde ganz vorn in der Schlange nahm seine braune Essenstüte und wandte sich zum Gehen. Nach zwei Schritten fiel sein Blick auf die Frau im roten Kleid.
»Sophie?«
»Jack! Was tust du denn hier?«
»Ich wohne hier ganz in der Nähe. Und was machst du hier?«
»Ich bin auf der Geburtstagsparty meiner Mum drüben im Yachtclub.«
Die Bedienung rief Sophie zu: »Was darf’s sein?«
»Nur einen Kaffee, bitte.«
»Und warum bestellst du dir dann hier einen Kaffee?«
»Ich hatte einen kleinen Streit …«
Jack zog eine Augenbraue hoch. Nach dem Zwischenfall mit Aoife war er immer noch wütend auf Sophie, aber sie sah bemitleidenswert aus. Er hätte sie einfach stehen lassen können, doch seine Neugier siegte.
»Mit wem hast du dich denn diesmal gestritten?«
»Mit Emma. Aber es ist alles meine Schuld.«
Die Bedienung stellte ihr einen Styroporbecher auf die Theke. »Das macht zwei Euro.«
Sophie ließ ihr Handtäschchen von der Schulter gleiten und ließ es aufschnappen.
»Ich übernehme das«, sagte Jack galant und griff tief in die Hosentasche seiner Jeans.
Sophie bedankte sich bei ihm und nahm den Becher von der Theke. »Ich war drüben auf dem Spielplatz.« Jack schien ein anständiger Kerl zu sein, und sie hatte ihm übel mitgespielt.
»Willst du da wieder hin?«, fragte er.
Sophie nickte und lief los. Ohne so genau zu wissen, warum, folgte Jack ihr. Seit Aoife weg war, langweilte er sich abends.
»Hast du Lust, deine Pommes mit mir auf dem Spielplatz zu essen?«
»Klar. Warum nicht?«
»Es tut mir echt leid, Jack. Ich war ein richtiges
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