Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Havanna für zwei

Havanna für zwei

Titel: Havanna für zwei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Jackson
Vom Netzwerk:
Testosteron ausstrahlte, dass er die weiblichen Figuren um den Verstand brachte. Zwei Frauen, Jill und Ruth, die miteinander befreundet waren, bis Martin in ihr Leben trat. Er kontrollierte ihrer aller Schicksal. Bis jetzt hatte er dunkle Haare, aber seine Augenfarbe hatte sie noch nicht festgelegt. Sie erwog, ihm haselnussbraune Augen zu geben wie die des Taxifahrers, der sie nach Varadero gebracht hatte. Beim Erfinden ihrer Romanfiguren pickte sie sich oft typische Merkmale echter Menschen heraus. Beruflich hatte Martin als stinknormaler Polizist angefangen, war dann aber rasch zum Detective aufgestiegen. Er musste eine gewisse Stärke ausstrahlen, und wieder dachte sie an den Taxifahrer. Der Mann, der sie am Flughafen José Martí abgeholt hatte, hatte etwas Schweigsames und Stilles an sich.
    Emma schätzte die Kontrolle, die sie über ihre Romanfiguren ausübte. Wie anders war das als im richtigen Leben, wo sie das Gefühl hatte, so wenig kontrollieren zu können. Sogar Finn ließ sich immer schwerer bändigen, wenn er etwas wollte, das sie für gefährlich oder riskant hielt.
    Das Leben war viel ungefährlicher, wenn man am Laptop vor sich hin tippte und es seinen Figuren überließ, Fehler und Fehleinschätzungen zu begehen. Wenn in ihrem Roman jemand starb, wurden keine echten Tränen vergossen. Die Beerdigung war nach wenigen Seiten vorbei, und die übrigen Figuren konnten glücklich und zufrieden weiterleben.
    Als sie die Schallgrenze von 25 000 Worten erreichte, für die sie fast acht Wochen gebraucht hatte, klickte sie auf »Speichern«, lehnte sich zufrieden zurück und ruhte sich aus.
    In der Ferne entdeckte sie Dehannys, die, eine Tasche über der Schulter, rasch auf sie zukam.
    Die Frauen duzten sich inzwischen, und Dehannys hatte Emma beigebracht, wie man Wochentage und Monate richtig aussprach. Sie konnte jetzt mit spanischem Akzent dos cervezas sagen.
    »Hast du für heute Feierabend?«, fragte Emma, als Dehannys näher kam.
    » Hola , Emma«, sagte sie lächelnd. »Ich muss jetzt Pause machen.«
    »Setz dich zu mir«, bat Emma.
    Dehannys wirkte verlegen. »Mein Chef sieht das nicht gern. Außerhalb der Arbeitszeiten darf das Personal nicht an den Pool.«
    Emma schalt sich für ihre Gedankenlosigkeit. »Wie geht es deinem Sohn heute?« Dehannys hatte ihr erzählt, dass er krank war.
    »Ihm geht es mucho besser, gracias .«
    »Ist er zu Hause?«
    »Ja, meine Mutter passt auf ihn auf.« Sie zögerte. »Möchtest du mich besuchen und meine Familie kennenlernen?«
    Bei dem Vorschlag setzte sich Emma auf ihrem Liegestuhl auf. Was für eine wunderbare Idee! Es wäre schön zu sehen, wie die Einheimischen lebten. »Dein Angebot ist sehr freundlich, Dehannys. Macht es dir auch nichts aus?«
    »Bitte, ich fände es sehr schön. Meine Mutter kocht manchmal für Touristen. Die Regierung erlaubt das. Es heißt paladar , ein kleines Restaurant. Ich würde mich freuen, wenn du unser Gast wärest, aber bitte, du darfst es meinem Boss im Hotel nicht sagen!« Aus Angst, dass jemand mithörte, sah Dehannys sich verstohlen um.
    Zum ersten Mal wurde Emma klar, wie prekär die Lage ihrer neuen Freundin war. »Wie komme ich dorthin? Besorgt mir das Hotel ein Taxi?«
    Dehannys nickte. »Natürlich. Ich gebe dir meine Adresse.«
    Emma durchsuchte ihre Tasche nach Notizblock und Stift. »Schreib es mir bitte auf. Hast du etwas dagegen, wenn meine Schwester mitkommt?«
    Dehannys schüttelte lächelnd den Kopf. »Deine Schwester ist bei mir zu Hause sehr willkommen. Das gefällt mir sehr – du wirst meinen Jungen sehen.«
    »Habe ich dir schon ein Foto von meinem Sohn Finn gezeigt?«
    Dehannys schüttelte den Kopf. »Bitte! Ich möchte es sehr gerne sehen.«
    Emma kramte stolz ein Bild von ihrem Sohn hervor, auf dem er am Rand eines Pico-Dingis in der Bucht von Dublin thronte, die Dubliner Berge im Hintergrund.
    »Das ist bei mir zu Hause, in Dublin. In Irland.«
    »Das ist sehr schön. Er ist hübscher Junge. Komm morgen Abend – ich arbeite mittwochs nicht.«
    Emma lächelte. »Danke. Um welche Zeit?«
    »Komm um vier Uhr und besichtige Matanzas.«
    »Okay – dann bis morgen um vier.«
    »Ja. Bis dann.«
    Emma sah ihrer Freundin nach, die jetzt ohne Eile wegging, mit dem unverwechselbaren Rhythmus, den die Kubaner, wie ihr aufgefallen war, mit jedem Schritt an den Tag legten.
    Aus der entgegengesetzten Richtung sah sie ihre Schwester kommen, die zwei weiße Plastiktüten in der Hand trug. Schon aus der Ferne sah Emma,

Weitere Kostenlose Bücher