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Havanna für zwei

Havanna für zwei

Titel: Havanna für zwei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Jackson
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recht, ob sie Dehannys vor ihrer Familie danach fragen sollte. Vielleicht sollte sie es lieber auf ein andermal verschieben.
    »Ah, mein Bruder!«, rief Dehannys aufgeregt, als ein gut aussehender junger Mann mit kaffeebrauner Haut ins Haus kam. »José, estas son mis amigas, Emma y Sophie.«
    Emma fiel auf, dass Sophie zum ersten Mal an diesem Abend munter wurde.
    José trug ein rotes Hemd und eine schwarze Hose mit glänzend schwarzen Schuhen und hätte in Dublin sehr deplatziert gewirkt, aber in dem paladar in Matanzas, wo die dämmerige Hitze des Tages immer noch durch die Haustür hereinzog, wirkte er wie aus einer Filmkulisse entsprungen.
    »José ist – wie sagt man? – Musiker. Er spielt Klavier im Hotel Tryp in Varadero«, informierte Dehannys sie stolz.
    »Können Sie etwas für uns spielen?«, fragte Sophie verführerisch genug, um sicherzustellen, dass sie seine Aufmerksamkeit erregte.
    »Kein Piano im Haus – tut mir leid, aber ich spiele das hier«, erklärte er, nahm eine alte Akustikgitarre in die Hand, die in der Ecke an der kalkgetünchten Wand lehnte, und fing an, darauf herumzuklimpern.
    José spielte und sang mit so viel Gefühl, dass plötzlich alle innehielten, um ihm zuzuhören. Es war eine sanfte kubanische Ballade, die den Raum in eine Atmosphäre hüllte, die die Irinnen in eine Art Trance versetzte. Seine Stimme schwebte über den gefühlvollen Noten.
    »Das würde Louise gefallen«, flüsterte Emma Sophie ins Ohr, doch ihr Schwesterherz hörte nicht hin.
    Als er mit Spielen fertig war, kam José zu ihnen an den Tisch, zog sich einen Hocker heran und setzte sich neben Sophie.
    »Sie bleiben in Kuba wie lange?«, fragte er.
    »Wir haben noch drei Tage in Varadero, und dann fahren wir drei Tage nach Havanna.«
    »A La Habana«, sagte er wehmütig. »Es ist so wunderschön.«
    »Sind Sie oft dort?«, fragte sie.
    Er schüttelte den Kopf. »Reisen ist schwierig. Ich arbeite in Varadero, deshalb muss ich nicht hin. Aber ich habe drei Jahre dort gelebt, als ich an der Universität studierte.«
    »Wo wohnen Sie, José?«
    »Ich wohne hier bei meiner Mutter und meinem Vater. Es ist schwierig, vom Staat ein Haus zu bekommen.«
    Die Sonne war inzwischen untergegangen, und Dehannys’ Mutter hatte eine einzelne Glühbirne angeschaltet, die mitten im Raum hing. Auf dem Fenstersims standen kleine Teelichte, die sie mit einem Streichholz anzündete. Sie warfen flackernde Schatten auf die kalkgetünchten Wände und verliehen dem Raum eine gemütliche und intime Atmosphäre.
    »Kaffee oder ron ?«, fragte Dehannys ihre Gäste.
    »Was ist ron ?«, fragte Emma.
    »Rum. Havana Club. Mein Vater arbeitet in der Fabrik«, erklärte sie und holte eine lange, schlanke braune Flasche mit dem unverwechselbaren roten Kreis auf dem Etikett hervor.
    José sprang auf und schnappte sich vier winzige Schnapsgläser, die Dehannys bis zum Rand füllte. Er nahm Maß und trank das Glas auf ex aus.
    Sophie hob ihr Glas und nippte daran. Prompt stiegen ihr die Tränen in die Augen, und sie hustete laut.
    José grinste und reichte ihr die Stoffserviette, die auf dem Tisch lag.
    »Danke«, sagte sie und wischte sich damit die Lippen.
    Die Tür öffnete sich, und Felipe, von seinem langen Arbeitstag leicht mitgenommen, trat ein. Seine Augen leuchteten, als er Emma am Tisch sitzen sah, und er lächelte ihr freundlich zu.
    »Amigo!« , grunzte José und stand auf, um ihm noch ein Glas aus der alten Holzanrichte in der Ecke zu holen. »Ron?«
    »Sí, gracias« , sagte Felipe mit einem Nicken und setzte sich auf einen Hocker neben Emma. »Hat es Ihnen geschmeckt?«
    »Sehr gut, danke. Sie sind ja schnell zurück.«
    Er zuckte mit den Achseln. »Manchmal kann ich schnell fahren, wenn keine Polizisten unterwegs sind.« Er nahm das Glas mit Rum und hob es in die Luft, bevor er es in einem Zug herunterkippte.
    Das trübe Licht erlosch. Dehannys’ Mutter fing an, die Glühbirne zu beschimpfen und wie ein aufgescheuchtes Huhn herumzulaufen.
    »Wir haben oft Stromausfälle in Kuba«, flüsterte Felipe Emma ins Ohr.
    Emma lächelte Felipe an. Sie freute sich, dass er zurückgekommen war und gerne noch ein bisschen blieb.
    Die Dunkelheit schien José nichts auszumachen.
    »Música!« , verkündete er fröhlich und stand auf, um Gitarre zu spielen.
    Dehannys’ Großmutter und ein paar Frauen aus dem Ort kamen aus der Spülküche, und alle im Raum klatschten mit, während José sang und auf den Saiten klimperte.
    Der sanfte Kerzenschein

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