Havanna für zwei
exzellente Musiker. Auch Studenten der Musikschule in Habana.«
»Es ist der perfekte Ort, um den Tag zu beenden«, seufzte Emma und prostete ihm zu.
Felipe lächelte. Er hatte den Tag genauso sehr genossen. Es war lange her, seit er so viel Zeit mit einer Frau verbracht hatte, und sie war auch nicht nur irgendeine Frau. Mit ihren schwarzen Haaren und den durchdringend blauen Augen war sie so exotisch und so anders als seine Ex und die meisten Frauen, mit denen er seit seiner Trennung kurze Bettgeschichten gehabt hatte. Plötzlich überkam ihn ein überwältigendes Verlangen, sie zu küssen, doch die Angst, von ihr abgewiesen zu werden, hielt ihn davon ab. Seine Exfrau hatte ihn tief verletzt, und er musste auf der Hut sein, denn die bittere Wahrheit war, dass er Emma nach heute Abend vielleicht nie mehr wiedersehen würde.
Sophie lief leicht verängstigt die Calle Obispo entlang. Sie hätte lieber mit dem Taxi fahren sollen, aber aus irgendeinem Grund hatte sie den Weg von ihrem Hotel zu Gregs viel kürzer in Erinnerung. Aber gestern Abend hatte er sie auch begleitet.
Sie schob sich durch die Menschenansammlung vor einem Café, aus dem Salsa-Musik auf die Straße drang.
In der Ferne entdeckte sie das Restaurant, das Greg ihr gezeigt hatte. Er saß an einem Tisch mit einem Mann in dunkelgrauem Anzug, der viel kleiner war als Greg und dessen Bauch sich über seinen Hosengürtel wölbte. Sein Kopf war kahl rasiert, und er kaute auf einer Cohiba.
Als Sophie zu ihnen trat, erhob sich Greg und stellte sie mit seinem unnachahmlichen Charme seinem Bekannten Don Carlos vor.
»Du siehst schön aus, Sophie!«, schmeichelte Greg ihr.
Gnädig ließ sie sich von ihm auf beide Wangen küssen und setzte sich auf den Stuhl, der seinem am nächsten war. Sie wollte von Don Carlos so viel Abstand halten wie nur möglich. Er war ihr nicht geheuer.
»Ich höre von Señor Adams, Sie sind Irlandesa?«
»Ja.«
»Gefällt Ihnen unser Land?«
»Es ist sehr schön.«
»Was möchten Sie trinken?«
»Ich nehme ein Glas Rotwein. Aus Chile, wenn Sie welchen haben.«
Don Carlos klatschte in die Hände, und ein junger Kellner kam herausgeeilt, dem er schnell und herablassend einen Befehl erteilte.
Sophie wünschte den schrecklichen kleinen Kerl zum Teufel.
Don Carlos führte sein Gespräch mit Greg auf Spanisch fort, und nach fünf Minuten kam sich Sophie geradezu unsichtbar vor. Zu Hause hätte sie sich von niemandem so behandeln lassen. Warum also ließ sie es sich im Urlaub bieten?
Der Kellner kam mit einem Glas Wein zurück und stellte es ihr hin. Sie nippte daran und beschloss, etwas zu unternehmen. Sie zog ihr Handy aus der Tasche und stand auf.
Greg blickte nur kurz hoch. »Wo willst du hin?«
»Ich muss telefonieren.«
Greg wandte sich sofort wieder Don Carlos zu, was Sophie maßlos ärgerte.
Sie wählte Emmas Nummer, bekam aber kein Freizeichen. Sie versuchte es noch mehrmals und fluchte, als ihr dieselbe Stimme auf Spanisch immer wieder sagte, dass die gewählte Nummer nicht erreichbar wäre. Wo steckte Emma bloß?
Als die Band eine Zugabe spielte, hatte Emma drei Mojitos intus. In dem Club ging es zwanglos zu, und es störte niemanden, wenn die Gäste während des Konzerts plauderten.
»Es war wunderschön. Danke, dass Sie mich hergebracht haben.«
»Gern geschehen. Soll ich Sie ins Hotel zurückbringen?«
Emma nickte.
Von den Mojitos hatte sie einen ganz schönen Schwips, und als sie wieder hinaus auf La Rampa traten, stolperte sie.
»Eigentlich bin ich noch gar nicht müde.«
»Wir könnten noch ein bisschen umherfahren – wenn Sie möchten?«
Emma nickte. Auf dem Malecón wimmelte es von jungen Leuten, die Havana Club direkt aus der Flasche tranken. Manche musizierten, und ein älterer Mann hockte mit einer improvisierten Angelrute auf der Mauer. Emma sah auf die Uhr. Sie konnte sich keine andere Stadt auf der Welt vorstellen, in der sich um ein Uhr morgens so viele unterschiedliche Menschen auf der Straße aufhielten.
Es hatte sich beträchtlich abgekühlt, doch mit offenem Verdeck zu fahren war immer noch die angenehmste Art, die Stadt zu erkunden.
»Möchten Sie den Strand sehen?«
»Gern.«
Felipe wendete auf der Straße.
»Dann fahren wir nach Miramar. Dort gibt es viele schöne Häuser. Ich zeige Ihnen, wo die Delfine schwimmen.«
Wie in Vedado verliefen die Straßen kerzengerade, und in dem Nobelviertel standen mehrere Botschaftsvillen, von denen die Fahnen verschiedener Nationen wehten. Die
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