Havanna für zwei
Freunden zu kiffen. Das sind die Prioritäten, die du setzt!«
Eine alte Dame drehte sich um, um zu sehen, wer so einen Aufstand machte, aber die zwei stritten trotzdem weiter.
Sophie knipste die Deckenleuchte an. »Sie hat immer gesagt, dass sie Beerdigungen hasst. Mein Flug wäre sonst verfallen, und das Hotel war auch schon bezahlt. Außerdem muss ich mich vor dir nicht rechtfertigen.«
»Du musst dich nie vor irgendwem rechtfertigen! Du rennst nur immer zu Dad, und er gibt immer nach und hilft dir aus der Patsche, egal, was es ist!«
»Ich komme selbst für meinen Lebensunterhalt auf!«
»Wieso hat Dad dann dieses Jahr deine Autoversicherung bezahlt? Mum hat es mir gesagt, also leugne es nicht. Louise und ich haben Familien, um die wir uns kümmern müssen, und du schnorrst immer noch von ihm, was du nur kriegen kannst. Dabei hat er jetzt nur noch seine Rente.«
»Du bist bloß eifersüchtig. Du warst schon immer eifersüchtig auf mich. Und wahrscheinlich aus gutem Grund.«
Emma runzelte die Stirn und schüttelte empört den Kopf. »Nun mach mal halblang! Warum um alles in der Welt sollte ich auf dich eifersüchtig sein?«
»Weil ich jeden Mann haben kann, den ich will.«
Jetzt lächelte Emma mitleidig. »Weil du dir im Urlaub einen Kanadier gekrallt hast? Wahrscheinlich warst du nur scharf auf ihn, weil er zuerst mit mir geflirtet hat – und mit mir Mittag essen war.«
»Aber im Bett war er mit mir!«
»Als wäre das ein Grund, stolz zu sein.«
Sophie lief vor Wut rot an. »Leck mich!«, schrie sie so laut, dass der Steward sich alarmiert umdrehte und nachsah, wer den Lärm veranstaltete.
»Es wird langsam Zeit, dass du erwachsen wirst und dir einen richtigen Mann suchst, mit dem du eine reife Beziehung führen kannst«, gab Emma kühl zurück.
»Aber ich hatte eine reife Beziehung! Eine sehr reale Beziehung, die dauerhaft werden sollte. Was glaubst du, mit wem dein Mann in den drei Jahren vor seinem Tod geschlafen hat?«
Der Flugbegleiter hatte die Schuldigen identifiziert und kam durch den Gang auf die Schwestern zu.
Emmas Augen weiteten sich vor Entsetzen. Sie konnte nicht glauben, was sie da hörte, und fürchtete, sich gleich übergeben zu müssen.
»Sag mir, dass du lügst.«
»Das werde ich nicht. Ich hab mit Paul geschlafen. Wir hatten eine Liebesbeziehung, und er wollte dich verlassen, bevor er den Herzanfall hatte!«
Emma zitterte und brachte keinen Ton mehr heraus.
»Ist alles in Ordnung, Madame?«, erkundigte sich der Steward, der nur allzu gut wusste, dass dem nicht so war.
»Ich will einen anderen Sitzplatz«, forderte Sophie.
»Wir sind heute Abend fast ausgebucht, Madame.«
»Bringen Sie mich einfach nur hier weg!«, zischte Sophie, die aufsprang und nach ihrer Tasche im Gepäckfach griff.
Emma vergrub das Gesicht in den Händen. Sie war zutiefst erschüttert.
»Kommen Sie«, sagte der Flugbegleiter schicksalsergeben und führte Sophie an einen Platz ganz hinten im Flieger.
Emma hyperventilierte und war kurz davor, in eine wahre Tränenflut auszubrechen. Das konnte nicht sein! Wie hatte ihr Mann sie so hintergehen können? Wieso hatte sie nie Verdacht geschöpft, dass er mit einer anderen zusammen war – und dass diese andere ihre Schwester sein könnte? Ihr schwirrte der Kopf. Sie sehnte sich danach, wieder irischen Boden unter den Füßen zu haben. Wieder zu Hause zu sein, wo sie versuchen konnte, diese neue Enthüllung zu verdauen. Doch zunächst einmal brauchte sie einen Brandy, um ihre flatternden Nerven zu beruhigen. Sie suchte nach der Ruftaste und drückte sie.
Kapitel 16
Finn stand neben seiner Tante an der Absperrung im Dubliner Flughafengebäude.
»Ist ihr Flieger schon gelandet?«
Louise sah hinauf zur Anzeigetafel. »Vor fünf Minuten, und sie sollte ungefähr in zwanzig Minuten durch die Kontrolle sein.«
Finn hüpfte voller Vorfreude umher. Louise hatte ihn noch nie so aufgeregt erlebt.
»Möchtest du dich nicht setzen, während wir auf sie warten?«, fragte sie ihn.
Er schüttelte nur den Kopf.
Sophie erschien als Erste. Sie schob einen Gepäckwagen vor sich her, aber Emma war nirgends zu sehen.
Louise stürzte auf sie zu und gab ihr einen Kuss. Sophie drehte den Kopf weg. »Wo ist Emma?«
»Immer noch da drin. Ich fahre auf keinen Fall mit ihr im selben Wagen. Ich kann sie keine Minute länger ertragen. Ich nehme ein Taxi!«
Louises Magen krampfte sich zusammen. Emma und Sophie stritten nur selten, doch wenn es so weit war, hatte es
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