Havanna für zwei
Bett!«
»Hier ist es so gegen halb sechs. Wie geht’s Daddy?«
Louise schlüpfte in ihren Morgenmantel und lief hinaus auf den Treppenabsatz, um ihren schlafenden Mann nicht zu wecken.
»Dem geht’s gut. Mum ist heute Abend nach Hause gefahren.«
»Das ist bestimmt eine Erleichterung.«
»Ich bin froh, wenn ihr beide wieder zu Hause seid. Es ist anstrengend, die Krankenhausbesuche ganz allein zu stemmen.«
»Wenn ich wieder da bin, hab ich in der Firma viel zu tun.«
»Nun übertreib mal nicht. Immerhin hattest du gerade zehn Tage in der Sonne. Emma gönne ich den Urlaub, aber du verreist doch ständig.«
»Bist du immer noch sauer auf mich?«
»Ich fass es einfach nicht, dass du mit ihr in den Urlaub gefahren bist, nachdem du sie so hintergangen hast.«
»Du musst gerade reden! Du bist auch keine Heilige …«
»Ich würde meiner Schwester so was nie antun!«
Sophie lachte. »Bleib locker, Louise. Wenn du Dad morgen siehst, richte ihm aus, dass ich angerufen und mich nach ihm erkundigt habe. Ich muss jetzt Schluss machen.«
Sie legte auf, ohne eine Antwort abzuwarten. Louise war so spießig geworden! Sie machte einem nicht gerade Lust auf eine eigene Familie.
Ihr Traum vom idealen Leben mit Paul war geplatzt, aber vielleicht bestand doch noch Hoffnung auf eine bessere Zukunft und auf eine gute Ehe mit einem faszinierenden Mann wie Greg. Sie hatten noch eine gemeinsame Nacht, und die wollte sie nutzen, damit er ihr so verfiel, dass er sie unbedingt wiedersehen wollte.
»Das war ein herrlicher Tag, Felipe«, schwärmte Emma. »Danke, dass Sie mir so viele Sehenswürdigkeiten gezeigt haben.«
»Die Sonne geht langsam unter. Das ist die schönste Zeit in Havanna.«
»Ich habe heute schon zu viel von Ihrer Zeit beansprucht!«
»Ich habe es genossen. Ich möchte Sie an einen ganz besonderen Ort bringen, wo wir uns den Sonnenuntergang ansehen können. Die Habaneros gehen dazu traditionell zur La Cabaña.«
»Beim Castillo del Morro?«
»Ja. Sie kennen sich schon ziemlich gut aus.«
Emma wusste es zu schätzen, ihren ganz privaten Reiseführer zu haben, der noch dazu ein vollendeter Kavalier war. Leider war ihr nicht ganz klar, wie er zu ihr stand. Er war von Natur aus ein zurückhaltender Mensch, doch ihre weibliche Intuition sagte ihr, dass er nicht seit zehn Uhr morgens mit ihr zusammen wäre, wenn er sich nicht zu ihr hingezogen fühlte.
»Danke, dass Sie sich heute Zeit für mich genommen und mir alle Sehenswürdigkeiten gezeigt haben. Allein wäre es nur halb so schön gewesen.«
»Ich fühle mich auch manchmal einsam. Wir könnten etwas essen und danach zur Festung fahren, um uns el cañonazo anzusehen.«
»Was ist das?«
»Jeden Abend um neun schlüpfen ein paar Revolutionswächter in die Uniformen englischer Soldaten und schießen aus el cañón .«
»Großartig. Klingt, als sollte man das gesehen haben.«
Nachdem sie in einem kleinen paladar , das Felipe für das beste hielt, schmackhafte Krebsrollen mit Reis gegessen hatten, fuhren sie an der gewundenen Bucht entlang, um die Stadt von der anderen Seite zu betrachten und sich das Schauspiel el cañonazo anzuschauen. Mehrere Touristen und ein paar Einheimische hatten dieselbe Idee und warteten geduldig an einem großen Platz, von dem man einen Panoramablick auf die ganze Stadt hatte. Sie setzten sich auf die alten Mauern aus dem achtzehnten Jahrhundert und beobachteten, wie die Menschenmenge immer größer wurde.
»Gleich ruft der Soldat: ›Silencio!‹ , damit die Leute wissen, dass die Stadttore für die Nacht geschlossen sind«, flüsterte Felipe Emma ins Ohr.
Wenige Sekunden später war es so weit, und danach schlossen sich ihm sechs weitere Soldaten an, von denen einer eine Fahne trug und ein anderer einen langsamen, gleichmäßigen Trommelmarsch schlug. Ihre roten Uniformen mit den schwarzen Dreispitzen waren schäbig und sahen ganz anders aus als die, die Emma aus Filmen und Museen kannte.
Der Hauptwächter nahm eine Fackel und zündete hinter der großen schwarzen Kanone eine ganze Fackelreihe an. Die Zeremonie war nur kurz, und als eine Leuchtkugel herauskatapultiert wurde und der Knall in der Bucht widerhallte, jubelten alle.
»So etwas hab ich noch nie gesehen. Das war wirklich großartig. Danke, dass Sie mir das gezeigt haben!«, schwärmte Emma. Als sie sich zu Felipe umdrehte, spiegelte sich das Flackern der Fackeln in seinen Augen.
»Freut mich, dass es Ihnen gefallen hat.« Lächelnd wandte er sich ab, um sich das
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