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Havelgeister (German Edition)

Havelgeister (German Edition)

Titel: Havelgeister (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Wiersch
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Bauch. »Nö.«
    »Sind Sie nicht Kohlschreiber, der mich an den Ort des Geschehens bringen soll?«
    Der Beamte sah auf Wegmann herab, zeigte ansonsten aber keine Regung. »Nö.«
    Ein harter Brocken, dachte Wegmann und entschied sich für Kapitel zwei des Journalistenhandbuches. »Warum muss ich extra von Berlin kommen, wenn ich doch gar nicht gebraucht werde? Guter Mann«, sagte er und stupste dem Beamten vor den Bauch. »Dann hätte ich aber auch in meinem rechtsmedizinischen Institut bleiben können. Wollen Sie mich nicht nach hinten bringen?«, fragte er und versuchte an dem massigen Beamtenkörper vorbei etwas zu erkennen. Vergeblich, denn sie hatten die Absperrung dieses Mal schon sehr weit vor dem eigentlichen Tatort angesetzt.
    »Nö«, sagte der Polizeibeamte wieder und stellte die Füße noch breiter auseinander. Hier kommst du nicht durch, sollte das wohl heißen.
    Wegmann grübelte, wie er wenigstens ein Auge auf das Geschehen werfen könnte. Es schien aussichtslos, denn alle fünf Meter wurde das Flatterband von einem Uniformierten bewacht, als wäre es aus feinstem Gold.
    Er griff zu seinem Handy und wählte die Nummer von Karin. Nach dem zweiten Klingeln ging sie ran. »Wo bist du? Ich dachte, du erwartest mich hier.«
    »Ich bin in einer Wohnung. Dreh dich mal unauffällig um.«
    Wegmann drehte sich um, machte ein paar Schritte in Richtung des Teppichbodenmarktes, bis ihm auf einem Balkon im obersten Stockwerk des nächsten Hauses ein winkender Arm auffiel.
    »Bist du das?«, fragte er in sein Telefon.
    »Ja. Du musst über die Barnimstraße gehen. Das erste Haus. Klingle bei Hohmann.«
    Wenige Minuten und entsetzlich viele Treppenstufen später stand Wegmann zwischen Karin Sommer und Emilie Hohmann auf dem Balkon, der höchstens zwei Personen vertrug. Die alte Dame hatte ihn gegen einen kleinen Obolus an Karin vermietet. Wie die beiden Frauen, hielt auch er ein Likörglas in der Hand und hätte sich fast übergeben, als er das Glas nach dem Anstoßen zum Mund und damit unter die Nase geführt hatte. Nach der letzten Nacht waren sein Magen und er noch nicht wieder Freunde geworden.
    »Warum machen die so ein Aufheben? Was haben sie denn gefunden?«, fragte er und stellte das Glas zur Seite.
    »Einen Toten«, sagte Frau Hohmann. »Ist das nicht großartig?«
    Wegmann sah Karin direkt in die Augen. »Wissen wir schon, wer es ist?«
    Sie nickte und zog den schwarzen Kopfhörer aus dem Ohr. Er verband sie via Funk mit einem Gerät, mit dem sie den Polizeifunk abhören konnte. »Nepomuk Böttger«, sagte Karin. »Man hat ihn ausgeweidet wie ein erlegtes Wildschwein.«
    Das war dann doch zu viel. Sein Magen ließ Wegmann nur noch die Zeit bis zur Balkonbrüstung. Dann entleerte er sich in hohem Bogen in den Himmel über der Barnimstraße.

11
    Lucas saß noch immer mit auf dem Rücken zusammengebundenen Händen im Fond des Streifenwagens. Diese Typen hatten nicht mal ordentliche Handschellen benutzt, als sie mit viel Gebrüll in sein Zimmer gestürmt waren. Einfache Kabelbinder hatten sie aus den Gürtelschnallen gezogen; Handschellen waren wohl nur etwas für die gehobene Gesellschaft.
    Er sah mit seinem einen Auge zur Seite, dahin wo der Silokanal die Landschaft zerschnitt. Dann wandte er den Blick wieder auf den Nacken des Zivilbullen, der dösend hinter dem Lenkrad des vor dem Flatterband stehenden Autos hockte. Ein kahl geschorener Typ, der aussah, als hätte er gerade die US-Army verlassen.
    »Darf ich was fragen?«
    Als Mister Eisenhart sich umdrehte, lief es Luc eiskalt den Rücken runter. Scheiße Mann, hätte er doch nur das Maul gehalten.
    »Und was möchtest du mich fragen?«
    Lucas traute seinen Ohren nicht. Gab es wirklich auch freundliche Bullen? Oder war es nur eine ihrer Kriegslisten, von denen sie sicherlich Hunderte beherrschten.
    Der Typ wickelte ein Bonbon aus und schob ihn sich in den Mund. »Willst du auch eins?«, fragte er.
    Vor lauter Überraschung nickte Luc.
    Der Kerl wickelte ein weiteres Bonbon aus und hielt es ihm vor die Lippen, ganz so, wie es seine Mutter früher gemacht hatte, als sie noch nicht mit diesem Heini verheiratet war. Die Hand des Polizisten roch intensiv nach einem teuren Rasierwasser.
    »Danke«, murmelte Luc mit dem Bonbon auf der Zunge.
    »Und was wolltest du mich fragen? Doch nicht, ob du ein Bonbon haben darfst.«
    Natürlich nicht. Luc sah nach vorn auf das Armaturenbrett und auf den Zettel, der an einem Klemmbrett hing. Telefonnummern, E-Mail-Adressen

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