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Havelgeister (German Edition)

Havelgeister (German Edition)

Titel: Havelgeister (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Wiersch
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und Vornamen. Unter seinem Namen dick unterstrichen auch seine Handynummer nebst Wohnadresse. Woher hatten sie die?
    »Warum haben Sie mich überhaupt mitgenommen?«, fragte er. »Doch nicht wegen Nepo, oder?«
    Der Polizist drückte seinen breiten Rücken gegen die Fahrertür, wodurch er Lucas direkt ansehen konnte, ohne sich dabei ständig den Hals zu verdrehen.
    »Nein, denn er war doch dein Freund. Und Freunde bringen sich nicht gegenseitig um, oder?«
    Lucas dachte wieder daran, wie Nepo ausgesehen hatte. Unvorstellbar, dass er ihn so zugerichtet hätte, selbst wenn er mit Nepo im Streit gelegen hätte. Trotzdem hielt er es für klüger, sein Misstrauen gegenüber Nepo dem Bullen nicht unbedingt auf die Nase zu binden. »Nein, das tun sie nicht. Aber warum haben Sie mich dann mitgenommen, wenn nicht wegen Nepomuk?«
    »Nein, das tun sie nicht«, wiederholte der Bulle Lucs Antwort. »Aber sie drehen einige Sachen zusammen, oder? So wie ihr.«
    Luc schluckte den süßen Speichel hinunter. Das Bonbon schmeckte nicht schlecht. »Natürlich haben wir auch einiges gemeinsam unternommen. Das tun Sie doch mit Ihren Freunden bestimmt auch?«
    Der Polizist schwieg und Luc befürchtete, etwas Falsches gesagt zu haben. Als der Mann aber nickte, ließ Luc erleichtert Luft aus der Nase strömen.
    »Doch, das tun wir auch«, erklärte der Bulle und drückte sich plötzlich aus dem Sitz. Riesengroß beugte er sich über den Jugendlichen, als sei die Rückenlehne des Fahrersitzes keine ernst zu nehmende Hürde. »Aber wir rauben keinen Dom aus und bringen anschließend die Kumpane um die Ecke.«
    Luc zuckte zusammen. Am liebsten wäre er durch einen winzigen Spalt in den Kofferraum geschlüpft. So wie dieser kleine weiße Geist aus dem Zeichentrickfilm.
    »Und dann seid ihr auch noch so blöd und ruft von eurem Handy aus die Polizei an. Was seid ihr bloß für Idioten?«
    Idioten, fragte sich Lucas? Was meint er damit? Er war mit Kevin losgezogen und hatte sich am Praktikerbaumarkt von ihm getrennt. Kevin wollte die Spraydosen allein besorgen. Zu zweit würden sie zu viel Aufsehen erregen. Er war also mit der Straßenbahn bis zum Buchhochhaus gefahren und dann gelaufen. Über zwei Stunden hatte er gewartet, aber Kevin war nicht aufgetaucht. Da war für ihn klar, dass er mit Nepo unter einer Decke steckte, und sie ihn nun abserviert hatten. Aus Frust hatte er sich an den Silokanal gesetzt, eine halbe Stunde lang Steine ins Wasser geworfen, und war dann nach Hause gegangen. Als er spät in der Nacht zum Sprühen erneut an der Wand erschienen war, lag Nepo auf einer Bank, den Wanst aufgerissen, als sei der Werwolf über ihn hergefallen.
    Luc hatte es mit der Angst bekommen, war wieder nach Hause gerannt und hatte von da aus mit unterdrückter Nummer die Polizei angerufen. Er hatte sich als Gassi gehender Rentner ausgegeben, aber er hatte die Bullen nicht täuschen können. Eine Stunde später waren sie wie eine Horde Wilder in sein Zimmer gestürmt.

12
    Zwischen den zusammengefügten Betonteilen, die in der Szene die Wand hießen und die aussahen wie Überbleibsel der Berliner Mauer, war es trotz der frühen Stunde taghell. Es brannte Licht wie von einer zweiten Sonne gespendet. Die Kriminaltechniker hatten für sich und für den Rechtsmediziner kapitale Scheinwerfer aufgebaut, die heller waren als jeder Spot einer Disco.
    Manzetti stand dahinter und blickte auf Dr. Bremer, der es sich an der Wand auf einem eigens mitgebrachten Regiestuhl gemütlich gemacht hatte. Die Augen hielt der Arzt geschlossen. Es war nicht auszuschließen, dass Bremer wirklich schlief. Manzetti wusste, dass der Rechtsmediziner seinen Teil zur Aufklärung des Verbrechens erst ableisten konnte, wenn die Kriminaltechniker fertig waren. Und dafür, dass er Bremer schon jetzt herbestellt hatte, würde der sich irgendwann lauthals und mit nicht zitierbaren Worten Luft verschaffen. Irgendwann konnte bei Bremer aber auch jetzt gleich sein.
    »Manzetti«, kam es wie erwartet aus Richtung Stuhl. »Ich werde Sie höchstpersönlich auseinandernehmen und mit viel Lust ausweiden. So, wie man es mit dem armen Kerl dort gemacht hat.« Bremer öffnete ein Auge und funkelte Manzetti damit an.
    Der vermied es, auf die Drohung einzugehen. Langsam tastete er sich bis zur Bank vor, auf der noch immer die Leiche lag. Mit vor der Brust verschränkten Armen blieb er schließlich stehen.
    »Warum?«, fragte er mit einem schnellen Blick zu Bremer. »Nur weil ich Ihrem Frühstück

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