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Havelsymphonie (German Edition)

Havelsymphonie (German Edition)

Titel: Havelsymphonie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Wiersch
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jemand, der klassische Musik spielt. Wir hatten vor fünfzehn Jahren einen ähnlichen Fall wie den, der sich letzte Woche bei euch zugetragen hat. Weiblich, in Kleid mit Puffärmeln und Schürze gekleidet, mit einem grünen Brieföffner erstochen. Nur kamen wir nicht ganz so schnell auf La Bohème wie ihr“, lobte Götz.
    „Wie alt war eure Tote?“, fragte Manzetti.
    „Sie wurde exakt an ihrem dreißigsten Geburtstag ermordet.“
    Manzetti und Sonja sahen sich an. „Wie bei uns!“
    „Das ist ja unglaublich! Das sind ja ganz erhebliche Übereinstimmungen. Deshalb wollte ich anbieten, euch unser Material zu schicken. Ich kann alles per Datei senden, wenn ihr mir sagt wohin.“
    Sonja gab schnell ihre Email-Adresse durch und bedankte sich brav.
    „Keine Ursache“, sagte Götz. „Wenn ihr euch eingelesen habt, kann ich ja mal in euer schönes Städtchen kommen und ein bisschen mitmachen.“
    Manzetti schüttelte sofort den Kopf.
    „Gerne“, sagte Sonja.
    „Ich bin überzeugt“, waren die letzten Worte von Götz, „dass wir denselben Mörder jagen.“

10
    „Heiliger Strohsack.“ Manzetti stierte wie gebannt auf den Monitor.
    Sonja klickte mit der Maus auf das nächste Bild. „Sie war ein ganz anderer Typ als Carolin Reinhard.“
    „Hoffentlich kommen meine Töchter nicht irgendwann so nach Hause.“ Manzettis Augen waren weit aufgerissen, und er schüttelte fassungslos den Kopf. Für das, was er da vor sich sah, war er einfach zu konservativ, und selbst Sonjas einfühlsame Worte vermochten nicht, ihn umzustimmen.
    Sie hatten die Datei geöffnet, die ihnen der Hamburger Kollege ohne Verzug geschickt hatte, und ihrer Neugier gehorchend, mit den Fotos begonnen.
    Hamburg hatte wirklich einen gleichen Mordfall wie Brandenburg, nur lag der eben schon fünfzehn Jahre zurück. Auch in der Elbmetropole hatte das Opfer auf dem Rücken gelegen, ein graues, etwa knielanges Kleid getragen und darüber eine Schürze, die so eng geschnürt war, dass die Brüste der Toten kaum mehr sichtbar gewesen waren. Ihre Hände hatte der Täter ebenfalls in einem Muff versteckt, und sie waren kälter als der übrige Körper. Genau in ihrem Herzen hatte ein grüner Brieföffner gesteckt.
    Das waren die Gemeinsamkeiten.
    Die Persönlichkeit des Opfers in Hamburg unterschied sich allerdings von dem in Brandenburg äußerlich in gravierender Weise. Birgit Walter hatte nichts von der Anmut einer Carolin Reinhard. Ihre Haare waren gefärbt, mit dem tiefsten Höllenschwarz, das der Handel angeboten haben musste, und sie waren gestylt wie die Mähne des Königs der Tiere. Auch bei der Schminke hatte Birgit nicht wirklich Einfallsreichtum bewiesen, hier folgte sie bei Augen und Lippen ebenfalls dem Ton der Haarfarbe. Dann war da noch ihr Schmuck. Eine Kreole pro Nasenloch, zwei im linken Ohr, drei im rechten, eine in der linken Augenbraue und sage und schreibe fünf in der rechten.
    Wie Manzetti dem Textteil entnehmen konnte, hatte Birgit Walter kurz vor ihrem Tod in der Hafenstraße in Hamburg gelebt, war Teil einer WG sowie der dort ansässigen Punkszene. Gelegentlich produzierte sie sich sogar als Sängerin einer Band, deren Name Manzetti überhaupt nichts sagte.
    „Geht es vielleicht gegen Wohngemeinschaften?“, fragte Sonja.
    „Glaube ich nicht. Oder siehst du einen Zusammenhang zwischen der merkwürdigen Verkleidung der Opfer oder ihren kalten Händen und einer WG? Das ist bestimmt nur ein Zufall.“ Manzetti war noch immer von dem Bezug zu La Bohème überzeugt. „Aber sie sind beide an ihrem dreißigsten Geburtstag ermordet worden. Diese Übereinstimmung und die Puccini-Oper sind unser Schlüssel. Wir müssen nur noch die Tür dazu finden.“
    „Und wie stellst du dir das vor?“
    „Du kannst doch prima mit diesem Ding umgehen, oder?“ Manzetti legte seine Hand auf eine Ecke des Monitors. „Frag ihn einfach aus über dein … über …“
    „Google“, half Sonja mit einem Augenzwinkern.
    „Genau. Frag dein Google und sag mir, was du gefunden hast. Ich gehe ins Theater und bin in …“, er sah kurz auf seine Uhr, „… in spätestens zwei Stunden wieder da.“

    *

    Manzetti betrat die Probebühne und setzte sich sehr vorsichtig auf einen Stuhl, der ganz hinten an der Wand stand. Er schaute sich um. Auf dem Boden neben ihm, aber auch auf anderen Stühlen, lagen unzählige Geigenkästen, Koffer für Trompeten und Hörner sowie für all die anderen Instrumente des Orchesters, und alles, das fiel ihm auf, lag wild

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