Havoc - Verwüstung - Thriller
Salzwasser angefressene Reling. Das Stahlgeländer verbog sich zwar, hielt das Fass aber noch zurück. Dann krachte das zweite Fass gegen das erste. Die Reling brach ab, und beide Stahlfässer rollten über den Schiffsrand und verschwanden im schwarzen Wasser der Bucht.
Hasan blickte zu Abdullah, sein hübsches Gesicht bot eine Maske der Verwirrung und Scham. »Was tun wir jetzt?«, rief er jammernd.
Das Patrouillenboot war noch eine halbe Meile entfernt und hielt zügig auf sie zu. Drei uniformierte Männer befanden sich an Bord. Einer von ihnen hielt eine Schrotflinte in der Armbeuge. Während ein anderer das Schnellboot lenkte, brüllte der Dritte etwas in ein Walkie-Talkie.
Abdullah stieß einen Fluch aus. So hatte er sich seine Begegnung
mit Allah - nämlich auf der Flucht vor einem kleinen russischen Boot - nicht vorgestellt.
Hasan drehte abermals am Ruderrad, durchschnitt ihre eigene Kiellinie und lenkte das Boot so näher an den Tankerterminal heran.
Als das Patrouillenboot fünfzig Meter vom Fischerboot entfernt war, rief einer der Wachmänner mit einem Megaphon etwas herüber, und als seine Rufe nicht beantwortet wurden, feuerte der Mann mit der Schrotflinte dem größeren Boot eine Ladung vor den Bug.
»Sie schießen auf uns!«, schrie Hasan. »Wir müssen stoppen. Wir sind nicht nahe genug. Wir können uns doch ergeben.«
»Nein.« Abdullah hielt den Detonator hoch, der eine kleine Sprengladung zünden sollte, die zwischen den Fässern mit Ammoniumnitrat und Schweröl deponiert worden war.
Das Fischerboot war noch immer eine Meile vom nächsten Tanker entfernt, als es explodierte. Die Explosion riss ein fünfhundert Meter weites und dreißig Meter tiefes Loch in die See. Das Fischerboot und das Patrouillenboot wurden augenblicklich in ihre Atome aufgelöst, während die Druckwelle, die sich mit Überschallgeschwindigkeit vom Epizentrum ausbreitete, jede Glasscheibe im Hafen aus dem Rahmen blies. Weniger stabile Bauwerke auf dem Kai wurden dem Erdboden gleichgemacht. Der Containerkran widerstand dem Luftdruck, doch die Container dahinter wurden wild durcheinandergeworfen, wobei einige von ihnen aufbrachen und ihr Inhalt sich über das Gelände verteilte.
Die Explosion schickte eine Flutwelle in alle Richtungen. Teile davon spülten harmlos ins offene Meer, während massive Wasserwände gegen die Hafeneinrichtungen donnerten. Da der Tanker darauf wartete, beladen zu werden, war er
frei von jeglichem Ballast und lag sehr hoch im Wasser. Die Woge krachte gegen seine über dreihundert Meter lange Seitenwand und warf das riesige Schiff auf die Seite. Die titanischen Kräfte, die auf den Koloss einwirkten, spalteten seinen Rumpf entlang der Kiellinie, und so begann er zu sinken. Die unter Wasser verlaufenden Pipelines, die den schwimmenden Terminal versorgten, wurden abgerissen, und Rohöl brach in dicken stinkenden Klumpen durch die Wasseroberfläche der Bucht.
Der Feuerball, der mitten im Hafen aufloderte, schien der Sonne Konkurrenz machen zu wollen, die gerade über dem Kaukasus aufging. Er erreichte eine Höhe von gut eintausend Metern, eine wogende Säule aus Feuer und Rauch, die an die Explosion einer Atombombe denken ließ. Als sich der Explosionsdruck verlief, strömte der Ozean in den Trichter zurück, den die Bombe ins Wasser gegraben hatte. Die Strömung, die durch den Rückfluss erzeugt wurde, riss Landungsbrücken und Schwimmkais aus ihren Verankerungen und überspülte Freizeitboote und kleinere Fischdampfer. Ein Schüttgutfrachter, der soeben den Hafen verließ, wurde vom Sog an die hundert Meter zurückgezogen und rammte einen anderen Frachter, der gerade in den Hafen einlief. Beide Schiffe wurden leck geschlagen und nahmen sofort Wasser auf.
Der rollende Donner der Explosion verhallte, und zurück blieb das hysterische Kreischen tausender Autowarnanlagen.
Unter der Oberfläche des aufgewühlten Wassers der Bucht lagen zwei Behälter, die vom Deck des Fischerbootes gerutscht waren. Nun lagen sie auf dem Meeresgrund, zerbeult, weil sie wie welkes Laub in einem Herbststurm herumgewirbelt worden waren, ansonsten aber unversehrt. Sie waren nahe genug beieinander zur Ruhe gekommen, so dass das Plutonium in dem einen Behälter seine unsichtbaren Fühler
nach dem Material im anderen Behälter ausstreckte, als habe es Sehnsucht nach seinem lange vermissten Geliebten. Es würde zwar noch einige Zeit dauern, aber der zunehmende Austausch geladener Teilchen mochte irgendwann doch einen
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