Havoc - Verwüstung - Thriller
angesteuert wurde. Die Hälfte der russischen Getreideexporte verließen das Land über Novorossijsk sowie ein Drittel des exportierten Rohöls. Auf drei Seiten vom Kaukasus umgeben, lag die Viertelmillionenstadt am nördlichen Ufer einer tiefen Meeresbucht, die ihren Namen trug.
Schiffe mit mehr als zweitausend Bruttoregistertonnen mussten sich bereits mehrere Tage vor ihrer Einfahrt in den Hafen beim Hafenmeister melden und den obligatorischen Lotsen aufnehmen. Bei Tankern von bis zu dreihunderttausend Bruttoregistertonnen, die regelmäßig am Ölterminal auf der Ostseite der Stadt anlegten, wurde der auslaufende Schiffsverkehr sorgfältig überwacht. Deshalb blieb das knapp dreißig Meter lange Fischerboot, das kurz nach Tagesanbruch in den inneren Hafen glitt, von der Hafenverwaltung unbehelligt. Nur einige vereinzelte Möwen interessierten sich für den Neuankömmling und umflatterten das Heck, angelockt vom Geruch des Fischöls und der Fischabfälle, jedoch ohne die erhoffte Mahlzeit vorzufinden.
Die drei Männer an Bord des gestohlenen Fischerbootes hatten ihren Einsatz so lange geübt, wie es dauerte, um das Schiff von Albanien durch den Bosporus und über das Schwarze Meer zu navigieren, wo die professionellen Hijacker ausbezahlt worden waren und in ihre Heimat zurückkehrten. Der Älteste der drei war ein dreiundzwanzig Jahre alter Saudi. Während er die Mission leitete, stand ein syrischer Teenager namens Hasan am Steuer.
Sie hätten es niemals geschafft, das Schiff durch den Bosporus und entlang der türkischen Küste zur Hafenstadt Ceylan zu lenken, wie Al-Salibi es Grigori Popow erklärt hatte, um sich seiner Mithilfe beim Aufsammeln des Plutoniums zu versichern. So wie die Dinge lagen, bereitete es ihnen schon große Mühe, die knapp fünfzig Kilometer durch die geschützte Bucht von Novorossijsk hinter sich zu bringen.
Hasans schlanke, beinahe feminin erscheinenden Hände passten einfach nicht zu dem vergleichsweise wuchtigen Ruder - er betrachtete die Welt durch Augen, die sich durch lange gekräuselte Wimpern auszeichneten. Seine beiden Kameraden standen im engen Ruderhaus hinter ihm. Einer hielt einen kleinen Koran in der Hand, während die Finger des anderen mit einer Perlenschnur spielten, die ihm vom Leiter der Koranschule in Pakistan, wo man ihn für diese Mission angeworben hatte, geschenkt worden war.
Ihnen war versprochen worden, dass ihnen ihr Martyrium an diesem Tag einen Platz im Himmel garantieren würde, wo dann auch ein ganzer Harem von Jungfrauen auf sie wartete. Vor allem Hasan war wegen seiner mädchenhaften Erscheinung damit gelockt worden.
Ihnen war außerdem versichert worden, dass man sich nach einem solchen Schlag gegen die Kreuzritter auf ewig an ihre Namen erinnern würde und dass sich alle Muslime in einer
Bruderschaft des Dschihad im Kampf gegen Amerika vereinigen würden.
Hasan war noch niemals einem Amerikaner persönlich begegnet, aber man hatte ihn gelehrt, sie mit einer verzehrenden Leidenschaft zu hassen, die er kaum begreifen konnte. Seine Lehrer und Freunde und die Imame in den Moscheen behaupteten einhellig, dass Amerika den Islam vernichten wolle, dass sie den Tsunami in Indonesien, der Hunderttausende seiner Brüder und Schwestern verschlungen hatte, ausgelöst hätten, dass sie versucht hätten, Krankheiten in den muslimischen Ländern Afrikas zu verbreiten, und dass sie selbst das World Trade Center zum Einsturz gebracht hätten, nur um ihren anschließenden Angriff auf die arabische Welt zu rechtfertigen.
Er war intelligent, hatte die Schule mit hervorragenden Noten abgeschlossen und stellte trotzdem nichts in Zweifel, was ihm über die Vereinigten Staaten erzählt wurde, und zwar einfach weil keiner seiner Freunde es tat und weil er nicht verspottet werden wollte. Tatsächlich wetteiferten sie untereinander und erfanden immer groteskere Lügen, um sich gegenseitig darin zu übertreffen, wie sehr sie Amerika hassten. Das meiste, was sie von sich gaben, war kindisch und lächerlich - Amerikaner haben Sex mit Tieren oder verzehren ihre eigenen Exkremente -, aber es stachelte ihren Eifer so weit an, bis Hasan sich freiwillig anbot, den amerikanischen Beleidigungen gegen Gott Einhalt zu gebieten. In gewissem Sinn war er durch einen Gruppendruck dazu gedrängt worden, sich selbst in die Luft zu sprengen.
Während sie tiefer in den Hafen vordrangen, konnten sie die riesigen Tanker an ihren Liegeplätzen sehen. Einige waren mehr als dreihundert Meter lang
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