Havoc - Verwüstung - Thriller
dass Sie über irgendwelche Aufzeichnungen über seine akademische Laufbahn verfügen. Das Archiv, das Sie online anbieten, reicht bis ins Jahr 1900 zurück, und so habe ich
mich gefragt, ob Sie nicht auch noch die Angaben früherer Jahre ausgraben könnten.«
»Da brauche ich gar nicht zu graben. Wir werden schon in Kürze die Jahre 1890 bis 1899 auf die Website laden. Warten Sie einen Moment.« Sie tippte so langsam, dass Mercer den Namen mitbuchstabieren konnte. »Und da ist er ja schon. Chester T. Bowie, Klasse von 1899 an der Keeler State in New Jersey.«
Er hatte es gewusst. »Vielen Dank, Mrs. Moreland. Ich werde mich mit dem College in Verbindung setzen. Wenn ich Glück habe, verfügt man dort über Aufzeichnungen, die so weit zurückreichen und ein paar nützliche Informationen zu seiner Familiengeschichte liefern.«
»Ich bin mir nicht sicher, dass Ihnen das weiterhelfen wird.«
Ihr Tonfall beraubte Mercer schlagartig jeglicher Hoffnung. Er kam sich wie ein Schiff vor, das auf Grund gelaufen war. »Warum?«
»Hier steht, dass Chester Bowie sein Examen mit der Benotung Summa cum laude in Griechischer Geschichte abgelegt hat.«
»Wie bitte?«
»Ich glaube nicht, dass dies Ihr Mann ist. Er war kein Geologe. Er war Historiker.«
Mercer stieß einen Fluch aus und spürte durch die Leitung sofort Mrs. Morelands missbilligende Reaktion. Er entschuldigte sich sofort und bedankte sich dann für ihre Bemühungen. Etwa eine Minute lang starrte er nachdenklich ins Leere, das Telefon immer noch in der Hand. »Verdammt, was soll’s«, sagte er halblaut und rief die Auskunft an, um sich die Nummer des kleinen College in New Jersey geben zu lassen.
»Unsere Aufzeichnungen reichen bis zu dem Tag im Jahr 1884 zurück, an dem diese Schule von Benjamin Keeler gegründet
wurde«, versicherte eine freundliche Studentin namens Jody im Büro des Studentendienstes, als Mercer sein Anliegen vorgebracht hatte.
»Ich bin auf der Suche nach Informationen über Chester Bowie. Er hat seine Abschlussprüfung 1899 abgelegt.«
»Na klar«, sagte Jody, als kenne sie den Mann sehr gut. »Bowie der Trottel.«
»Was meinten Sie?«
»Oh, das ist sein Spitzname. Sie müssen wissen, dass er hier so eine Art Legende ist.«
»Warum das?«
»Erst war er hier Student, dann wurde er Lehrer. Ich nehme an, er muss ziemlich abgedreht gewesen sein. Er verschwand dann um 1930 von der Bildfläche.«
Wenn der Zeitpunkt stimmte, dann hatte sich Mercer vielleicht geirrt, was das Alter der greisen Afrikanerin betraf. »Warum sagen Sie denn, dass er ziemlich abgedreht gewesen sei?«
»Genau kann ich Ihnen das nicht sagen. Aber die Studenten benutzen seinen Namen häufig, wenn jemand etwas ganz besonders Dummes gemacht hat, und sagen, er habe sich einen Chester geleistet. Für uns ist das eine Redewendung, die wir ständig benutzen.«
Mercer musste feststellen, dass sich an den Universitäten nur wenig verändert hatte. »Ist im Augenblick jemand bei Ihnen, der mir weitere Informationen geben könnte?«
»Ähm, nicht, nein. Ich bin ganz allein hier und weiß nicht, wann mein Boss zurückkommt. Sie hat Mutterschaftsurlaub.« Jody verstummte kurz und fuhr dann fort, wobei ihre Stimme gleich wieder einige Oktaven höher klang. »Aber dann erschien vor zwei Jahren dieses Buch. Diese Frau hat es geschrieben, und es enthielt ein Kapitel über Bowie den
Trottel. Sie hat der Schule zwei Exemplare geschenkt, mit Widmung und Autogramm. Eins davon muss hier noch irgendwo rumliegen.« Sie kramte hörbar in einigen Schubladen herum, öffnete und schloss sie so heftig, dass Mercer ein metallisches Klirren in den Ohren hatte. »Ja! Ich hab’s gefunden! Randbereiche der Wissenschaft: Von der Alchemie bis zum Perpetuum Mobile - Scharlatane und Geistesgrößen von Serena Ballard.«
Mercer war mehr als überrascht, dass ein Historiker mit dem Spezialgebiet Griechische Geschichte in einem Buch über Pseudowissenschaft gewürdigt wurde. Er bedankte sich bei Jody, legte auf und gab den Titel auf der Website eines Internet-Buchhändlers ein.
Und da war es auch schon: Randbereiche der Wissenschaft von Serena Ballard. Das Buch war vor drei Jahren erschienen und hatte sich offenbar nicht besonders gut verkauft. Es gab keine Leserrezensionen, außerdem wurde darauf hingewiesen, dass es bereits vergriffen war.
Als Nächstes gab er den Namen der Autorin in eine Suchmaschine ein und landete auf einer fantasielos gestalteten Website über das Buch. Wie der Titel schon
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