Havoc - Verwüstung - Thriller
der abgelegensten Orte auf dem Globus aufsuchen würde. Indem er die Anlage der Mine in der Nähe des Dorfes auf einen Zeitpunkt Anfang der vierziger Jahre datierte und von dort aus zurückrechnete, kam Mercer zu dem Ergebnis, dass Bowie sein Universitätsstudium nicht vor 1913 abgeschlossen haben konnte. Er spendierte sich ein Sicherheitspolster von fünf Jahren und beschloss, mit seiner Suche im Jahr 1908 zu beginnen.
Der nächste Schritt war simpel und bestand darin, die elektronischen Datenbanken für Neuakademiker der Jahre 1908 bis 1945 durchzukämmen. Die Computersuche dauerte weniger als eine Sekunde und erbrachte keinen einzigen Chester Bowie. Nicht sonderlich verblüfft oder gar irritiert ging Mercer auf der Suche zurück bis zum Jahr 1900, der ältesten Datenbank, und hatte noch immer kein Glück.
Er lehnte sich zurück und überlegte, ob Bowie vielleicht gar kein so guter Collegestudent gewesen sein mochte oder ob er, was noch schlimmer wäre, ein geologischer Autodidakt gewesen war. Mercer war von der Effizienz seiner Suchtechnik derart überzeugt, dass er in dieser Hinsicht keine einzige
Alternative in Betracht gezogen hatte. Er trug Bowies Namen wieder in die Suchmaschine ein, rief eine fruchtlose Stunde lang wahllos Einträge auf und las sie durch.
Er wollte die Idee, dass Bowie eine formelle Ausbildung genossen hatte, einfach nicht verwerfen. Niemand hätte ohne eine solche Ausbildung das Uranvorkommen finden können. Er telefonierte mit den für ehemalige Schüler und Studenten zuständigen Sekretariaten eines ganzen Dutzends von Universitäten, die über bedeutende geologische Abteilungen verfügten. Kein Chester Bowie. Er konzentrierte seine Suche dann auf wichtige Bergbauschulen und fand noch immer keinen Eintrag für Bowie, obwohl er auch in diesem Fall bis zum Jahr 1900 zurückging - womit Bowie mindestens sechzig Jahre alt gewesen sein musste, als er in die ZAR reiste. Mercer nahm sein Mittagessen vor dem Computer ein und überließ es seinem Anrufbeantworter, die ungefähr zwanzig eingehenden Gespräche aufzuzeichnen. Das Abendessen bestellte er sich bei einem chinesischen Restaurant mit Lieferservice, verzehrte es ebenfalls an seinem Schreibtisch und machte schließlich um kurz nach ein Uhr Feierabend.
Schon um sechs Uhr am nächsten Morgen saß er wieder in seinem Büro. Der Kaffee, den er sich aufgebrüht hatte, war stark genug, um ihn wach zu halten. Er setzte seine Recherchen mit Hilfe der Suchmaschine bis neun Uhr fort und rief dann die Firma an, die die Who’s-Who-Website betrieb. Er erklärte nacheinander zwei Sekretärinnen sein Anliegen, bis er endlich mit der Chefarchivarin verbunden wurde. Sie stellte sich als Mrs. Moreland vor. Ihrer zarten, brüchigen Stimme nach zu urteilen musste sie bereits ein paar Jahre vor Chester ihr Studium beendet haben.
»Wie kann ich Ihnen behilflich sein, Dr. Mercer?«
Er hatte es für clever gehalten, seinen akademischen Titel
zu verwenden und seine Geschichte insgesamt ein wenig auszuschmücken. »Ich bin wissenschaftlicher Geologe, Mrs. Moreland, und komme soeben aus Zentralafrika zurück, wo ich in einem abgeschiedenen Dorf auf ein Grab gestoßen bin. Auf dem Grabstein stand, dass der Mann, der dort begraben wurde, ein gewisser Chester Bowie, im Jahr 1942 gestorben sei. Einer der Dorfältesten konnte sich erinnern, dass dieser Mann ebenfalls Geologe gewesen und ganz allein in die Gegend gekommen war - und dass er von einem Löwen angefallen und tödlich verletzt wurde.«
»Wie schrecklich«, sagte die Bibliothekarin. Die alte Dame klang aufrichtig betroffen.
»Ja. Er erzählte dann weiter, dass das Dorf seitdem nichts als Unglück wie Viehseuchen, Dürreperioden und so weiter erlebt habe. Er glaubt, dass Bowies Geist das Dorf mit seinen Bewohnern noch immer behelligt, weil seine Familie nicht weiß, wie oder wo ihr Vorfahr gestorben ist. In unseren Ohren klingt das alles ein wenig fremd, aber der Geisterglaube ist in diesem Teil Afrikas auch heute noch weit verbreitet.«
»Dr. Mercer, ich stamme aus New England. Glauben Sie mir, ich kenne mich mit Geistergeschichten bestens aus.«
»Ich habe dem alten Mann versprochen, dass ich mit der Familie der Bowies Verbindung aufnehmen und ihr berichten werde, was Chester zugestoßen ist.«
»Und Sie glauben nun, ich könnte Ihnen in irgendeiner Weise dabei helfen?«
»Es ist nur so eine Idee gewesen, aber ich denke, dass er ein ziemlich begabter Geologe war und dass es möglich sein könnte,
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