Hawaii
braucht man nicht erst lang zu fragen, welcher Seite sie treu sind.«
Aber am Abend des 10. Dezember erhielt das Hauptquartier in Honolulu eine Meldung aus Kalifornien, in der daraufhingewiesen wurde, wie tatkräftig Kalifornien seine verbrecherischen Japaner aushob, und einer der Stabsoffiziere gab das Alarmsignal. So wurden in den frühen Morgenstunden drei Kompanien vertrauenswürdiger weißer Soldaten mit zusätzlicher Maschinengewehrausrüstung für eines der seltsamsten Unternehmen dieses Krieges ausersehen. Als die Dämmerung heraufzog, war Goro Sakagawa der erste Japaner des 298. Regiments, der aus seinem Zelt herausblickte und rief: »Teufel! Wir sind umstellt!«
Seine Kameraden stürmten heraus und wollten auf den Paradeplatz eilen, als aus einem metallenen Lautsprecher der Befehl erklang: »Japanische Soldaten! Herhören. Bleibt, wo ihr seid. Macht keine unüberlegte Bewegung. Ihr seid von Gewehren umgeben. Bleibt, wo ihr seid!«
Dann rief eine andere Stimme: »Japanische Soldaten. Ernennt einen aus jedem Zelt, der vortreten soll. Schnell!«
So wurde Goro, der nichts als eine Turnhose anhatte, in den Morgen hinausgeschickt. Abermals erklang die Stimme: »Japanische Soldaten in den Zelten. Reicht eure Gewehre, Revolver und Handgranaten heraus. Schnell. Die Leute vor den Zelten tragen sie zusammen.«
Als das geschehen war, befahl die Stimme: »Wenn noch andere nichtjapanische Truppen im Lager sind, dann müssen sie es jetzt verlassen. Ihr habt fünf Minuten Zeit. Schnell!«
Soldaten, die ihren japanischen Kameraden nicht in die Augen zu blicken wagten, packten eilig ihre Sachen, und als die fünf Minuten verstrichen waren, standen nur noch japanische Soldaten in den Zelten. »Soll das ein Gefangenenlager werden?« flüsterte einer. »Wer weiß?« antwortete ein anderer und zuckte die Schultern. Die Japaner blieben nicht lange im unklaren. »Antreten!« kommandierte die Stimme. »Wie ihr seid! Wie ihr seid!« Und als die verdutzten Truppen in Reih und Glied standen, erklärte ihnen der Oberst: »Eure Entwaffnung wurde auf Grund einer Vorsichtsmaßnahme durchgeführt. Wir wissen nicht, ob eure Landsleute versuchen werden, uns abermals anzugreifen, und dann können wir uns nicht der Gefahr aussetzen, bewaffnete Japaner im Rücken stehen zu haben. Ihr bleibt hinter diesem Stacheldrahtzaun, bis wir weitere Anordnungen erhalten. Meine Leute haben Befehl, auf jeden zu schießen, der dem Lager entkommen will.«
Während dreier demütigender Tage voller Gerüchte und Schreckensmeldungen blickten die japanischen Jungen des 298. Regiments in die Mündungen der Maschinengewehre. Dann gaben ihre Wächter nach, und man erklärte ihnen: »Ihr seid frei für Latrinendienste, Kartoffelschälen oder Feldarbeit. Aber ihr dürft nie wieder Waffen tragen. Also los. «Und so wurde Goro zum ewigen Latrinendienst abkommandiert.
Als Tadao am 7. Dezember sein Elternhaus verließ, rannte er sogleich in die Universität, wo sich seine Ausbildungseinheit schon aus den Bewohnern des Studentenheims zusammengestellt hatte. Er war völlig außer Atem und kam gerade noch rechtzeitig, um mit seiner Einheit auszumarschieren. Sie sollten japanische Fallschirmjäger bekämpfen, die, wie es hieß, nördlich des Diamond Head abgesprungen waren. Natürlich war kein Feind gelandet, aber das Hauptquartier hatte vergessen, die Truppe zu benachrichtigen, und nun patrouillierten die japanischen Jungen vier Tage lang das bezeichnete Gebiet ab, ohne zurückgerufen zu werden. Die japanischen Familien, die dort ansässig waren, verpflegten sie mit Reis und eingemachten Pflaumen, und die College-Studenten hielten auf einsamem Posten Wache. Während dieses schweigsamen Dienstes hatte Tadao Sakagawa Zeit, sich darüber klarzuwerden, wie er sich verhalten sollte, wenn die kaiserlichjapanischen Truppen auf ihn zukamen. »Ich werde schießen«, sagte er einfach. »Sie sind Feinde, und ich werde schießen.« An dem Wasserreservoir kam Minoru
Sakagawa, der dort mit der Punahou-Abteilung der R.O.T.C. Wache hielt, zu demselben Schluß: »Ich werde schießen.« Auf ganz Hawaii kämpften in diesen bitteren, schmerzlichen Tagen vierzehntausend junge japanische Amerikaner im Militärdienstalter mit derselben Frage, und alle kamen zu derselben Antwort: »Sie sind unsere Feinde, deshalb werde ich schießen.«
Nachdem sie einige Wochen lang ihren Dienst ausgezeichnet versehen hatten, erklärte man den Japanern in den Ausbildungseinheiten: »Wir brauchen euch nicht
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