Hawaii
machen wir in seinem Fall eine Ausnahme. Die Patrouille sah Shigs Fahrrad mit dem deutlichen Erkennungszeichen, und einer der Männer fragte: »Bist du nicht der Junge, der für Punahou spielt?«
»Ja«, antwortete Shig.
»Du bist in Ordnung. Du kannst weitergehen.«
»Haben Sie einen Paß für mich?« fragte Shig. »Ich möchte nicht erschossen werden.«
»Natürlich. Hier.« Um zwei Uhr nachmittags holte Shig am Hauptbüro seinen vierten Stoß Telegramme ab, unter dem sich eines befand, das an General Lansing Hommer adressiert war. Da Shig wußte, daß der General am äußersten Ende seines Weges wohnte, stopfte er dieses Telegramm zuunterst. Als er nun durch den Westen Honolulus nach Pearl Harbor fuhr und die Verwüstung dort erblickte, konnte er besser als die meisten verstehen, was geschehen war und was noch folgen würde. Von der Veranda eines der Häuser, in dem er ein Telegramm abgeben mußte, konnte er den Hafen von Pearl Harbor sehen und die getroffenen Schiffe, die brennend auf der Seite lagen.
Der Mann, dem er das Telegramm gegeben hatte, sagte: »Diese verdammten Japaner haben alles getroffen, was sie ins Visier nahmen. Die Zeitungen erzählen uns, die Japaner könnten keine Flugzeuge steuern, weil sie schielen. Frag mich nicht. Es wäre besser, wir hätten ein paar dieser schielenden Piloten. Und auch ein paar solcher Kanoniere. Drei Stunden lang habe ich auf dieser Veranda gestanden, und ich habe nicht gesehen, daß auch nur ein einziges Flugzeug getroffen worden wäre. Was sagst du dazu?«
»Sie sind alle mit heiler Haut davongekommen?«
»Alle miteinander.«
»Ein Rindvieh hat mir erzählt, die Japaner wären schon gelandet«, sagte Shig.
»Das bringen sie nie fertig«, erklärte der Mann. »Bisher haben die Japsen nur die Flotte getroffen, die ohnehin nichts taugt. Wenn sie aber an Land gehen, dann bekommen sie es mit unseren Landsern zutun. Das ist was anderes. Ich habe zwei Söhne in der Infanterie. Ganz schön kräftig. Habt ihr auch jemand in Uniform?«
»Zwei Brüder.«
»Infanterie, hoffe ich?«
»Klar. Und auch ganz schön kräftig.«
»Ich glaube nicht, daß die gelben Hunde es schaffen werden«, sagte der Mann, als er das Telegramm aufriß.
An diesem heißen, schreckensvollen Nachmittag erreichte Shigeo Sakagawa um vier Uhr einunddreißig die Auffahrt zu der Residenz General Hommers. Dort nahm der bleiche Oberbefehlshaber das Telegramm entgegen und schrieb seinen Namen auf den Empfangsschein. Seine Befehlsgewalt war praktisch vernichtet. Die Inseln, die er schützen sollte, lagen dem Feinde offen. Sogar sein eigenes Hauptquartier war ungehindert bombardiert worden. Nach dieser Niederlage mußte er nun auch noch die Telegramme Washingtons entgegennehmen; aber das hier war mehr, als er ertragen konnte. Er las es, stieß einen Fluch aus, zerknüllte es und warf es auf den Boden. Als das Papier sich angsam öffnete, konnte Shig lesen, daß es aus dem Kriegsministerium kam. Es enthielt eine Warnung für General Hommer. Washington habe aus geheimen Quellen so viel erfahren, daß Japan vielleicht Hawaii angreifen wolle. Mit all den Nachrichtenmitteln, die der Regierung zur Verfügung standen, hätte Washington seine Meldung vielleicht noch rechtzeitig durchgeben können, um das Unheil zu verhüten. Statt dessen war dieses dringendste aller Telegramme dem normalen Postdienst anvertraut worden. Es kam zehn Stunden zu spät und wurde von einem japanischen Telegrafenboten ausgetragen.
Die Geschwindigkeit, mit der Goro und Tadao zu ihrer Truppe eilten, um ihre Dienste Amerika zur Verfügung zu stellen, wurde von Amerika nicht gewürdigt. Das 298. Infanterieregiment in den Schofield-Kasernen, zu dem Goro gehörte, bestand zum größten Teil aus Japanern, die von nichtjapanischen Offizieren befehligt wurden. Diese Abteilung wurde nun beauftragt, das von den Bomben verwüstete Hickam Field, wo Dutzende amerikanischer Flugzeuge am Boden zerstört worden waren, wieder instand zu setzen. Als die Luftwaffentruppen sahen, wie ein Lastwagen voll Japaner auf das Rollfeld fuhr, schrien sie: »Sie sind gelandet!« Und einige der erschrockenen Männer feuerten ihre Gewehre ab.
»Schon gut!« riefen die vom 298. Regiment. »Wir sind Amerikaner!« Und während der nächsten drei kritischen Tage machte diese Mannschaft unter einem erstaunlichen Arbeitsaufwand den Flugplatz wieder betriebsfähig. »Die beste Mannschaft, die ich je auf den Inseln hatte«, berichtete einer der weißen Offiziere. »Da
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