Hawaii
Stadt zu retten? Ich habe Zehntausenden das Leben gerettet. War es Ihre Absicht, die chinesischen Läden niederzubrennen? Nein. Wir verloren die Gewalt über das Feuer. Es lief uns davon. Haben Sie etwas unternommen, um den Chinesen zu helfen? Ich rannte selber mitten in die Feuersbrunst und zeigte ihnen den Weg in die Sicherheit. Tat es Ihnen leid, daß Sie die Gewalt über das Feuer verloren? Als ich nach Hause kam und auf die Zerstörung zurückblickte, setzte ich mich hin und weinte. Würden Sie unter denselben Gegebenheiten die Chinesenstadt wieder niederbrennen? Ja.«
Beide schwiegen und blickten auf die Stadt hinunter. Und in diesem Augenblick erhielt der junge Mark eine Ahnung von dem, was Wahrheit ist. Was dann sein Vater sagte, riß jedoch die Wahrheit, die nur wie ein Schimmer an den Rändern des Bewußtseins aufgetaucht war, in den grellen Schein der Wirklichkeit. »Es bleiben noch zwei andere Fragen. Und sie erfordern längere Antworten. Bist du bereit?«
»Ja.«
»Dr. Whipple, sagen Sie ehrlich, gab es nicht einige Haoles, die froh waren, daß die Chinesenstadt niederbrannte? Natürlich gab es welche. Und sogar einige Chinesen. Jede gute Tat in der Welt wird von einigen zum eignen Vorteil ausgenutzt. Jedes Unglück wird in derselben Weise ausgebeutet. Deshalb darf man ruhig annehmen, daß einige aus der Feuersbrunst Nutzen zogen und froh waren, daß es dazu kam. Als das Feuer erlosch, bauten diese Leute die Chinesenstadt genauso auf, wie sie vorher war, um möglichst viel daran zu verdienen. Wenn deine chinesischen Freunde sagen, daß einige froh waren, die chinesischen Geschäfte abbrennen zu sehen, haben sie recht. Aber ich gehörte nicht zu ihnen.
Dr. Whipple, können Sie nicht trotz allem verstehen, warum die Chinesen Sie hassen? Natürlich verstehe ich das. Sie glauben an das Falsche, und es ist immer einfacher, eine Lüge anzunehmen, als die Wahrheit herauszufinden. Wenn ich durch Honolulu gehe, muß ich diese Last tragen. Die Chinesen hassen mich. Aber wenn sie die Wahrheit wüßten, würden sie es nicht tun.«
Als Oberst der amerikanischen Armee hatte sich Mark Whipple oft an diese Unterhaltung mit seinem Vater erinnert, und manchmal, wenn er gezwungen war, seinen Leuten brutale und unerquickliche Dienste zuzumuten, war er überzeugt, daß sie ihn in ihrer Unwissenheit haßten, aber daß sie es nicht tun würden, wenn sie um die Wahrheit wüßten. Als er nun nach Hawaii zurückkehrte, um eine Lösung des japanischen Problems zu finden, war er entschlossen, mit der gerechten Behandlung der Japaner das Brandmal zu tilgen, mit dem die Chinesen seinen geduldigen Vater Hewlett Whipple gezeichnet hatten. In gewissem Sinne bewarb er sich also nicht freiwillig um die Leitung der japanischen Truppenabteilung, sondern er wurde durch die Geschichte seiner Familie dazu bewogen. Denn die Whipples von Hawaii waren Leute, die in ihrer Geschichte den geraden Weg einschlugen. Seine japanische Einheit, die unter einem Stab weißer Offiziere stand, wurde als die 222.
Kampfgruppe bekannt, und es wurde zum stehenden Scherz in dieser Einheit, daß die älteren Leute einen Neuling fragten: »Zu welcher Einheit gehörst du, Junge?« Und wenn der Rekrut antwortete: »Zur Zwei-Zwei-Zwei«, dann brüllten die alten Landser: »Hört nur, er stottert!« Das Ärmelwappen der ZweiZwei-Zwei zeigte einen blauen Himmel, von dem sich ein brauner Diamond Head mit einer Palme zu seinen Füßen und drei weißen Brandungsstreifen abhob. Darunter stand in Blockbuchstaben das Pidgin-Motto: >Mo Bettah. < Es war ein schönes Wappen und deutete auf Hawaii, aber die Einheit wußte erst, wie >viel besser< die Heimat war, als sie zu ihrer Grundausbildung nach Camp Bulwer in Mississippi kam. Am ersten Tag, als sie in die Stadt kamen, mußte Goro Sakagawa austreten und stolperte aus Unwissenheit in die >weiße< Toilette. »Scher dich raus, du verdammter Gelbbauch!« brüllte ihm ein Weißer entgegen, und Goro wich zurück. Andere machten ähnliche Erfahrungen, so daß Unruhen unvermeidlich schienen. Aber an diesem Abend zeigte Oberst Mark Whipple, was für ein Mann er war. Er versammelte seine gesamte Mannschaft und schrie: »Ihr Leute habt nur eine Aufgabe. Und weder Tod noch Demütigung, noch Furcht, noch Hunger sollten euch von dieser Aufgabe ablenken. Ihr seid hier, um Amerika zu beweisen, daß ihr treue Staatsbürger seid. Ihr könnt das nur tun, indem ihr die besten Soldaten in der amerikanischen Armee und die mutigsten Kämpfer
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